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Serie Rathäuser

Im Rathaus Tübingen wurde im Mittelalter das Salz ausgegeben

Unübersehbar steht es da: das ehrwürdige Rathaus, das den Marktplatz der Universitätsstadt Tübingen abschließt. Seine Geschichte beginnt im 15. Jahrhundert. Der Bau wurde oft verändert, umgebaut und ergänzt. Vor wenigen Jahren ist das Gebäude saniert und in die Moderne überführt worden – ohne dessen Geschichte zu vergessen.

Das Rathaus von Tübingen ist das älteste und größte Gebäude auf dem Marktplatz der Universitätsstadt. Seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1435 zurück.

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TÜBINGEN. Wer noch nie in der Tübinger Innenstadt war und von der Stiftskirche kommend die letzten Meter zum Marktplatz durch die Altstadt zurücklegt, der wird das imposante Rathaus dennoch sofort erkennen. Es ist das größte und wirkmächtigste Gebäude im Ensemble dieses Marktplatzes. Und es ist dort das älteste Haus – aus dem Jahr 1435. Es hat im Lauf der Jahrhunderte etliche Erweiterungen und Umbauten erfahren. So wurde schon ein halbes Jahrhundert nach dem Bau ein Stockwerk hinzugefügt. Auch die Fassade ist immer wieder umgestaltet worden.

Schwere Holzeingänge ins Foyer wurden durch viel Glas ersetzt

Das gilt auch für das Innere des Hauses. Wer heute das Rathaus betritt, den erwartet ein modern ausgestatteter Bau, der moderne Verwaltungsarbeit ermöglicht. Auslöser war die letzte große Sanierung in den 2012 bis 2015. Es ging darum, das Gebäude energetisch fit zu machen, die Haustechnik sowie die Ausstattung umfassend zu erneuern. Dafür wurde das Rathaus temporär außer Betrieb genommen. Der zuständige Architekt Andreas Haas, Leiter des Fachbereichs Hochbau in der Tübinger Stadtverwaltung, hat darauf geachtet, dass die Historie des Hauses immer sichtbar bleibt oder an vielen Stellen wieder mehr hervortritt.

Deutlich wird das beispielsweise im Foyer des Rathauses. Dort war das Ziel, den optischen Zustand aus den 1920er-Jahren wiederherzustellen, etwa die massiven Holzstreben und -säulen wieder freizulegen und Trennwände zu entfernen. Konkret hieß das auch, Umbauten aus den 1960er-Jahren zurückzunehmen und die Holzsäulen von Betonumbauten zu befreien. „Wir wollten das Frühere wieder wertschätzen“, erläutert Haas den Grundansatz der Sanierung.

In der „Serie Rathäuser“ stellen wir eine kleine Auswahl an Rathäusern vor, die architektonisch oder geschichtlich besonders interessant sind.

Die Historie ist allgegenwärtig, wenn man das Rathaus betritt oder sich darin bewegt. So war während des Mittelalters im Erdgeschoss, also im heutigen Eingangsbereich, das Salzlager für die Stadt untergebracht. Die Ausgabe von Salz war früher eine hoheitliche Aufgabe und daher an dieser Stelle angesiedelt. Zudem befanden sich dort ein Gefängnis, ein Bäcker und ein Metzger. Die schweren Holzeingänge wurden durch viel Glas ersetzt.

Aber auch in anderen Stockwerken umweht einen der Hauch der Geschichte. So tagte das württembergische Hofgericht seit Beginn des 16. Jahrhunderts im dritten Stock des Gebäudes. Später befanden sich darin – auf mehrere geschaffene Räume verteilt – Büroräume. Im Zuge der jüngsten Sanierung wurde dieser Raum als Gerichtssaal wiederhergestellt. Heute dient er – in historischem Gewand – als Besprechungsraum für größere Gruppen. Rund 50 Beschäftigte der Stadtverwaltung haben in diesem Rathaus ihren Arbeitsplatz – das sind selbstverständlich bei Weitem nicht alle Mitarbeitenden. Zusätzlich existieren in Tübingen ein Technisches und ein Soziales Rathaus.

Und wie das so ist bei umfassenden Sanierungen, wurden nicht alle Vorschläge umgesetzt: Verzichtet wurde auf einen Informationsbereich am Eingang. Nicht angetastet wurden auch später vorgenommene Anbauten des Rathauses, in denen weitere Arbeitsbereiche untergebracht sind.

Ratssaal verfügt über moderne Kommunikationsstruktur

Die Versorgung des Gebäudes mit Wärme geschieht über ein eigenes Blockheizkraftwerk im Keller, das mehrere Gebäude im Umfeld des Rathauses mitversorgt. Auch das wurde im Zuge der Sanierung umgesetzt. Ebenso die Erneuerung der Frischluftzufuhr – das beeindruckende Rohrsystem ist im Dachgeschoss zu bestaunen. Es versorgt unter anderem den ehemaligen Hofgerichtssaal und auch den heutigen Ratssaal. Auch hier verbindet sich Tradition mit Moderne: Dort sind dicke Säulen aus Holz integraler Bestandteil des Raums, der gleichzeitig über eine moderne Kommunikationsstruktur verfügt. Die Sitzordnung im Ratssaal ist parlamentarisch – Ausdruck des durchaus diskussionsfreudigen Gemeinderats in Tübingen mit Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) an der Spitze.

Bleibt die Tatsache, dass das Tübinger Rathaus eines der meistfotografierten Objekte in der Universitätsstadt sein dürfte. Und so werden auch die Größen der Stadt, die auf der Fassade zu sehen sind, immer wieder in alle Welt transportiert, unter anderem der Dichter Ludwig Uhland oder der Gründer der Tübinger Universität, Graf Eberhard im Bart.

Quelle/Autor: Marcus Dischinger

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