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Staatsanzeiger Award

Wie ein Bürgermeister seine Gemeinde zur Ukraine-Hilfe motiviert

Als Russland vor einem Jahr die Ukraine angriff, war die Betroffenheit groß in Hofstetten. Das Schwarzwalddorf pflegt seit 2019 eine Freundschaft mit dem ukrainischen Trostjanez. In nur einer Woche hob Bürgermeister Martin Aßmuth das Projekt „Hofstetten hilft“ aus der Taufe. Der Staatsanzeiger Award dafür hat seinen Weg in die Ukraine gefunden.
Bürgermeister Martin Aßmuth beim Umladen eines Stromgenerators.

Einem Bürgermeister geht die Puste nicht aus: Martin Aßmuth beim Umladen eines Stromgenerators.

Privat)

HOFSTETTEN/STUTTGART. „Als die ersten Meldungen aus dem Kriegsgebiet kamen, war direkt klar, dass wir in Hofstetten schnell helfen möchten. Und zwar so, dass die Hilfe bei den Menschen unmittelbar ankommt.“ So beschreibt der parteilose Bürgermeister Martin Aßmuth die Stimmung in seiner Schwarzwaldgemeinde.

Innerhalb weniger Tage holte Aßmuth Vereine, Bürger, Mitarbeitende der Verwaltung und die Ukraine-Hilfe an einen Tisch, um die Initiative „Hofstetten hilft“ zu gründen. In einem ersten Schritt wurden zwei Spendenkonten eingerichtet: eines bei der Ukraine-Hilfe und eines bei der 1700-Seelen-Gemeinde im Ortenaukreis selbst.

Mehr als 200 Tonnen an Hilfsgütern für die Ukraine

Seither wurden über 200 Tonnen Hilfsgüter aus Hofstetten in die Ukraine gebracht, vor allem in die Partnerkommune Trostjanez bei Liviv, aber auch in die Ostukraine, nach Mykolaiv im Süden und in Vororte der Hauptstadt Kiew. Nur die 160 Pakete, die Hofstettener Bürger mit dem Bürgermeister gepackt hatten, entsprachen zwei vollen Transportern. „Mich hat sehr beeindruckt, wie groß die Solidarität in meiner Gemeinde ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben teils in Eiseskälte stundenlang im kommunalen Bauhof Waren sortiert“, sagt Aßmuth.

Der Bürgermeister steht über Messenger-Dienste im Austausch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Mykhailo Tsykhuliak. So werden Waren und Hilfsgüter bis heute auf den aktuellen Bedarf hin abgestimmt. Die Sprachbarriere führte teils zu Verzögerungen, ließ sich bislang aber stets überwinden. Seit März 2022 sammelte die Gemeinde Hilfeleistungen von weit mehr als 500 000 Euro ein, darunter Medikamente, Lebensmittel, Thermo-Unterwäsche, Fahrzeuge und Generatoren. Aßmuth selbst reist mit den Transporten ins Krisengebiet.

Darum geht es beim Staatsanzeiger Award

So soll Verwaltung sein: bürgernah, unkompliziert und effektvoll – Aspekte, die der Staatsanzeiger Award belohnt. Über die Vergabe entscheiden Jurys in fünf Kategorien: Bürgerbeteiligung, Bürgermeister:in in Mission, Stadt und Tourismusmarketing, Digitalisierung und Innovation sowie Inklusion und Integration. 65 Vorschläge wurden für den Staatsanzeiger Award 2022 eingereicht, drei mehr als vor einem Jahr bei der Erstauflage des Preises.
In unserer Sieger-Serie geht es heute um Martin Aßmuth, Sieger der Kategorie Bürgermeister:in in Mission. Die nächste Folge befasst sich mit Burgen.

Die Gemeinde hat die Hilfsaktion über die Facebook-Seiten der beiden Bürgermeister und der Gemeinde Trostjanez beworben. Die Gemeinde Hofstetten rief außerdem auf der Internetseite zu Sachspenden auf. Hinzu kamen viele Berichte in den deutschen Medien sowie im ukrainischen Staatsfernsehen. Die Posts auf Facebook machen die Initiative greifbar und erfahrbar. Das hat viele Menschen zum Mitmachen motiviert. Abgesehen von den Arbeitsaufwänden, die innerhalb des Rathauses für die Zollabwicklung, Übersetzungen und andere administrative Aufgaben entstanden, wurde das kommunale Budget für „Hofstetten hilft“ nicht belastet.

Unterdessen hat die Auszeichnung des Staatsanzeigers internationale Karriere gemacht. Aßmuth überreichte bei einem Bürgermeistertreffen im polnischen Breslau die Trophäe an Oleksandra Dzindra, die stellvertretende Bürgermeisterin aus Trostjanez. Sie vertrat Bürgermeister Tsykhuliak, der sich bei einem Sturz während eines nächtlichen Stromausfalls verletzt hatte. Als Zeichen der Solidarität und der Freundschaft gebühre der Preis den Freunden aus der Ukraine, so Aßmuth. Er diskutierte bei der Konferenz mit Amtskollegen aus Deutschland, Polen und der Ukraine über die Chancen internationaler Partnerschaften. Als dem Repräsentant der Vereinigung junger Bürgermeister gelang es ihm, neun deutsche Rathauschefs für eine Partnerstadt in der Ukraine zu interessieren.

Preisträger geht über seine eigentliche Aufgabe hinaus

Diese Zeichen seiner Mission hielt die Jury des Staatsanzeigers für besonders preiswürdig. Aßmuth sei mit seinem persönlichen Engagement über seinen eigentlichen Aufgabenbereich hinausgegangen. Dafür erhält er den Preis in der Kategorie „Bürgermeister:in in Mission“. Dennoch ist es hier nicht nur der Bürgermeister; die ganze Gemeinde Hofstetten hat mit der Hilfsaktion Außergewöhnliches geleistet.

Quelle/Autor: Barbara Ward

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