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Fitness und Gesundheit

Langzeitstudie hält Bürger Bad Schönborns auf Trab

„Gesundheit zum Mitmachen“: in Bad Schönborn (Kreis Karlsruhe) läuft derzeit die siebte Erhebung einer weltweit beachtete Langzeitstudie. Seit 1992 wird in der Gemeinde das Zusammenspiel von Bewegung und Fitness untersucht. Auch der Bürgermeister ließ sich durchchecken.

In der„Nordic-Walking-Hochburg“ Bad Schönborn wird seit 1992 das Zusammenspiel von Bewegung und Fittness untersucht.

dpa/Westend61/Uwe Umstätter)

Bad Schönborn. Seit über 30 Jahren ist Karl-Hubert Ries schon dabei. Der 74-Jährige aus Langenbrücken, ein Ortsteil von Bad Schönborn , ließ sich im Mai testen und Gesundheitsdaten erheben: für eine deutschlandweit einzigartige Langzeitstudie.

Seit 1992 gibt es das Projekt „Gesundheit zum Mitmachen“ in dem Kurort am Rand des Kraichgaus. Eine ganze Gemeinde macht mit. Bürgermeister Klaus Detlev Huge (SPD) wirbt seit langem für die Gemeinde als „Wellness- und Gesundheitsstandort“. Untersucht wird in der Studie, die begleitet wird von einem Hochschul-Sportinstitut und der AOK Nordbaden, das Zusammenspiel von Fitness, körperlich-sportlicher Aktivität und Gesundheit.

Gemeinde wirbt für sich als „Nordic-Walking-Hochburg“

Hunderte lassen sich für die siebte Erhebung wieder durchchecken. Viele der „Probanden“ schon zum wiederholten Mal. „Wir wollen den Bürgern Anregungen geben, sich zu bewegen“, sagt Huge, der Rathauschef ist seit 2011. Die Partnerschaft mit der Karlsruher Universität „tut der Gemeinde gut“. Die 13 000-Einwohner-Gemeinde, die seit Jahren auch als „Nordic-Walking-Hochburg“ für sich wirbt, unterstützt das Langzeitprojekt finanziell, und stellt zudem – für die regelmäßigen Erhebungen – wochenweise die Schönbornhalle „als Sachleistung“ zur Verfügung. „Gesundheit zum Mitmachen“ setzt genau die Impulse, die vielen Angebote zur gesunden Bewegung zu nutzen, welche Bad Schönborn mit seinen Wanderwegen und über 70 Kilometer Walking-​ und Nordic-​Walkingstrecken auch den eigenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern biete, so der 63-jährige Rathauschef.

Für Projektleiter Alexander Woll, den Leiter des Sportinstituts am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist Bewegung fast wie ein Mantra. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehle, zweieinhalb Stunden körperliche Aktivität je Woche, oder „pro Tag mindestens eine halbe Stunde“, sagt Woll. Häufig sei das Aktivitätsvolumen entscheidend, ob mit höherem Alter die motorischen Fähigkeiten nachlassen. Oder ob man – im Wortsinn – „20 Jahre lang 40 bleibt, was die Fitness angeht“, wie es der Sportwissenschaftler bildhaft beschreibt. „Sportler sind in der Motorik zehn Jahre jünger“, resümiert Woll. Er spricht dabei auch gern von „den neuen Alten“, denn der Bewegungslevel sei bei den „Baby-Boomer-Jahrgängen“ erkennbar gestiegen. Das zeige die bisherige Studie.

Auch Huge hat sich für die Studie durchchecken lassen. So wie inzwischen mehr als jeder zehnte Bewohner des Kurorts. Für den Bürgermeister ist „die positive Außenwirkung“ ein erfreuliches Element.

Über alle Altersgruppen hinweg stieg das Aktivitätsvolumen

Bei der Ende April gestarteten und bis 8. Juni siebten Erhebung zählte KIT-Professor Woll rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Das Interesse ist ungebremst und nach der zeitlichen Verschiebung der letzten Erhebung infolge Corona sogar wieder angestiegen. „Andere Gemeinden können einiges lernen von dem Bad Schönborner Projekt“, sagt Petra Lücke, bei der AOK in Baden-Württemberg Leiterin des Geschäftsbereichs Prävention, mit der Schwerpunkt-AG „Gesund älter werden“.

Die wissenschaftliche Langzeitstudie startete vor 33 Jahren auf Initiative der beiden Sportwissenschaftler Klaus Bös und Alexander Woll – die beide aus Bad Schönborn stammen. Zur ersten Untersuchung wurden 480 Bürger im Alter von 35 bis 55 Jahren zufällig ausgewählt. Für die weiteren Erhebungszeitpunkte wurden die Personen erneut zur Untersuchung angeschrieben. Zusätzlich wurde jeweils „eine neue Altersklasse“ 35-Jähriger hinzugefügt. Inzwischen reicht die Altersspanne der Personen von 35 bis etwa 90 Jahren. Von den ersten Probanden 1992 sind auch einige schon verstorben.

Ergebnisse zur aktuellen Erhebung liegen voraussichtlich im Oktober vor

Für die Untersuchungen wird die Schönbornhalle, Veranstaltungsort der Gemeinde, umfunktioniert. Die Probanden werden mittels Fragebögen zur Gesundheit und den körperlich-sportlichen Aktivitäten befragt. Die körperliche Fitness wird durch sportmotorische Tests für Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit untersucht; ein Arzt, eine medizinisch-technische Assistentin und Sportwissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bilden das Untersuchungsteam. Auch Blut- und Körperfettwerte sowie das seelische Wohlbefinden werden ermittelt.

Die Studie berichtet von einem deutlichen Anstieg körperlich-sportlicher Aktivitäten der Bad Schönborner Bevölkerung. Die größten Zuwächse zeigen die 51 bis 60-Jährigen. Über alle Altersgruppen hinweg stieg das Aktivitätsvolumen. Während Männer und Frauen 1992 zwischen 69 (weiblich) und 88 Minuten (männlich) Sport pro Woche trieben, waren es 2021 bei der letzten Erhebung 195 Minuten je Woche bei den Frauen – während die Zeit bei den Männern auf 178 Minuten anstieg.

„Gesundheit zum Mitmachen“ soll auch „Bausteine“ für eine auf mehr Bewegung hin orientierte Gesundheitsförderung in Kommunen liefern. Die Ergebnisse zur aktuellen Frühjahrs-Erhebung liegen voraussichtlich im Oktober vor.

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