Wenn zwei Stadträte Redebedarf haben

Friedrichshafen. Gerade ging Folge 37 online. „Zwischen Blasmusik und Brandgefahr: Seehasenfest, Klimakrise und Rechtsextreme“ ist der neueste Teil des Podcasts überschrieben. In dieser Bandbreite diskutieren Matthias Eckmann und Werner Nuber eigentlich immer miteinander, wenn sie sich im Studio „Welle 20“ an der Zeppelin-Universität für die Aufnahme treffen. Weil sie als überzeugte Sozialdemokraten Redebedarf haben. Und das seit fast anderthalb Jahren, regelmäßig alle zwei Wochen.

Am 9. März 2024 erschien die erste Folge. Es war ein Experiment. Drei Monate vor der Kommunalwahl wollten beide SPD-Stadträte mit dem neuen Format vor allem die Friedrichshafener Lokalpolitik erklären und damit transparenter machen. Podcasts sind ideal, um in relativ kurzer Zeit viele Menschen zu erreichen. „Wir dachten anfangs, irgendwann gehen uns die Themen aus. Aber das Gegenteil ist der Fall“, sagt Nuber. Auch wenn er nach der Wahl seinen Platz im Rat räumen musste.

Stadt Konstanz veröffentlicht Ratssitzung als Podcast

„Diese Transparenz ist wichtig, was wir im Gemeinderat machen und wie wir zu unseren Entscheidungen kommen“, erklärt Matthias Eckmann seine Motivation. Der 27-Jährige sitzt bereits seine zweite Amtszeit und nun sogar als SPD-Fraktionschef im Rat.

Für den 57-jährigen Werner Nuber, der beruflich Geschäftsführer und nicht mehr mittendrin in der Stadtpolitik ist, hat sich der Fokus mehr auf die internationale Politik verlagert. „Wir kriegen einen guten Mix hin“, meint er.

Podcasts zu kommunalpolitischen Themen gibt es auch am Bodensee kaum. Die Grünen aus Friedrichshafen hatten vor der Kommunalwahl 2024 einen gestartet, diesen aber nach wenigen Folgen eingestellt.

Die Stadt Konstanz veröffentlicht ihre Gemeinderatssitzung regelmäßig als Podcast. Hier können Interessierte die Diskussionen zu den Tagesordnungspunkten nachhören. Davon abgesehen gibt es selbst im Landesmaßstab nur wenige Podcast-Angebote mit lokalpolitischem Fokus.

Einer der wenigen ist „Aus den Rathäusern geplaudert“. Die Bürgermeister Christian Eheim aus Graben-Neudorf und Michael Möslang (beide parteilos) aus Linkenheim-Hochstetten (Landkreis Karlsruhe) wollen mit ihrem Format einen Blick hinter die Kulissen des Alltags eines Rathauschefs liefern, von politischen Stolpersteinen bis hin zu grundsätzlichen Zuständigkeitsfragen. Die erste Folge startete im Dezember 2023. Seither sind zwölf Folgen erschienen, inklusive zweier Sommerspecial, die sogar vor Publikum stattfanden.

Knapp 100 Leute hören jeder Folge aus Friedrichshafen zu

Noch etwas früher dran waren die Herbolzheimer Gemeinderäte Sebastian Berblinger (CDU) und Philipp Weingardt (Grüne), die seit Sommer 2023 mit ihrem Podcast Lust auf Kommunalpolitik machen wollen und Menschen aus dem Ort eine Plattform bieten.

Für die beiden Genossen aus Friedrichshafen sind authentische Gespräche, die spontan und originell sind, der Gradmesser für einen guten Podcast. Rund eine Stunde lang reden sie miteinander, tauschen sich ohne großes Drehbuch aus. Dahinter steckt doch eine Menge Arbeit. Eckmann fertigt vor jeder Folge einen kurzen Trailer für die sozialen Medien, um über die Inhalte der nächsten Folge zu informieren. Ausgespielt werden die Folgen kostenlos auf der Plattform Spotify.

Beiden ist aber auch wichtig, sich zu positionieren, ihre Meinung zu sagen. Matthias Eckmann sagt, dass er dafür auch schon angegriffen und mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, sich als SPD-Fraktionschef selbst zu inszenieren. Der Politik-Student an der Zeppelin-Universität hält das aus.

Mit der Reichweite sind beide zufrieden. Knapp 100 Leute hören jeder Folge nach eigenen Angaben zu. Etwa doppelt so viele zählen zu den Abonnenten.

Staatsanzeiger Award prämiert Podcaster aus Bayern

Den Staatsanzeiger Award in der Kategorie „Bürgermeister:in in Mission“ hat Matthias Beer gewonnen . Er berichtet auf seinem Tik-Tok-Kanal von den Höhen und Tiefen des Bürgermeisteramts in der Marktgemeinde Beratzhausen im bayerischen Landkreis Regensburg. Bei seinem zweiten Projekt, dem Podcast „Lerche&Beer“, spricht er mit dem Amtskollegen Sebastian Koch.

Aktuell läuft die Bewerberfrist, weitere Infos finden Sie auf der Staatsanzeiger Awards Webseite .