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Wehrdienst

Besuch vom Jugendoffizier: Zeitenwende im Unterricht

Rund tausend Mal waren im vergangenen Schuljahr in Baden-Württemberg Jugendoffiziere im Unterricht zu Gast. Tendenz steigend, wie das Kultusministerium auf Anfrage mitteilt. Auch in neuen Schulbüchern schlägt sich diese Entwicklung nieder.
Mann in Uniform hält Vortrag vor Publikum, Bildschirm mit Bildern im Hintergrund.

Jugendoffiziere der Bundeswehr kommen auf Anfrage in die Schulen. Als Referenten für politische Bildung informieren sie über Sicherheitspolitik und die Bedeutung von Soldaten.

dpa/Pia Bayer)

Stuttgart. Vertrauensvoll sei die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr, sagt ein Sprecher der grünen Kultusministerin Theresa Schopper . Die Besuche der Jugendoffiziere würden unterstützt „als wichtiger Beitrag zur sicherheitspolitischen Bildung und Friedensbildung der Schülerinnen und Schüler“. Denn gerade angesichts des Krieges in der Ukraine und des weltpolitischen Geschehens bewege junge Menschen die Frage, wie Frieden erhalten werden könne.

Basis der Zusammenarbeit ist eine Kooperationsvereinbarung zwischen Ministerium und Bundeswehr, die 2009 von der CDU/FDP-Landesregierung geschlossen und 2014 von Grün-Rot fortgeschrieben wurde. Mit Einverständnis der Schule sind danach auch ergänzende Veranstaltungen zur sicherheitspolitischen Bildung möglich. Außerdem können Schulen sogenannte Karrierecenter veranstalten, in deren Rahmen – bei freiwilliger Teilnahme – über Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Bundeswehr informiert wird.

Lehrer müssen für die Nachbereitung sorgen

Lehrkräfte haben nach Angaben des Kultusministeriums grundsätzlich die Aufgabe, für eine entsprechende Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen zu sorgen. Das bedeute auch, mit den Schülern darüber zu sprechen, wie sie den Besuch des Jugendoffiziers erlebt haben.

Für alle Kontakte gilt der im Rahmen einer Tagung der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) unter den Bundesländern schon 1976 ausgehandelte und festgeschriebene „Beutelsbacher Konsens“. Danach müssen Schüler und Schülerinnen befähigt werden, sich eine eigene Meinung zu bilden. Es sei nicht erlaubt, sie – mit welchen Mitteln auch immer – im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln.

Viele Besuche finden während des Gemeinschaftskundeunterrichts statt. Auch dessen Ablauf bleibe immer in der Verantwortung der Lehrkräfte. Für sie stehen darüber hinaus zusätzliche und neue Materialien zur Verfügung. Denn es werden vermehrt Schulbücher zur Zulassung eingereicht, die das Thema Krieg aktuell auch am Beispiel der russischen Invasion behandeln. „Lehrkräften wird bewusst eine große Freiheit und viel Gestaltungsspielraum zugestanden“, sagt der Sprecher Schoppers, „um jederzeit auch auf aktuelle Themen eingehen zu können“. Die Themen der Außen- und Sicherheitspolitik könnten an vielen Stellen im Fachunterricht verankert werden, auch in Geschichte oder Wirtschaft. Darüber hinaus wird mit der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium auch die Demokratiebildung in den Klassen fünf bis elf weiter gestärkt.

Der Bedarf für die Behandlung des Themas Wehrdienst ist da

Sowohl die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) als auch Landeseltern- oder Schülerbeirat sehen zudem Bedarf für die Behandlung des Themas Wehrdienst im Unterricht, die 2011 durch den damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzt worden war. „Spätestens ab der achten Klasse werden viele Fragen auftauchen“, sagt die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein, „nicht nur zu den neuen gesetzlichen Regelungen, sondern zu den gesellschaftlichen Veränderungen insgesamt.“ Immerhin habe Verteidigungsministerin Boris Pistorius (SPD) die „Kriegstauglichkeit“ der Bundeswehr bis 2029 verlangt. Es sei legitim, erläutert Stein die Grenze im Unterricht, „wenn die Bundeswehr über ihre Anreize zur Anwerbung Freiwilliger informiert“. Es sei aber „nicht legitim“, dafür in Schulen zu werben.

Angemahnt wird nicht nur von der GEW die „Sprechfähigkeit der Lehrkräfte“. Für sie, so die Landesvorsitzende, müssten schnell Fortbildungsangebote aufgelegt werden.

Der Beutelsbacher Konsens aus dem Jahr 1976

Im Konsens der Beteiligten wurde 1976 in Beutelsbach nicht nur das sogenannte Überwältigungsverbot von Schülern beschlossen. Ein zweiter Grundsatz verlangt, alles, was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, auch im Unterricht als kontrovers erscheinen zu lassen. Weder unterschiedliche Standpunkte noch Optionen oder Alternativen dürften unter den Tisch fallen. Und Schüler müssen in die Lage versetzt werden, eine politische Situation zu analysieren.

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