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Expertenbeitrag: Rahmenvereinbarung

Wie man Höchst-, Schätz- und Mindestmengen festlegt

Rahmenvereinbarungen sind besonders hilfreich, um wiederkehrende Bedarfe flexibel und rechtssicher zu decken. Hinsichtlich der Beschaffungsmenge schreibt das Vergaberecht vor, dass das voraussichtliche Auftragsvolumen so präzise wie möglich zu ermitteln und offenzulegen ist, jedoch nicht endgültig festgelegt werden muss. Doch was bedeutet dies im Detail? Ein Expertenbeitrag von Holger Schröder.
Zwei Personen reinigen Fenster eines Gebäudes, gesichert mit Seilen und Helmen.

Rahmenvereinbarungen über Reinigungsdienstleistungen sind in der Praxis weit verbreitet.

IMAGO/imageBROKER/monticello)

Nürnberg . Eine Rahmenvereinbarung zielt in der öffentlichen Beschaffungspraxis darauf ab, den Bezug von Dienst- und Lieferleistungen über einen längeren Zeitraum sicherzustellen, ohne dass für jede einzelne Beschaffung ein neues Vergabeverfahren erforderlich ist. Solche Vereinbarungen zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen dienen dazu, die Bedingungen für die Aufträge festzulegen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen.

Dabei ist der voraussichtliche Auftragsumfang, auch wenn er nicht abschließend festgelegt werden kann, so genau, wie möglich zu schätzen und den interessierten Unternehmen bekannt zu geben. Dies wird durch Paragraf 21 Absatz 1 Satz 2 der Vergabeverordnung (VgV) geregelt.

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 19. Dezember 2018, C-216/17 „Antitrust und Coopservice“) ist ein öffentlicher Auftraggeber verpflichtet, den Höchstwert der in einer Rahmenvereinbarung geschuldeten Dienst- oder Lieferleistungen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen offenzulegen.

Sobald die Menge erreicht ist, ist die Rahmenvereinbarung ungültig

Diese Anforderung ergibt sich erstens aus den Regelungen zur Schätzung des Auftragswerts einer Rahmenvereinbarung, nach denen der geschätzte Gesamtwert aller Einzelaufträge maßgeblich ist (Paragraf 3 Absatz 4 VgV). Zweitens müssen Einzelaufträge im Rahmen einer Vereinbarung mit einem einzigen Auftragnehmer entsprechend den festgelegten Bedingungen der Rahmenvereinbarung vergeben werden.

Die Luxemburger Richter folgern daraus, dass der Auftragnehmer nur bis zu einer bestimmten Menge verpflichtet werden darf und dass die Rahmenvereinbarung ihre Gültigkeit verliert, sobald diese Menge erreicht ist. Drittens erfordert das vergaberechtliche Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot, dass die Gesamtmenge einer Rahmenvereinbarung angegeben wird. Viertens konkretisiert die Pflicht zur Angabe der Höchstmenge das ausdrückliche Verbot, Rahmenvereinbarungen missbräuchlich oder in einer Weise anzuwenden, die den Wettbewerb behindert, einschränkt oder verfälscht (Paragraf 21 Absatz 1 Satz 3 VgV).

Darüber hinaus entschieden die Luxemburger Richter, dass neben der Höchstmenge auch die Schätzmenge der zu beschaffenden Liefer- oder Dienstleistungen anzugeben ist, da die Bieter auf Basis dieser Schätzung ihre Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der rahmenvertraglichen Verpflichtungen bewerten können (siehe Urteil vom 17. Juni 2021, C-23/20 „Simonsen & Weel“).

Ob bei einer Rahmenvereinbarung eine Mindestabnahmemenge festgelegt werden muss, wurde vom Europäischen Gerichtshof bisher nicht entschieden. Nach einem Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts (22. August 2011, 9 Verg 2/11) kann ein öffentlicher Auftraggeber eine Mindestabnahmemenge garantieren, ist dazu jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet. Aus der Perspektive des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist dies auch nicht zu beanstanden.

Risiko für die nachgefragte Leistung liegt beim Auftraggeber

Die grundsätzliche Unsicherheit darüber, ob und in welchem Umfang das geschätzte Auftragsvolumen tatsächlich abgerufen wird, stellt daher für sich genommen noch keine unzumutbare Belastung dar, sondern ist ein systemimmanentes Risiko einer Rahmenvereinbarung. Allerdings könnte die Überwälzung von Vorhaltekosten für Personal und andere Aufwendungen auf den Auftragnehmer im Einzelfall unzumutbar sein, da das Verwendungsrisiko für die nachgefragte Leistung grundsätzlich beim öffentlichen Auftraggeber liegt.

Sofern der Auftragnehmer jedoch in der Lage ist, die ihm entstehenden Kosten und deren Einfluss auf seine Preisgestaltung selbst einzuschätzen, liegt kein Verstoß gegen die Grundsätze des Vergaberechts vor.

Holger Schröder Foto: privat

Volumen genau ermitteln

Der Paragraf 21 Absatz 1 der Vergabeverordnung (VgV) stellt zum Auftragsvolumen folgendes klar: „Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung erfolgt im Wege einer nach dieser Verordnung anwendbaren Verfahrensart. Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden. Eine Rahmenvereinbarung darf nicht missbräuchlich oder in einer Art angewendet werden, die den Wettbewerb behindert, einschränkt oder verfälscht.“

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