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Der Turm, der nie gebaut wurde

Wie Trump einst am Pragsattel scheiterte

Mit 220 Metern und 55 Stockwerken sollte der „Trump-Tower“ in Stuttgart 2004 das höchste Gebäude Süddeutschlands werden. Vier Meter höher als der Fernsehturm in der Landeshauptstadt. Doch dazu ist es nie gekommen. Der Immobilienmogul Trump und seine Firma scheiterten damals – aber nicht an den Schwaben.
Zwei Männer in Anzügen halten Architekturmodelle, im Hintergrund Menschen bei einer Veranstaltung.

Der Vorstandschef der Trump Deutschland AG, Hans Ulrich Gruber (links) mit Oberbürgermeister 
Wolfgang Schuster im Mai 2001 bei der 
Präsentation der 
Hochhausmodelle.

Achim Zweygarth)

Stuttgart . Anfang der 2000er-Jahre sorgte das ambitionierte Bauprojekt des Immobilienunternehmers Donald Trump aus New York für großes Aufsehen über die Landeshauptstadt hinaus. Wäre es damals nicht abgeblasen worden, hätte der heutige US-Präsident womöglich ein extravagantes Penthouse über den Dächern Stuttgarts.

Was den Stuttgartern erspart geblieben ist – oder was sie verpasst haben, je nach Perspektive – lässt sich derzeit in Washington erahnen. Dort legt Trump baulich Hand ans Weiße Haus an – augenscheinlich inspiriert von seinem persönlichen Stil. Die Innenausstattung orientiert sich an seinem privaten Luxusanwesen Mar-a-Lago – mit vergoldeten Details und prunkvollen Kronleuchtern. Der neue Ballsaal am ehrwürdigen Amtssitz soll Platz für 650 Gäste bieten und rund 8400 Quadratmeter groß sein.

Wie würde es wohl am Pragsattel in Stuttgart zugehen, wenn Trump damals im Jahr 2004 seinen Wolkenkratzer gebaut hätte? Eines ist sicher: Die Stuttgarter Bevölkerung hätte vermutlich stets gewusst, wann der Präsident sein schwäbisches Domizil besucht – etwa durch riesige Fahnenmasten, wie sie Trump kürzlich auf dem Gelände des Weißen Hauses errichten ließ. Vielleicht hätte sogar die US-Flagge über Stuttgart geweht.

Shoppingmall mit Wasserfall, ein Luxushotel und Gourmetrestaurant

Doch bekanntlich sind die Pläne gescheitert. Die operative Verantwortung lag bei der Berliner TD Trump Deutschland AG, einem Joint Venture der Trump Organization und der Marseille-Kliniken AG. Sie planten eine Shoppingmall mit Wasserfall, ein Luxushotel, moderne Büros, Wohnapartments über zwei Etagen, ein Kongresszentrum sowie ein Gourmetrestaurant mit Pianobar. Inwieweit Donald Trump persönlich in das Projekt involviert war, ist bis heute ziemlich schleierhaft.

Bekannt ist, dass schon die Römer den Stuttgarter Pragsattel kannten, wo der Turm hätte stehen sollen. Denn zur Römerzeit führte dort ein wichtiger Pass von Straßburg über Pforzheim zum Kastell in Cannstatt hinüber.

Ex-OB Wolfgang Schuster befürwortet das Projekt

Ein Befürworter des Projekts war der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU). Dagegen war das Vorhaben im Gemeinderat eher umstritten. Der ursprünglich geplante runde Solitär des renommierten Architekten Helmut Jahn (Chicago) mit 220 Metern Höhe wurde von einer Gutachterkommission abgelehnt. Schuster selbst gehörte dieser an. Stattdessen entschied man sich am 23. Oktober 2001 für den Entwurf des Hamburger Büros Schweger und Partner: ein 150 Meter hoher Turm mit vorgehängter Fassade und einer Spitze, die ihn auf 180 Meter brachte.

Nach New York, Atlanta und Las Vegas hatte Stuttgart also gute Chancen auf seinen „Trump-Tower“. Auch der Gemeinderat zeigte sich zunächst offen und änderte sogar den Bebauungsplan, um das Projekt mit geschätzten Baukosten von rund 230 Millionen Euro zu ermöglichen.

Der Bebauungsplan sah einen eckigen Hauptbau mit maximal 180 Metern und drei weitere kleinere Hochhäuser zwischen 70 und 110 Metern Höhe vor. Der Baustart sollte Februar 2002 sein. Die Stadt verkaufte dafür die Grundstücke an die Trump AG in Berlin.

Turm ist energetisch betrachtet „ein senkrecht stehender Tauchsieder“

Doch bald mehrten sich Zweifel – in der Bevölkerung, im Gemeinderat und unter Fachleuten. Roland Ostertag, emeritierter Architekturprofessor der Technischen Universität Braunschweig und ehemaliger Präsident der Bundesarchitektenkammer, nannte das Bauvorhaben „extrem unwirtschaftlich und unökologisch – energetisch betrachtet ein senkrecht stehender Tauchsieder“.

Das Projekt verzögerte sich. Im Juli 2002 wandte sich Trump persönlich in einem Schreiben an OB Schuster: Er hoffe auf einen Baubeginn vor dem Jahresende und danke der Stadt für den „Geist einer gemeinsamen Kooperation“, der wesentlich sei, „unser Trump-Tower-Projekt zum Stolz von Stuttgart zu machen“. Über die Rolle Trumps wurde viel spekuliert. Seine Worte hielten das Vorhaben zunächst noch auf Kurs.

Trump AG Deutschland kann Finanzierung nicht vorlegen

Schuster, damals wohl schon leicht desillusioniert, ließ den Brief durch seinen Büroleiter kommentieren: „Wir bewerten den Brief nicht über; das Projekt ist aber immer noch interessant für die Stadt.“ Man zeigte sich diplomatisch, arbeitete an den planerischen Voraussetzungen weiter, blieb jedoch angesichts der wirtschaftlichen Lage des Investors und fehlender Vermietungserfolge abwartend.

Dann begann die Finanzierung zu wackeln. Die Trump AG Deutschland sollte bis Ende 2002 nachweisen, dass 60 Prozent der 70 000 Quadratmeter vermietet waren – die Bedingung für den Baustart. Die Frist verstrich. Stattdessen verkaufte die Marseille-Kliniken AG ihren Anteil an der Trump AG an eine Finanzfirma in Miami. Ähnliche Hochhausprojekte in Berlin und Frankfurt waren zuvor ebenfalls gescheitert.

Die Kritik am Prestigeprojekt wuchs: SPD und Grüne im Gemeinderat warnten vor einer „Mainhattanisierung“ Stuttgarts und bemängelten die fehlende Finanzierungssicherheit. Am Ende führten städtebauliche Bedenken, die Topografie des Talkessels und die wenig überzeugenden Architekturentwürfe zur Einstellung des Bebauungsplanverfahrens. So entschied der Technikausschuss des Gemeinderats am 21. Januar 2003, das Projekt zu beenden. Das Baurecht wurde nicht geschaffen.

Die Trump Deutschland AG geht wenig später insolvent

Die Geschichte um den Turmbau zu Stuttgart war allerdings noch nicht ganz zu Ende. Die Investoren forderten von der Stadt mehrere Millionen Euro Schadenersatz – vergeblich. Gerichte lehnten die Klagen in zwei Instanzen ab. Der Berliner Ableger der Trump AG ging wenig später insolvent und verschwand 2005 von der deutschen Bildfläche.

Was bleibt, ist ein Kapitel Stadtgeschichte, das zeigt, wie Stuttgart beinahe Teil der globalen Trump-Immobilienwelt geworden wäre. Wer weiß, wäre es doch so gekommen, hätte Trump die Schwaben bestimmt so lieb gewonnen, dass die Zölle für Porsche & Co vielleicht etwas niedriger ausgefallen wären. Und so bleibt ja immer noch der S-21-Hauptbahnhof als Megaprojekt .

Die Trump-Towers

Die Geschichte der Trump-Towers beginnt mit dem ikonischen Trump-Tower in New York City, doch das Konzept wurde später weltweit ausgeweitet. Als der erste Tower 1983 an der Fifth Avenue in Manhattan eröffnet wurde, war er mehr als nur ein weiteres Hochhaus – er war Donald Trumps architektonisches Statement. Mit 202 Metern Höhe und einer Fassade aus dunklem Glas und Bronze wurde das Gebäude schnell zum Symbol für Luxus und Macht. Doch er war nur der Anfang. Weltweit entstanden weitere Gebäude unter dem Label „Trump Tower“ – teils direkt von der Trump Organization gebaut, teils über Lizenzverträge. In Chicago ragt ein 100-stöckiger Turm am Flussufer empor, in Istanbul verbinden zwei Türme Wohnen und Shopping. In Mumbai, Manila und Punta del Este stehen weitere Luxusresidenzen.

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