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Buchbesprechung

Kretschmann plädiert für gemeinsames Handeln

Winfried Kretschmann hat ein Buch über Hannah Arendt geschrieben. Für den ersten grünen Ministerpräsidenten hat die Philosophin seit seiner Studienzeit große Bedeutung. Besonders fasziniert ihn "die radikale Freiheit und Unabhängigkeit" ihres Denkens.
Älterer Mann im Anzug schaut aus dem Fenster, Buchcover daneben.

Buchcover von Kretschmann "Der Sinn von Politik ist Freiheit".

IMAGO/Uwe Koch // Cover: Verlag / Montage: ant)

Seine Idee war es nicht. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wurde gefragt, ob er ein Buch zu Hannah Arendt schreiben wolle. Nach anfänglichem Zögern hat er sich dazu bereit erklärt. Das Ergebnis liegt nun vor: „Der Sinn von Politik ist Freiheit“, erschienen im Patmos Verlag, trägt den Untertitel „Warum Hannah Arendt uns Zuversicht in schwieriger Zeit gibt“. Darin bringt Kretschmann den Lesern nicht nur die Gedankenwelt der politischen Theoretikerin näher, sondern liefert auch Einblicke in seine ganz persönliche Sicht auf Gesellschaft, Politik und Menschen.

Kretschmanns Verhältnis zu Arendt ist ein ganz besonderes. Die Philosophin begleitet ihn seit Langem als „geistig-politischer Leitstern“, wie er es selbst beschreibt. Er nimmt uns mit auf eine Zeitreise seiner politischen Vergangenheit mit Abwegen, Verirrungen in „ein linksradikales Weltbild“ und seiner Begegnung mit Arendt. Sie habe ihn aus dem „totalitären Denken“ und der damit verbundenen „Gewaltmystik“ befreit, der er als junger Student verbunden war. Am meisten fasziniere ihn „die radikale Freiheit und Unabhängigkeit in Arendts Denken und Urteilen“.

Arendts Denken als Aufforderung, sich der Wirklichkeit zu stellen

Kretschmann kennt Arendts Werk gut, hat als Landesvater von Baden-Württemberg immer wieder ihre klugen Zitate in seine Reden eingeflochten. Sein eigener, weniger philosophisch-theoretischer denn praktischer Zugang kommt den Lesern zugute. Er bricht Arendts umfängliches, mitunter auch etwas sperrig zu lesendes Werk auf Kernaussagen runter und macht es zugänglich. Arendts Denken nimmt er als „eine Aufforderung, sich der Wirklichkeit in all ihrer Widersprüchlichkeit und Komplexität zu stellen“, gibt aber auch zu, dass sich dieses „Denken ohne Geländer“ nicht so einfach in die Welt der Politik übertragen lässt.

Trotzdem könne es als Orientierung, als Kompass, „der zeigt, was Politik heute braucht: mehr Beteiligung, mehr Bürgergesellschaft und mehr Mut zu gemeinsamem Handeln.“ Kretschmann plädiert – unisono mit Arendt – für Zuversicht und Beteiligung, genauso wie für den Willen, Herausforderungen anzunehmen und Dinge zu verändern.

Kretschmann lobt die Beteiligung und Vereinfachung

Dabei kann er es dann aber auch nicht lassen, auf seine eigene Politik einzugehen, die er zumindest in Teilen als beispielhaft im Sinne Arendts anführt. Ob das die Leser überzeugt, wenn er von der „ Politik des Gehörtwerdens “, die er im Land eingeführt habe, schreibt, oder davon, dass man sich im Land „entschlossen auf den Weg der Vereinfachung (der Bürokratie) gemacht“ habe, muss jeder für sich entscheiden. Die Lesung am 26. September im Hospitalhof Stuttgart mit anschließendem Gespräch mit Robert Habeck (Grüne) ist indes leider bereits ausverkauft. Die Veranstalter prüfen derzeit die Möglichkeit einer Übertragung ins Foyer.

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