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Post von Gemeindetagspräsident Jäger für die Bürger Baden-Württembergs

Gemeindetagspräsident Steffen Jäger möchte per Brief die Reformbereitschaft der Bürger stärken.
IMAGO/imageBROKER/Michael Weber)Stuttgart. Der Gemeindetag hat einen Brief an die Bürger Baden-Württembergs vorgelegt, in dem Präsident Steffen Jäger die Menschen auf die prekäre Situation ihrer Kommunen hinweist. Er ruft darin zu Reformbereitschaft und Verzicht auf: „Die Summe an staatlichen Leistungszusagen, Standards, Versprechen hat ein Maß erreicht, das mit den verfügbaren Ressourcen nicht mehr erfüllbar ist“, heißt es in dem zweieinhalb Seiten langen Schreiben.
Keine konkreten Vorschläge
Der Brief nennt Migration oder Klimaschutz als änderungswürdige Bereiche, allerdings ohne konkret zu werden. Der Verband will damit die Gründe für eine Erneuerung verständlich machen und so die Bereitschaft der Bevölkerung zu Reformen fördern.
Damit verlässt der Gemeindetag übliche Kommunikationswege. Bislang waren die Verbände Sprachrohr der Gemeinden, Städte und Landkreise hin zur Landespolitik. Nun wendet sich der Präsident persönlich an die Bevölkerung, flankiert durch Pressemitteilung und Social-Media-Clip.
Trend zum konfrontativeren Diskurs
Das passe in einen Trend, bei dem es um höhere Aufmerksamkeit und einen konfrontativeren Diskurs gehe, meint Rafael Bauschke, Professor für politische Kommunikation an der Ludwigsburger Verwaltungshochschule. Er zweifelt, ob die teils abstrakte Sprache („Die Gemeinden sind der Ort der Wahrheit, weil sie der Ort der Wirklichkeit sind“) und der vergleichsweise lange Text alle Menschen erreicht: „Da hatte man wohl einen besonderen Bürger im Kopf.“ Wenn der Schrieb als Bürgerbrief gedacht war, dann gehe es wohl eher darum, dass darüber gesprochen wird, so seine Einschätzung.
Dass über den Brief gesprochen wird, begrüßt der Städtetag, immerhin geht es um gemeinsame Ziele. Allerdings ist Geschäftsführer Ralf Broß zurückhaltend, was die direkte Ansprache ans Volk betrifft: „Das muss jeder Verband selbst entscheiden.“ Der Landkreistag begrüßt dagegen in einer langen Mitteilung den Brief und ergänzt als Herausforderungen die Stichworte Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung.
Alleingang ohne Hintergedanken
Zwar sind sich die Verbände inhaltlich einig, aber nur der Gemeindetag tritt als Absender auf. Man wolle sich damit jedoch nicht abgrenzen, so der Verband auf Anfrage. Der Brief sei Teil der Grundsatzdebatte um die Belastung der Kommunen. Um der Diskussion mehr Gewicht zu geben, wende sich der Gemeindetag an die Öffentlichkeit. Parteipolitische Positionen, etwa der CDU, nehme der Verband nicht ein: „Der Gemeindetag ist parteipolitisch neutral, so ist auch der Bürgerbrief formuliert.“
Der Brief soll über die Gemeindeblätter Bürger erreichen. Bürgermeister haben ihn auf sozialen Netzwerken und den Gemeinde-Webseiten geteilt. Doch er stößt nicht überall auf Begeisterung.
Mittelbaden geht eigenen Weg
In Rastatt hat Oberbürgermeisterin Monika Müller (SPD) eine eigene Initiative gestartet und in Abstimmung mit dem CDU-Amtskollegen Frank Kiefer aus Ötigheim sowie dem Rastatter Landrat Christian Dusch (CDU) zur Feder gegriffen. Auf einer Seite schildert sie die Schieflage der Finanzen und fordert die Bürger auf, Druck bei den Abgeordneten zu machen. Sie verzichtet dabei auf den Jäger-Brief: „Wir glauben, eine direkte Ansprache der Bürgerschaft durch die, die vor Ort Verantwortung tragen, ist wichtig,“ so Müller.