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Miserables Klima-Zeugnis

Kretschmann kontert: „Kann nicht alles zur Chefsache machen“

Kritik an seiner Klimapolitik lässt Winfried Kretschmann kurz vor Ende seiner Amtszeit kalt. Der Regierungschef weist die Vorwürfe zurück – und erklärt den Wendepunkt beim Klimaschutz für erreicht.
Älterer Mann mit Brille und weißem Haar in Anzug von der Seite.

Winfried Kretschmann (Grüne) ist seit dem 12. Mai 2011 Ministerpräsident von Baden-Württemberg.

IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Stuttgart. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Kritik des Klima-Sachverständigenrats an seiner Klimapolitik scharf zurückgewiesen. „Das höre ich nun jede Woche, ich soll irgendwas zur Chefsache machen“, sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart. „Zum Schluss regiere ich dann irgendwie allein und schicke die Minister nach Hause.“ Man könne nicht dauernd alles zur Chefsache machen. „Das ist mit Verlaub eine Floskel.“ Die Wissenschaftler hatten ihm zuvor vorgeworfen, zu wenig für das Erreichen der Klimaziele zu tun und das Problem nicht stärker in die eigenen Hände genommen zu haben.

Kretschmann sieht manche Ziele gar übererfüllt

Kretschmann hingegen lobte seine Klimapolitik, sieht sogar den Durchbruch in dem Bereich vollzogen – obwohl das Land seine selbstgesetzten Ziele wohl verfehlen dürfte. Man habe in drei von fünf wichtigen Sektoren die gesetzten Ziele fast erreicht oder übererfüllt, sagte der Regierungschef. Beim Ausbau der Windkraft etwa habe man im Land einen Wendepunkt bewirken können, mit Anträgen für 1.284 Windkraftanlagen habe man den Koalitionsvertrag sogar übererfüllt. „Das Engagement wirkt“, sagte Kretschmann. „Irgendwo ist dann halt der Durchbruch – und das ist jetzt der Fall.“ 

Baden-Württemberg will seine Emissionen bis 2030 – im Vergleich zu 1990 – um 65 Prozent senken. Das Land strebt zudem an, bis 2040 netto-treibhausgasneutral zu werden – das heißt, dass dann nur so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie auch wiederaufgenommen werden können.

Enttäuschter Sachverständigen-Rat

Der Klima-Sachverständigenrat hatte Kretschmanns Landesregierung erst vergangene Woche ein miserables Zeugnis ausgestellt. Man sei zutiefst besorgt darüber, dass es der Regierung nicht gelungen sei, zurück auf den Zielpfad beim Klimaschutz zu gelangen, hatte die Vorsitzende des Gremiums, Maike Schmidt, kritisiert. Die Regierung sei ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden, Baden-Württemberg zum internationalen Maßstab für Klimaschutz zu machen. Der Rat hatte sich zudem enttäuscht gezeigt, dass Kretschmann das Thema nicht zur Chefsache gemacht habe.

In Baden-Württemberg war dem Bericht zufolge das Jahr 2024 mit einer mittleren Lufttemperatur von 10,56 Grad das drittwärmste Jahr seit 1881. Nur die Jahre 2022 und 2023 waren im Schnitt noch wärmer. Klimawandelbedingt sei die Lufttemperatur seit 1881 um 2,7 Grad gestiegen. 

Wälder in der Krise

In dem Bericht beklagen die Wissenschaftler etwa, dass die Wälder, die als natürliche CO2-Senken wirkten, mit Trockenheit, Hitze und Schädlingsbefall zu kämpfen hätten – weshalb sie ihre Funktion zur Treibhausgas-Senkung weitgehend verloren hätten.

Im vergangenen Sommer bereits hatten Experten der Landesregierung in einem Bericht prognostiziert, dass das Klimazwischenziel bis 2030 wohl nicht erreicht wird. Bis dahin schafft das Land den Angaben von damals zufolge nur eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 53 Prozent – statt der Zielmarke von 65 Prozent im Vergleich zu 1990. Besonders deutlich werden die Klimaziele im Verkehrsbereich verfehlt.

Problemfall Verkehrssektor

Kretschmann räumte ein, dass der Verkehrssektor eine Herausforderung bleibe. Das Erreichen der Klimaziele hänge weitgehend davon ab, wie schnell man den Hochlauf bei der Elektromobilität hinbekomme. Man sei weiter Vorreiter beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. „Wir haben unsere Hausaufgaben wirklich gemacht.“ Aber in 20 EU-Staaten gebe es faktisch keine Ladeinfrastruktur, da müsse man sich nicht wundern, wenn das nicht klappe. (dpa/lsw)

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