Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Studie

Wie Kommunikation gelingen kann

Eine Studie der Universität Stuttgart zeigt Wege, um polarisierte Debatten zu befrieden. Offene Kommunikation ist demnach der Schlüssel zum Erfolg. 
Drei Personen im Gespräch, eine trägt Kopfhörer um den Hals.

Forscher haben untersucht, wie sich erregte Debatten befrieden lassen.

IMAGO/Pond5 Images)

Stuttgart. Reden hilft, heißt es, und nicht nur die meisten Ratgeber halten das für eine unumstößliche Wahrheit. Aber gilt das selbst dann, wenn Gesprächspartner mit höchst unterschiedlichen Ansichten aufeinanderprallen? Also etwa dann, wenn es beispielsweise um den Klimawandel oder die Coronapandemie geht.

„In stark polarisierten Situationen ist offene Kommunikation der einzige Weg, um Menschen überhaupt noch kommunikativ zu erreichen“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Stuttgart zu einer dort entstandenen neuen Studie. „Dies gilt selbst für Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben.“

Das offensive Vertreten der Gegenposition stößt auf Granit

Simon Stocker und seine Co-Autoren fanden heraus, dass ein offener Kommunikationsmodus depolarisierend wirken kann. Doch wie funktioniert das? Offene Kommunikation ähnelt weder einer Debatte, noch zielt sie darauf ab, sofort eine gemeinsame Basis zu finden.

„Es geht darum, sich zu einem Thema zu äußern, ohne direkt mit Gegenargumenten konfrontiert zu werden oder zur Suche nach einem Kompromiss aufgefordert zu werden“, erläutert Simon Stocker. Der frühere wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Sozialwissenschaften der Uni Stuttgart arbeitet mittlerweile im Fachbereich Personal- und Sozialstatistik der Stadt Stuttgart.

Konfrontative und auch kollaborative Kommunikationsformen eignen sich weniger dazu, eine Depolarisierung oder Meinungsänderungen herbeizuführen – vor allem, wenn die Positionen sehr verhärtet sind.

Diese Erkenntnisse zog das Forscherteam aus zwei Bevölkerungsumfragen zur COVID-19-Pandemie mit rund 4000 Teilnehmern. Die Teilnehmer einer ersten Teilstudie in Deutschland sollten zwischen individueller Freiheit und dem Schutz der Gesundheit abwägen.

In einer zweiten Stichprobe in Österreich wurde nach der Position zur Einführung einer Impfpflicht gefragt. Je nach Kommunikationsmodus, ob konfrontativ, offen oder kollaborativ, fiel die Bereitschaft zu vertieftem Nachdenken, konstruktiven Vorschlägen oder zur Meinungsänderung unterschiedlich aus. Die Teilnehmer im österreichischen Teil der Studie waren in ihren Meinungen stärker polarisiert: 69,5 Prozent der Befragten hatten eine feste Überzeugung, im Gegensatz zu nur rund 37 Prozent der deutschen Stichprobe.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es im Kontext einer starken Polarisierung kontraproduktiv ist, die Teilnehmenden mit Gegenpositionen zu konfrontieren und sie aufzufordern, nach Gemeinsamkeiten mit der anderen Seite zu suchen“, sagt Stocker. „Dies wird anscheinend als Herausforderung der eigenen Position wahrgenommen.“

Politische Kommunikation überlegt zu gestalten, raten die Forscher

Allein ein offener Kommunikationsmodus – geprägt von offenen Fragestellungen und frei von Forderungen – könne unter solch polarisierten Bedingungen zu produktiven Gesprächen beitragen. Das sei dann selbst bei Beteiligten der Fall, die Verschwörungstheorien nachhängen.

Das eine, ideale Rezept für die Depolarisierung gibt es nach Erkenntnis der Verfasser allerdings nicht. „Produktive Kommunikation, die vertieftes Nachdenken, konstruktive Vorschläge und Depolarisierung bewirkt, ist in der Regel ein Mosaik aus unterschiedlichen Kommunikationsmodi“, erläutert Professor André Bächtiger , der Leiter des Instituts für Sozialwissenschaften und Co-Autor der Studie.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch