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Bestechungsverdacht

Politische Debatte über noch laufende Ermittlungen

Justizministerin Marion Gentges (CDU) und Frank Schwörer, Leiter der Staatsanwaltschaft Heilbronn, sind diese Woche im Ständigen Ausschuss des Landtags Rede und Antwort gestanden. Es ging um laufende Ermittlungen gegen sieben Bedienstete der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Das Gebäude der Staatsanwaltschaft in Stuttgart. Bei der Behörde kam es zu einer Durchsuchung.

dpa/Jason Tschepljakow)

Stuttgart. Justizministerin Marion Gentges konnte am Dienstagabend im Ständigen Ausschuss kaum mehr sagen, als bereits bekannt war. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn ermittelt derzeit gegen sieben Bedienstete der Staatsanwaltschaft Stuttgart, gegen einen Wachtmeister und sechs Servicemitarbeiter. Sie sollen unter anderem unerlaubt Daten weitergegeben haben. Ihnen werden Bestechlichkeit und die Verletzung von Dienstgeheimnissen zur Last gelegt.

Justizwachtmeister sind in der Staatsanwaltschaft im Grunde die Schnittstelle zwischen innen und außen. Sie sind an der Pforte tätig und verteilen Akten. Die Mitarbeiter im Servicebereich arbeiten in den Geschäftsstellen den Staatsanwälten zu.

Die Staatsanwaltschaft Heilbronn ermittelt in zwei Fallkomplexen

Am 12. November fanden Durchsuchungen statt. Ein Wachtmeister sitzt seither in Untersuchungshaft, gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Sechs Servicemitarbeiter wurden freigestellt. Gentges‘ Kenntnis in dem Verfahren stammt aus Berichten der Staatsanwaltschaft, aus Berichten in Strafsachen. Diese dienen ausschließlich dem Zweck der Dienstaufsicht, unterliegen daher der Vertraulichkeit. Die Kenntnisse darf Gentges also nicht weitergeben.

Hinzu kommt, dass es in laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft obliegt, Informationen herauszugeben, denn nur sie kann einschätzen, was das laufende Verfahren gefährden könnte.

Auch um weiteren Spekulationen vorzubeugen, hat Gentges daher den Leiter der Staatsanwaltschaft Heilbronn, Frank Schwörer, mitgebracht. Der verwies zunächst einmal darauf, dass man am Anfang der Ermittlungen stehe. Dabei müssten zwei Komplexe betrachtet werden.

Staatsanwaltschaft führt Durchsuchungen durch

Der erste Komplex: Im Mai wurde ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes in Tamm (Landkreis Ludwigsburg) angeschossen. Zwei Männer aus den Niederlanden wurden Monate später festgenommen; gegen sie läuft ein Verfahren wegen versuchten Mordes. Schwörer zufolge wies der Geschädigte darauf hin, dass die Angreifer von weiteren Personen angestiftet worden sein könnten. Im Rahmen dieser Ermittlungen zeigte sich, dass einer Kontakt zur Staatsanwaltschaft Stuttgart aufgenommen hatte – mit dem Ersuchen, Fachverfahren abzufragen. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn geht davon aus, dass der Justizwachtmeister dies gegen Gegenleistung ausgeführt hat. Daraufhin habe man alle Daten nochmals ausgewertet. So kam der Verdacht auf eine Servicekraft, die ohne dienstlichen Anlass Daten in dem von der Staatsanwaltschaft genutzten IT-System Web.Sta (siehe Kasten) erhoben und weitergegeben haben könnte. Bei den Durchsuchungen erhärtete sich dann der Verdacht gegen eine dritte Bedienstete.

Gentges warnt vor Generalverdacht und will die Fälle aufklären

Der zweite Komplex war zwar auch Gegenstand der Durchsuchungen, es geht aber um ein anderes Verfahren. In jenem wurden Beweisstücke ausgewertet. Die haben bei der Staatsanwaltschaft den Verdacht begründet, dass zwei Bedienstete der Staatsanwaltschaft Stuttgart in dem schon erwähnten Verfahren in Web.Sta auf gespeicherte Daten zugegriffen haben, die sie wohl gegen Bezahlung an unbefugte Dritte weitergaben. Es wurde geprüft, ob sich Anhaltspunkte für nicht dienstlich veranlasste Abrufe ergeben. Dies wiederum hat einen Anfangsverdacht gegen zwei weitere Servicekräfte ergeben.

Schwörer zufolge haben in Heilbronn alle Mitarbeiter außer dem Reinigungspersonal Zugriff auf Web.Sta. Wachtmeister bräuchten Zugriff auf Namen und Aktenzeichen, ohne Beteiligtendaten bekäme man Akten nicht auf den richtigen Schreibtisch. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nach innen blind werden“, sagte er mit Blick auf kritische Nachfragen zur Datensicherheit. Auch der Bereitschaftsdienst benötige Zugriff, um Anfragen der Polizei beantworten zu können. Genauso die 60 Dezernenten, die im Jahr rund 40 000 Verfahren führen. Sie brauchen Kenntnisse über andere Fälle.

Auch Gentges warnte davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Sie warnte auch davor, alle Mitarbeiter unter Generalverdacht zu stellen. Sie will nicht hinnehmen, dass Einzelne das Vertrauen in den Rechtsstaat zerstörten. „Deshalb schauen wir da gerade auch in den eigenen Reihen nicht weg, da sind wir konsequent.“

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Staatsanwaltschaften in neun Ländern nutzen Web.Sta

Staatsanwaltschaften nutzen das IT-System Web.Sta für die Verwaltung von Ermittlungsverfahren in neun Bundesländern, federführend ist Bayern. Laut Justizministerin Marion Gentges sind dort Verfahrensdaten, Namen, Geburtsdaten und Delikte, aber auch Textdokumente wie Anträge, Strafbefehle und Anklagen hinterlegt. Die Zugriffe auf Textdateien würden protokolliert und könnten nachvollzogen werden, dies soll ab Mai 2026 auch für Verfahrensdaten der Fall sein. Man könne in Einzelfällen nur bestimmten Personen Zugriff gewähren. Sieht jemand Daten nur ein, sei das keine Straftat, wohl aber ein Dienstvergehen.

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