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Romy Hausmann denkt den Thriller anders

Romy Hausmann war früher Fernsehjournalistin in München. Heute lebt sie als Autorin und Podcasterin in der Nähe von Stuttgart.
Astrid Eckert)Stuttgart. „Verarsch deine Leserinnen nicht so“, zitiert Romy Hausmann eine Rezension zu ihrem Buch, das sie 2014 veröffentlicht hat. Fünf Jahre vor ihrem Durchbruch. Der „Flopp“ vor dem Bestseller. Denn Hausmann hat aufgehört „ihre Leser zu verarschen“ und angefangen zu schreiben, was ihr wirklich liegt.
Das Leben als Autorin ist nicht Hausmanns Erstes. Früher war sie Fernsehjournalistin mit einem gut bezahlten Job als Redaktionsleiterin bei einer Produktionsfirma in München. Als ihr Sohn geboren wird, ändert sich für die mittlerweile 43-Jährige einiges. Ihre neue Rolle als Mutter hat sie in der beruflichen Babypause in einem Buch verarbeitet. Ihr erster Versuch, der sich bis heute keine 300 Mal verkauft hat, aber: „Ich habe im Schreiben etwas gefunden, das ich nie wieder loslassen wollte.“
Ihr erstes Buch erschien unter einem Pseudonym
Als sie dann zurück in ihren Berufsalltag kommt, steht der Maxi-Cosi mit ihrem Sohn anfangs noch im Schnittraum. Als er zwei Jahre alt ist, trifft sie eine Entscheidung: Sie zieht an ein kleines Häuschen am Waldrand, etwa 40 Kilometer von Stuttgart entfernt. Sie kündigt ihren Job und bleibt freiberuflich beim Fernsehen. Ab und zu schneidet sie, meistens übernimmt sie Sprechertexte: „Ich konnte das von zu Hause aus machen und so meinem Sohn gerecht werden“, dabei hört sie nie auf zu schreiben: „Mein Leben war: Sprechertexte als Brotjob, Schreiben in jeder Minute, plus Mama sein.“ Ihr Leben sei in dieser Zeit nur noch auf diese drei Dinge ausgerichtet gewesen, Freizeit und Freunde gab es nicht.
Zwei Jahre später veröffentlicht sie ihr zweites Buch – der Verlag verkauft es als Frauenroman. Wieder bleibt der Erfolg aus. Auf Amazon erhielt sie „ungefähr drei“ Rezensionen. Eine davon ließ Hausmann zuerst denken, ihre Leserin hätte ihr Buch nicht verstanden. Sie könne schreiben, aber solle es nicht als Frauenroman mit niedlichem Cover verpacken. Sie solle lieber etwas Offensiveres schreiben – etwa über Axtmörder oder wo Jungs kleine Kätzchen ersäufen. Dann erkennt Hausmann selbst: „Anscheinend liegt mir das Psychologische, die Düsternis.“
Die selbst ernannte „obsessive Schreiberin“ schreibt daraufhin ihren Text „Staub“. Eine Annäherung an einen Thriller, allerdings noch „sehr sperrig und anders“, erklärt sie. Er wurde nie veröffentlicht, war aber ihr letztes Werk, bevor sie denkt, dass sie eine Pause braucht. Sie schreibe seit zehn Jahren Geschichten und brauche mal wieder ein Stück normalen Lebens. Das sagte sie ihrer Agentin, aber die bat Hausmann nur um einen allerletzten Text vor ihrer Pause. Sie sollte mit allem schreiben, was sie hat: „Und dann begann mein drittes Leben mit „Liebes Kind“.“
Sie schreibt mit Spannung, aber ohne den Stempel „Thriller“
Fernsehjournalistin, Mutter und Spiegelbestsellerautorin. Mit ihrem Thrillerdebüt 2019 gelang Hausmann der Durchbruch und der Sprung in einen neuen Lebensabschnitt. Dabei mag die gebürtige Thüringerin keine klassischen Thriller, hat selbst auch nie einen gelesen. Nichts über das Genre gewusst zu haben, sieht sie als ihren Vorteil: „Ich habe aus Unwissenheit, etwas gemacht, was es damals so noch nicht gab. Deswegen war „Liebes Kind“ erfolgreich, glaube ich.“
Ende August dieses Jahres hat die Autorin ihren neuen Thriller „Himmelerdenblau“ vorgestellt. Ein Buch, in dem der Protagonist an Demenz erkrankt und versucht, das Verschwinden seiner Tochter aufzuklären, bevor er dazu nicht mehr in der Lage ist. Die Idee zum Buch fand Hausmann in Australien. Während eines Projekts 2022 lernte sie eine Familie kennen, deren Großvater Mitte 80 war und sein Leben als Polizist verbracht hat. Seine Enkelin kam unter mysteriösen Umständen ums Leben. Er glaubt, zu wissen, was passiert ist, kann es aber nicht beweisen. Mit Blick auf sein fortschreitendes Alter hat seine Geschichte in Hausmann eine Frage aufkommen lassen: „Was passiert, wenn wir mit der wichtigsten Frage unseres Lebens in den Tod gehen?“
Im Januar wird ihr Buch ins Englische übersetzt und die Familie des Großvaters wird es lesen können: „Sie sind dankbar, dass ich die Geschichte am Leben halte“, sagt Hausmann.
Hausmann verleiht ihrer Kunst eine eigene Stimme
Romy Hausmann ist die kreative Vielseitigkeit in Person. Sie schreibt nicht nur Bestseller, sondern spricht auch in einem True-Crime-Podcast mit dem Kriminalbiologen Mark Benecke. Außerdem steht sie mit der Kölner Indie-Band Fortuna Ehrenfeld im Studio. Zwei Alben sind dabei schon entstanden: zuerst Princess Standard, dann Himmelerdenblau, das sich stimmig an ihren neuesten Thriller anlehnt. Gemeinsam gehen sie auf Tour: „Im Januar spielen wir im Theaterhaus in Stuttgart“, sagt Hausmann. Dann träfen Worte und Musik aufeinander und es entstünde Magie.