Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Arbeitszeiterfassung: Grundsätzlich muss jede Pause gestempelt werden

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Dieser Satz, der dem Sowjetgründer Lenin zugeschrieben wird, gilt in vielen Bereichen. Auch in puncto Arbeitszeit vertrauen die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst darauf, dass Mitarbeiter sich an die Regeln halten – kontrolliert wird allerdings gelegentlich auch.
Eine Frau demonstriert mit einer Chipkarte ein modernes Verfahren zur Abrbeitszeiterfassung (undatierte Aufnahme). (Zu dpa «EuGH: Arbeitgeber müssen Arbeitszeiten systematisch erfassen»)

dpa/ PCS Systemtechnik)

STUTTGART/FREIBURG. Ein Arbeitgeber hat vor kurzem einer Mitarbeiterin fristlos gekündigt, weil diese wohl über Jahre hinweg im gegenüberliegenden Café zehn Minuten lang Kaffee trank, ohne sich dafür aus dem Zeiterfassungssystem auszuloggen. Zu Recht, entschied das Landesarbeitsgericht Hamm.

Mit einem System zur Zeiterfassung können Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten dokumentieren. Hierzu sind sie laut Bundesarbeitsgericht aufgrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs verpflichtet. Doch wie streng gehen Arbeitgeber im öffentlichen Dienst mit dieser Pflicht um?

Das Regierungspräsidium Freiburg etwa hat die Arbeitszeiterfassung bereits im Jahr 2000 eingeführt. Bis auf wenige Ausnahmen erfassen seitdem alle Mitarbeiter ihre Arbeitszeit sowie die Pausen mit entsprechenden Chips oder Karten. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Möglichkeit, die Zeiten an Zeiterfassungsterminals in den Dienstgebäuden oder über eine Webanwendung am Arbeitsplatzrechner zu erfassen“, sagt Pressesprecherin Heike Spannagel.

Bedienung der Terminals mit Transponder und Code-Karte

Beim Finanzministerium und auch beim Regierungspräsidium Stuttgart wird die Arbeitszeit ebenfalls mit solchen elektronischen Geräten erfasst. „Die Bedienung der Terminals erfolgt durch Transponder oder Code-Karten“, sagt Pressesprecher Sebastian Engelmann vom Finanzministerium.

Das Zeiterfassungssystem werde von den Beschäftigten zur Dokumentation der Arbeitszeit selbst bedient. Im Home Office und beim mobilen Arbeiten geschieht dies über ein Zeiterfassungsprogramm auf dem Laptop, sagt Stefanie Paprotka vom Regierungspräsidium Stuttgart.

Beim Landratsamt in Karlsruhe gibt es bereits seit Ende der 1980er- Jahre eine elektronische Zeiterfassung. „Aktuell wird sie direkt an den PC-Arbeitsplätzen beziehungsweise den mobilen Geräten vorgenommen. Damit ist eine maximale Flexibilität der Zeiterfassung für Arbeiten im Büro, im Homeoffice und im Außendienst möglich“, betont Pressesprecher Martin Zawichowski.

Doch wie sieht es mit der Kulanz seitens der Arbeitgeber aus, wird kontrolliert oder vertraut man den Mitarbeitenden? „Wir vertrauen unseren Kolleginnen und Kollegen. Gleichzeitig gehört es zu den Führungsaufgaben, die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen im Blick zu behalten“, sagt Pressesprecher Kai Hockenjos vom Landratsamt im Ortenaukreis. Auch wer eine Zigarette zwischendurch rauchen möchte, müsse sich für diese kurze Pause ein- und ausstempeln, betont Hockenjos.

„Grundsätzlich ist jede Pause mit Gehen und Kommen zu stempeln“, sagt Heike Spannagel, dies gelte auch für Zigarettenpausen. Und Martin Zawichowski ergänzt, dass Pausen, aber auch private Belange wie Arztbesuche oder Betreuungssituationen ausgestochen werden müssen. „Das flexible Zeiterfassungssystem ermöglicht das aber sehr unkompliziert.“

Arbeitszeit ist ein hohes Gut und eine Pflicht

Beim Regierungspräsidium Freiburg werde seitens des Arbeitgebers oder Dienstherrn auf die Einhaltung der Buchungsregelungen durch die Mitarbeitenden vertraut, „eine generelle Kontrolle findet nicht statt“, sagt Spannagel. Beim Regierungspräsidium Stuttgart pflege man „grundsätzlich eine Vertrauenskultur, ohne die notwendige Übersicht über Arbeitszeiten und deren Einhaltung zu unterlassen“, sagt Stefanie Paprotka. „Mit flexiblen Arbeitszeiten sowie Home Office und mobilem Arbeiten machen wir gute Erfahrungen, da die Mitarbeitenden des RPS überwiegend sehr verantwortungsvoll damit umgehen“, so Paprotka weiter. Sollte es in Einzelfällen allerdings zu Auffälligkeiten kommen, würden diese „eng begleitet und im Gespräch und Austausch auf die Einhaltung der Vorgaben hingewirkt“, sagt Paprotka

„Die Arbeitszeit ist nach wie vor im deutschen Arbeitsrecht ein hohes Gut und eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis“, sagt Martin Zawichowski. Die Erfassung sei deshalb mit einem hohen Maß an Vertrauen verbunden, „bei offensichtlichen Auffälligkeiten erfolgt aber auch eine Kontrolle“, ergänzt der Pressesprecher vom Landratsamt Karlsruhe.

Regelungen im Arbeitszeitgesetz

Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Die Arbeitszeit ist in erster Linie im Arbeitszeitgesetz geregelt.
Welche Arbeitszeit allerdings im konkreten Arbeitsverhältnis gilt, obliegt der jeweiligen Regelung durch den Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder den Arbeitsvertrag. Die Regelungen zur täglichen Arbeitszeit sind Teil des Arbeitszeitschutzes und damit dem Arbeitsschutz im Allgemeinen.

Ralf Schick

Redakteur Landeskundliche Momente und Beruf und Karriere

0711 66601 185

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

Lesen Sie auch