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Pflegeberufe

Fachkräftemangel belastet die sozialen Dienstleister

In der Sozialwirtschaft spitzt sich die Lage bei der Personalgewinnung und -bindung immer mehr zu. Verstärkt wird dieses Problem auch noch dadurch, dass in den kommenden zehn Jahren rund 30 Prozent der Beschäftigten in den Ruhestand gehen, wie das aktuelle Caritaspanel ergab.

Berufe in der Pflege sind inzwischen zwar besser bezahlt als noch vor ein paar Jahren. Doch auch dort spielt das Thema Fachkräftemangel eine große Rolle.

IMAGO/Olaf Döring)

Freiburg/Berlin. „Unsere Zahle n zeigen ganz deutlich: Immer mehr Menschen brauchen soziale Hilfe. Aber gleichzeitig fehlen uns die Leute und das Geld“, sagte der Sprecher der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas (DGS), Johannes Brumm, am Dienstag vor Medienvertretern. „Im Moment ist jede fünfte Stelle unbesetzt. In der Eingliederungshilfe sogar jede vierte“, betonte Brumm. Besonders betroffen vom Fachkräftemangel seien die Berufsfelder Pflege, Kinderbetreuung und Sozialarbeit.

Das aktuelle Caritaspanel, das in Kooperation mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) durchgeführt wird und bei dem rund 2500 Rechtsträger der Caritas in Deutschland befragt wurden, habe ergeben, dass die erschwerte Fachkräftegewinnung „das drängendste Personalproblem ist“, sagte Pascal Krimmer von der Geschäftsstelle der Dienstgeberseite der Caritas.

Die Zahl der Neueinstellungen ist wieder rückläufig

Zwar gab es in den Jahren 2020 bis 2022 einen Personalzuwachs bei der Caritas um rund 44 000 Beschäftigten, allerdings ist die Zahl der Neueinstellungen im Vergleich zu den Abgängen in den vergangenen drei Jahren wieder rückläufig. Bei der Caritas liegt die Einstellungsrate bei rund fünf Prozent, „und in der gesamten Sozialwirtschaft bei etwa sieben Prozent“, sagte Ute Leber, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Neben dem Fachkräftemangel gebe es in der Branche zudem hohe Fehlzeiten durch Krankenstand und eine hohe Belastung durch Lohnkosten, weil die Vergütung in der Pflege „seit dem Jahr 2018 um rund 30 Prozent gestiegen ist“, so Krimmer.

„Inzwischen können bei uns ungelernte Hilfskräfte bis zu 42 000 Euro im Jahr brutto verdienen und Fachkräfte rund 60 000 Euro und da sind die Zuschläge noch gar nicht einberechnet“, ergänzt Krimmer.

„Die Refinanzierung sozialer Dienstleistungen gerät durch steigende Kosten und knappe öffentliche Mittel zunehmend an ihre Grenzen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, attraktive, tariflich abgesicherte Löhne in der Sozialbranche zu sichern“, fordert Brumm.

Die Caritas als einer der großen gemeinnützigen Anbieter sozialer Dienstleistungen habe als Reaktion auf den Fachkräftemangel ihr bereits hohes Ausbildungsengagement in den vergangenen Jahren nochmals gesteigert. Mit Ausbildungsaktivitätsquoten von über 70 Prozent und Besetzungsquoten von rund 84 Prozent liegt sie nach eigenen Angaben über dem Branchendurchschnitt.

Die Caritas-Dienstgeber appellieren daher an die Politik, strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, die soziale Berufe stärken und die Finanzierung verlässlich absichern. „Wir brauchen langfristige Finanzierungszusagen und endlich eine konsequente Umsetzung der Pflegereform“, betonen die Caritassprecher.

Flexible Personaleinsätze müssen ihrer Ansicht nach ermöglicht werden für ein funktionierendes Ausfallmanagement – durch Investition beispielsweise in sogenannte ‚Springerpools‘. Und nicht zuletzt müsse die Berufsanerkennung zuwanderungswilliger Fachkräfte vereinfacht werden. Brumm betont aber auch: „Die Sozialbranche verdient mehr als Problemrhetorik – nämlich Innovation, denn sie bietet gut bezahlte, sichere und sinnstiftende Tätigkeiten mit gesellschaftlicher Relevanz.“

Die Befragung zum Caritaspanel 2024 hat im dritten Quartal 2024 stattgefunden. Insgesamt wurden in der mittlerweile sechsten Befragungsrunde 2475 Rechtsträger angeschrieben. Davon haben sich 277 Rechtsträger an der Umfrage beteiligt.

Die Rücklaufquote liegt somit bei elf Prozent. Insgesamt werden im Datensatz etwa 135 000 Beschäftigte aus circa 3500 Betrieben repräsentiert, heißt es weiter.

Die Arbeitsrechtliche Kommission (AK) des Deutschen Caritasverbandes legt die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen und Diensten des Deutschen Caritasverbandes e.V. (AVR) fest.

Caritas hat rund 740 000 hauptberufliche Mitarbeiter

Die AK Caritas ist den Angaben zufolge paritätisch mit Vertreterinnen der Dienstgeberseite (Arbeitgeberinnen) und Dienstnehmern (Mitarbeitenden) besetzt und regelt die Arbeitsbedingungen für rund 740 000 hauptberufliche Mitarbeitende in bundesweit über 25 000 caritativen Einrichtungen und Diensten.

Das Caritaspanel ermittelt Daten der Einrichtungen

Seit 2015 baut die Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e.V. gemeinsam mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit eine neue Datenbasis mit Informationen über die Rechtsträger der Caritas mit ihren Einrichtungen auf. Ziel ist es, ein besseres Verständnis für aktuelle Entwicklungen, Problemfelder, Qualitätsmerkmale und Zukunftsperspektiven gewinnen zu können.

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