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Stadt Heidenheim sucht Bewerber auf der Flirt-Plattform Tinder

Ausgetretene Pfade beim Recruiting verlassen: Das macht jetzt die Stadt Heidenheim. Die Ostalb-Kommune ist schon seit längerer Zeit sehr aktiv und startet mit ihrer Kampagne „Aus Liebe zum Job“ und einem Tinder-Profil in den Wettbewerb um junge Köpfe. Wenn es beim Online-Flirt „matcht“, geht es in den Bewerbungsprozess.
Frau am Smartphone auf Heidenheims Tinderprofil

Die Stadt Heidenheim geht im Rahmen einer Jobkampagne mit einem Tinder-Profil online.

STADTVERWALTUNG HEIDENHEIM)

HEIDENHEIM. Der Start im Rahmen der Kampagne „Aus Liebe zum Job“ war gut gewählt: Zum Valentinstag machte die Stadt Heidenheim publik, dass sie nun mit „Heide N. Heim“ ein Profil auf der Online-Partner-Börse Tinder betreibt. Und hat damit einiges an medialer Aufmerksamkeit erreicht. Ziel ist jedoch nicht, „15 Minuten Ruhm“ oder eine Liebesheirat zu erreichen. „Wir wollen als kommunaler Arbeitgeber auf uns aufmerksam machen und junge Menschen erreichen“, sagt Pressesprecher Stefan Bentele.

Denn wie in anderen Kommunen gehen auch in Heidenheim immer weniger Bewerbungen ein. Bentele nennt Zahlen: Verwaltungsfachangestellte bewarben sich 2017 noch 100, fünf Jahre später gab es noch 39 Bewerbungen. 32 Bewerbungen als Bauingenieur gingen 2017 ein, und 2022 keine. Auch im Bereich Soziale Arbeit/Kinder- und Jugendhilfe ein ähnliches Bild: 61 Bewerber 2017, nur noch 18 im Jahr 2022.

Schon seit Längerem auf anderen Kanälen aktiv

„Laut einer PWC-Studie werden bis 2030 1,2 Millionen Stellen im öffentlichen Dienst unbesetzt bleiben“, sagt Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo (SPD). „Das ist ein Problem, für das wir besonders als Dienstleisterin für die Bürgerschaft Lösungen entwickeln müssen“, betont Salomo. Die Lösung heißt in Heidenheim die Ausbildungs-Kampagne „Aus Liebe zum Job“. „Ausgangspunkt war: Wir machen den Job alle gerne, wir lieben ihn“, sagt Bentele. Und vom Thema Liebe zu Tinder war der Schritt dann nicht mehr weit. Schon seit Längerem ist die Stadt sehr aktiv auf anderen Kanälen der Sozialen Medien: TikTok, Twitter, Facebook und Instagram werden schon bespielt.

Wie oft es auf Tinder „matcht“, wird sich erst noch zeigen. „Wir müssen abwarten“, meint Bentele, „wir haben die Kampagne mit Blick auf das Ausbildungsjahr 2024 aufgezogen. Die Schüler, die jetzt Zwischenzeugnisse erhalten haben, fangen jetzt an, sich umzuschauen. Eine finale Bilanz für die Ausbildung und Studienplätze werden wir erst im September 2024 ziehen können.“ Immerhin sind in den vergangenen Tagen vermehrt Anrufe von jungen Leuten bei Benteles Kollegin Veronika Abt eingegangen, die die Kampagne mit entwickelt hat.

Bewerber auf Instagram und TikTok ansprechen

Die Stadt Heidenheim nutzt die Sozialen Medien, um junge Leute auf Berufe im kommunalen Raum aufmerksam zu machen.

„Die Arbeit in einer Stadtverwaltung wird völlig zu Unrecht als wenig attraktiv gesehen – genau das wollen wir besonders in der Vorstellung junger Menschen ändern“, erklärt die Social-Media-Managerin der Stadt, Julia Habla. Auf Instagram und TikTok spreche man Bewerber in ihrem gewohnten Umfeld an.

In Kurzvideos wird der Arbeitsalltag eines bestimmten Berufes authentisch dargestellt und die Fragen werden direkt von Azubis beantwortet.

Neben dem Tinder-Profil wird auch auf „klassisches Werbematerial“ gesetzt: mit Buswerbung, Postern, Buttons, Kugelschreibern, Lollies, Postkarten und Stofftaschen im einheitlich bunten Design wird auf die Ausbildungs- und Studienplätze der Stadt aufmerksam gemacht. „Wir präsentieren die Berufe auch als Reels oder modernes Video, das die jungen Menschen anspricht“, so Bentele – je nach Plattform, auf der sie unterwegs sind. Oder auch mit Fotos von Auszubildenden, die mit einem typischen Gegenstand ihres Arbeitsfeldes „posen“.

Der 24-jährige Marcel, Fachangestellter für Bäderbetriebe, etwa wirbt auf einem Poster mit der Trillerpfeife im Mund für „chlorreiche Aussichten“. Sophia, 20, Studium Public Management, zeigt sich mit dem Verwaltungsrecht in der Hand und dem Slogan „verliebt. verlobt. verbeamtet“. „Die Wortspiele sollen sympathisch rüberkommen“, so Bentele. „Wir sprechen die Zielgruppe auf unterschiedlichen Wegen an und versuchen so, im Gespräch zu bleiben.“ Denn die Zeiten, in denen man lediglich eine Stellenanzeige ins Printprodukt setzte, seien vorbei.

“Wir wollen den Job attraktiv gestalten“

„Eine gute Kampagne ist viel Aufwand“, erklärt Bentele. Man habe über eine Ausschreibung eine Agentur gesucht. Für das professionelle Fotoshooting und Kampagnenvideos und die Planung der Kampagne fielen rund 10 000 Euro an – plus die Manpower aus dem eigenen Haus.

„Als öffentliche Verwaltung müssen wir zwar Dienstleistungen erbringen, um die wir nicht herumkommen, aber wir wollen den Job trotzdem attraktiv gestalten“, sagt Bentele. „Mit der Kampagne beweisen wir, dass wir modern sind und dass wir aufgeschlossen sind für Neues.“

Oberbürgermeister Salomo betont: „Wir zeigen gerade jungen Menschen, wie abwechslungsreich und vielfältig die Arbeit in unserer modernen Stadtverwaltung ist; welche Chancen auf all jene warten, die eine Ausbildung oder ein Studium bei uns beginnen.“

Quelle/Autor: Beate Mehlin

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