Debatten im Landtag vom 22. Januar 2014

Opposition rechnet in Dringlichkeitsdebatte mit dem Innenminister ab

Stuttgart. Nach der vom Verwaltungsgericht Karlsruhe einkassierten Benennung von 23 Führungsposten in den neuen 13 Polizeipräsidien hat die Opposition im Landtag am Mittwoch dem Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Leviten gelesen. In einem Dringlichkeitsantrag sprach die CDU-Fraktion von einem „Chaos beim Start der Polizeireform“.  Das innenpolitische Prestigeprojekt von Grün-Rot habe einen „grandiosen Fehlstart“ hingelegt, sagte […]

Stuttgart. Nach der vom Verwaltungsgericht Karlsruhe einkassierten Benennung von 23 Führungsposten in den neuen 13 Polizeipräsidien hat die Opposition im Landtag am Mittwoch dem Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Leviten gelesen. In einem Dringlichkeitsantrag sprach die CDU-Fraktion von einem „Chaos beim Start der Polizeireform“.  Das innenpolitische Prestigeprojekt von Grün-Rot habe einen „grandiosen Fehlstart“ hingelegt, sagte Thomas Blenke (CDU). Gall trage für die „hochnotpeinliche Bauchlandung“ die politische Verantwortung.
Vom Innenminister verlangte der CDU-Abgeordnete bis zum 1. Februar eine Aussage, wie ab diesem Zeitpunkt sichergestellt wird, dass bis zur rechtmäßigen Neubesetzung der Präsidentenstellen die neuen Großpräsidien ordnungsgemäß geführt werden. Gall wies die Einwände zurück. Die Polizei sei nicht „führungslos“, sondern seit Jahresbeginn „vollumfänglich funktionsfähig“, versicherte der Minister. Alle Dienstzweige, alle Direktionen und alle Führungs- und Einsatzstäbe seien besetzt, alle Direktionen, Kommissariate und Inspektionen ausgefüllt. Die Polizei „arbeitet seit 22 Tagen kompetent, engagiert und erfolgreich.“  An manchen Stellen gebe es noch „Unwucht“, aber erste Bewährungsproben hätten die neuen Kriminaldauerdienste schon bestanden. Es sei deshalb Unfug, wie die Opposition von Chaos, Super-GAU oder Fiasko zu sprechen.

Ministerium arbeitet an Konzept

Der Innenminister erklärte, er werde den vom Verwaltungsgericht gerügten Punkten nachkommen. „Das mangelhafte Verfahren ist ein Versäumnis meines Hauses. Dafür stehe ich gerade“, fügte er selbstkritisch an. Gall kündigte an, einen Teil der Stellen – acht Präsidentenstellen – nicht mit den ausgewählten Beamten besetzen zu können. Für die Übergangsfrist würden andere Personen die Leitung dieser Dienststellen sicherstellen. Sein Ministerium arbeite an einem entsprechenden Konzept. Die neue Stellenbesetzung werde er – wie schon zuvor – „redlich“ wahrnehmen, also konform mit dem Beamtenrecht und mit den Kriterien Eignung, Befähigung und Leistung sowie auch parteipolitisch neutral.
Rückendeckung erhielt der viel gescholtene Minister durch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. „Die Polizei ist bei Reinhold Gall in sehr guten Händen“, urteilte er. Zu keiner Zeit sei die Polizei führungslos gewesen. Deshalb sei es „hanebüchen“, zu behaupten, die innere Sicherheit sei gefährdet. Trotz des Gerichtsurteils sei bei der Polizei „alles geregelt“. Und in Anspielung auf die Aussage von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, Gall liege auf der Intensivstation und zucke noch, erwiderte Schmiedel: „Wenn jemand auf der politischen Intensivstation liegt, dass ist das die FDP und nicht dieser wunderbare Innenminister.“

Grüne: Besetzungspraxis wird geändert

Die Polizei mache einen guten Job, würdigte auch Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Das Urteil werde von den Regierungsfraktionen „in vollem Umfang“ akzeptiert und man werde es aufarbeiten. Man werde die Besetzungspraxis ändern. „Aber daraus eine Führungslosigkeit der Polizei, eine Krise der inneren Sicherheit zu konstatieren, ist weite übertrieben und am Rand der Absudität“, sagte Sckerl.
Für die FDP kritisierte Ulrich Goll die Entschuldigungsversuche der Regierung und des Innenministers zum Gerichtsurteil, statt eigene Fehler einzuräumen auf gleich verlaufene frühere Besetzungen von Führungspositionen hinzuweisen. „Das hört sich etwa so an: Das hat Papa auch so gemacht.“ Es sei aber ein Ammenmärchen, dass früher in dieser haarsträubenden Weise verfahren wurde, erklärte der frühere Justizminister. Grün-Rot sei in diesem Fall blind gewesen für die einfachsten Spielregeln – genau so blind, wie sie sich mit der Polizeireform von den Menschen entfernt, die Angst vor einer Verschlechterung haben.
Ins Rollen gebracht hatte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack. Der Polizeidirektor hatte sich vergeblich für mehrere Führungspositionen beworben, war aber leer ausgegangen. Das CDU-Mitglied hatte die Polizeireform der grün-roten Landesregierung  wiederholt als Gefahr für die innere Sicherheit kritisiert. Sie sei „überdimensioniert“ und stelle eine Polizei auf den Kopf, die bundesweit als eine der besten gelte. In der kommenden Woche soll sich der Innenausschuss mit dem Thema weiter beschäftigen.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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22. Januar 2014