Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Ein Meißel aus Mammutelfenbein: Tübinger Archäologen bergen den „Fund des Jahres“

Der Meißel aus Elfenbein wurde im Hohle Fels bei Schelklingen entdeckt.
A. Blanco-Lapaz, SHEP Tübingen)Tübingen/Blaubeuren. Große Epochen der Menschheitsgeschichte tragen ihre Namen aufgrund in dieser Zeit vorherrschender Materialien: Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit. Jetzt sprechen Tübinger Archäologinnen und Archäologen vom „Zeitalter des Mammutelfenbeins“ und meinen damit jene Zeit, als vor 40 000 Jahren die ersten anatomisch modernen Menschen auf der Schwäbischen Alb ankamen.
Das Werkzeug wurde aus dem Hohle Fels geborgen
Anlass sind große Gerätschaften, die im Unesco-Welterbegebiet „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ geborgen wurden. Mit einer Länge von 24,7 Zentimetern, einem Maximalumfang von 10,4 Zentimetern und einem Gewicht von 168 Gramm haben sie das bislang größte rundum formbearbeitete Elfenbeingerät aus dem Hohle Fels nahe Schelklingen geborgen.
Das Team um Nicholas Conard vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen deutet das Objekt als ein großes Werkzeug unbekannter Funktion, das von den damals lebenden Menschen in einen Meißel umgearbeitet worden war. Der Fund sei „ein Beleg für die ungewöhnlich häufige und vielfältige Nutzung von Mammutelfenbein bei den ersten modernen Menschen im Oberen Donauraum“, sagte Conard bei der Präsentation des Stücks als „Fund des Jahres“ im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren (urmu).
„Die Frauenfigurine vom Hohle Fels, die Mammutelfenbeinflöte aus dem Geißenklösterle, die kleine Mammutfigur aus dem Vogelherd – sie sind berühmt, weil sie zu den ältesten Kunstwerken und Musikinstrumenten zählen. Am Anfang der Jüngeren Altsteinzeit war Mammutelfenbein das bevorzugte Material für praktische Werkzeuge und Kunst“, betont der Archäologe Conard.
Der Stoßzahn eines Mammuts wurde gespalten
Vor dem Schnitzen von Kunst- oder Schmuckobjekten mussten die Menschen kleinere Elfenbeinstücke aus dem Stoßzahn eines Mammuts gewinnen und häufig auch spalten – das ist mit keilförmigen Elfenbeinwerkzeugen sehr gut möglich.
„Dieser Werkstoff ist hart und flexibel genug“, erklärt Sibylle Wolf, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am SHEP. Die Werkzeuge wurden aufwendig gefertigt oder nach Bedarf umgearbeitet. Die Menschen auf der Schwäbischen Alb zu dieser Zeit verfügten den Forschern zufolge über eine immense Menge an Elfenbein.
Zu sehen ist das Elfenbeinobjekt als Fund des Jahres in einer Kabinettausstellung von nun an bis zum 9. November 2025 im Urgeschichtlichen Museum.