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Kombinierte Vergabe von Planung und Bau

Der Kita- und Schulbetrieb im Bildungshaus Neckarpark soll im Sommer 2025 starten.
Privat)Stuttgart . Das Stuttgarter Bauunternehmen Wolff & Müller hat mit einem Entwurf seines Kooperationspartners, den Stuttgarter Architekten Glück und Partner, den Zuschlag für Planung und Bau eines Schulgebäudes erhalten. Rechtsanwälte von Menold Bezler unter Federführung von Frank Meininger hatten die Stadt Stuttgart bei der Konzeption und Durchführung des europaweiten Verhandlungsverfahrens vergabe- und vertragsrechtlich beraten.
Dabei entschied sich die Stadt für eine kombinierte Ausschreibung von Planungs- und Bauleistungen. Maßgebliche Argumente dafür waren hohe Erwartungen an Innovation und Qualität sowie Kosten- und Terminsicherheit. Die Bieter hatten im Vergabeverfahren also einen architektonischen Entwurf zu erarbeiten und dessen schlüsselfertige Umsetzung zum Pauschalfestpreis anzubieten.
Funktionale Ausschreibung ermöglicht Gestaltungsvarianten
In der Konzeption der Ausschreibung entschied sich die Stadt für eine funktionale Leistungsbeschreibung. Damit definieren Auftraggeber gewöhnlicherweise lediglich das gewünschte Ziel oder Ergebnis einer Leistung, lassen aber offen, wie Bieter dieses Ziel erreichen. Dieser lösungsoffene Ansatz ermöglicht Gestaltungsvarianten und bietet einen Wettbewerb um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, statt eines reinen Preiswettbewerbs.
Für die Ausschreibung wurden verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit festgelegt. Darunter etwa der Einsatz von zeitgemäßen wertigen Materialien und einer Fassadenbegrünung. Zudem wurde die Umsetzung des Gebäudes in Holzbauweise favorisiert. Diese war zwar nicht zwingend vorgegeben, führte jedoch bei den Zuschlagskriterien zu einer Besserbewertung.

Im ersten Schritt hatten die Unternehmen im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs ihre Eignung nachzuweisen. Allen voran mussten sie die Realisierung vergleichbarer Projekte nachweisen. Es mussten zum einen Referenzen für schlüsselfertige Bauleistungen mit einem geforderten mindestens realisierten Auftragsvolumen sowie zum anderen Referenzen für die Planung von Gebäuden und Innenräumen einer Bildungseinrichtung durch die Bewerber mit dem Teilnahmeantrag eingereicht werden. Damit wurde der Kreis der Bewerber auf Unternehmen beschränkt, die die erforderliche Qualifikation, Erfahrung und die nötigen Ressourcen mitbringen.
Auf diese Weise werden nur ausgewählte Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Dies spart Zeit und Aufwand sowohl für den Auftraggeber als auch für die Bieter, da nicht alle Interessenten ein vollständiges Angebot erstellen müssen.
Bei den Eignungsanforderungen für das Bildungshaus Neckarpark wurden keine speziellen Anforderungen an Holzbau gefordert, dies kann jedoch bei der Gestaltung von Eignungsanforderungen durchaus überlegt werden, wie beispielsweise den Nachweis eines zertifizierten Umweltmanagements oder Referenzen im Bereich Holzbauweise. Damit legt sich der Auftraggeber allerdings von Anfang an auf eine spezielle Bauweise fest. Grundsätzlich ist es wichtig, dass solche Eignungskriterien immer in einem objektiven Zusammenhang zur Leistung stehen.
Passend zur kombinierten Ausschreibung der Planungs- und Bauleistungen wurde für das Verfahren eine zweistufige Angebotsphase gewählt. In der ersten Stufe mussten die Bieter ein erstes indikatives Angebot zur Planung und den wirtschaftlichen Themen abgeben.
Bei der Planung wurden die städtebauliche Einbindung und architektonische Qualität des Bildungskomplexes sowie das Energie-/Haustechnikkonzept und Nachhaltigkeitsaspekte bewertet. Bei dem wirtschaftlichen Teil des Angebots wurde der Pauschalfestpreis bewertet. Es folgte eine zweite Stufe, für die die Bieter ihre Angebote überarbeiteten.
Qualitative Kriterien für die Auswahl des besten Angebots
Die ausschreibende Stelle hatte sich bewusst dafür entschieden, neben dem Preis auch qualitative Kriterien für die Auswahl des besten Angebots vorzusehen. Sofern die nachhaltige Beschaffung Gegenstand bei einer Ausschreibung werden soll, ist bereits bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung durch den Auftraggeber zu definieren, wie sich die Vorgaben zur Nachhaltigkeit erfüllen lassen. Der öffentliche Auftraggeber muss also von seinem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch machen und die bauliche Umsetzung in Holz-/Holzhybrid-Bauweise wie im Fall des Stuttgarter Schulgebäudes konkret abbilden.
Im Rahmen der Angebotswertung wurden dann die Kriterien mit dem besten Preis/Leistungsverhältnis ermittelt. Denkbar wäre aber auch eine lösungsoffene Ausschreibung mit Zuschlagskriterien wie dem Energieverbrauch oder dem CO 2 -Footprint gewesen. Die Vorgaben des Bauherrn zu Aspekten wie Städtebau, Architektur, Funktionalität, Energie und Nachhaltigkeit setzte der Siegerentwurf von Wolff & Müller/Glück und Partner unter anderem mit einer Fassadenbegrünung und großflächigen Photovoltaikanlagen um.
Bildungshaus Neckarpark
Der Kita- und Schulbetrieb des Bildungshauses Neckarpark soll voraussichtlich im Sommer 2025 starten. Bei dem Projekt der Stadt Stuttgart entsteht ein Bildungskomplex mit Kosten in Höhe von 93,6 Millionen Euro. Mit rund 7500 Quadratmetern Programmfläche bietet das Bildungshaus Platz für eine vierzügige Ganztagsschule, eine Zweifeld-Sporthalle, eine siebengruppige Kindertagesstätte sowie Räumlichkeiten für die Volkshochschule Stuttgart. Das Untergeschoss wurde als Stahlbetonsockel errichtet, die weiteren Geschosse in Holzbauweise realisiert.