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Diskussion in der Architektenkammer

Planer werben für Wettbewerbsverfahren

Planungswettbewerbe genießen bei Planern hohe Wertschätzung. Doch obwohl die Architektenkammer intensiv für offene Verfahren wirbt, begegnen viele öffentliche Auftraggeber dem Konzept mit großer Skepsis.
Fünf Personen stehen an Stehtischen, eine Person spricht ins Mikrofon.

Pro und contra Planungswettbewerbe: Jens Wittfoht, Thomas Treitz, Uwe Dahms, Birgit Priebe und Marcus Hille diskutieren in der Architektenkammer (von links).

Wolfgang Leja)

Stuttgart . Die Zahl der Planungswettbewerbe geht zurück. „Seit Jahresbeginn haben in Baden-Württemberg 41 stattgefunden, bis Jahresende dürften es gerade mal 60 werden,“ schätzt Fred Gresens, Architekt und Mitglied im Vorstand des Kammerbezirks Freiburg der Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW). Aus seiner Sicht „eine extrem niedrige Zahl“. „In der Regel hatten wir rund hundert im Jahr“, wie er am Dienstag auf einer Veranstaltung der Architektenkammer in Stuttgart zum Thema Wettbewerbsverfahren erklärte.

Das besorgt auch Thomas Treitz, der bei der Architektenkammer das Wettbewerbswesen verantwortet. „Begriffe wie Baukultur und Planungskultur spielen momentan eher eine untergeordnete Rolle“, sagte er. Als Verfechter von RPW-Wettbewerben versuchte Treitz mit Klischees aufzuräumen, sie seien „zu aufwendig, zu bürokratisch, zu teuer, dauerten zu lange und wären nur für repräsentative Projekte geeignet“. Wenn man das RPW-Verfahren richtig angehe, dauere es nicht länger und sei auch nicht teurer, betonte er. Denn egal welches Verfahren man wähle, es seien immer dieselben Schritte nötig: Vorbereiten, Teilnehmer auswählen, Bearbeitungsphase. Dafür böten Wettbewerbe ein buntes Spektrum an Lösungen und man müsse nur einmal die Preissumme ausschütten.

In den Kommunen fehlen oft die fachlichen Kapazitäten

Doch das scheint bei Verantwortlichen in den Kommunen nicht anzukommen, so Treitz. Er machte dafür eine gewisse „Prozessunfähigkeit“ verantwortlich. „Das ist kein Vorwurf an die Qualifikation, sondern hat oft mit Kapazitäten zu tun“, sagte er. Weil das Vergaberecht immer komplizierter werde, rücke die Rechtssicherheit in den Vordergrund. Damit würden zu oft Juristen die Verfahren dominieren. Ein weiteres Problem: „Bei Wettbewerben redet der Gemeinderat über jedes Komma mit, bei mehrfacher Beauftragung hat die Verwaltung relativ freie Hand. Das fördert die Wettbewerbszahlen nicht.“

Treitz zufolge gebe es allerdings ausreichend Möglichkeiten für einen „Wettbewerb light“. Um die Verfahren zu verschlanken, könne man bereits beim Bewerbungsverfahren ansetzen: „Da reicht oft eine DIN-A4-Seite.“ Wenn es mehr Bewerber gebe als Plätze, komme der Lostopf zum Tragen. Bei der Aufgabenstellung sollte man Treitz zufolge auf „überbordende Texte“ verzichten. Und beim Leistungskatalog könne man die Bearbeitungstiefe begrenzen und nur das fordern, was wirklich notwendig ist. Schließlich sollten sich Kommunen auf fünf Personen im Preisgericht beschränken.

Zur Debatte kam auch die Mehrfachbeauftragung, ein Verfahren, bei dem mehrere Architekturbüros gleichzeitig mit der Erarbeitung eines Entwurfs für ein Bauvorhaben beauftragt werden. „Die Mehrfachbeauftragung stellt keine wirkliche Alternative zum Wettbewerb dar“, sagte Marcus Hille von Hille Tesch Architekten und Stadtplaner in Mainz, Vorsitzender des Vergabe- und Wettbewerbsausschusses der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Sie sei teurer als ein Wettbewerb, da jedem Teilnehmer ein Vorentwurfshonorar zustehe. Zudem böte sie weniger Alternativen durch eine geringere Teilnehmerzahl als beim Wettbewerb. Überdies hätten junge und kleine Büros kaum Chancen, da die Auswahl in der Regel nach Referenzen erfolge. „Für mich gibt es keine bessere Alternative als den Wettbewerb“, sagte Hille.

Aus Sicht der Kommunen wandte Birgit Priebe, Baubürgermeisterin in Remseck, ein, dass man auch über die Nachteile von Wettbewerben reden müsse. „In einem Wettbewerbsverfahren bekomme ich am Ende ein Ergebnis, das quasi noch vor dem Vorentwurf liegt“, gab sie zu bedenken. Da könne man zum Thema Wirtschaftlichkeit noch gar nichts sagen. Und es gebe eben auch große, bekannte Verfahren wie etwa die Oper in Hamburg , wo Architektur und Wirtschaftlichkeit komplett aus dem Ruder gelaufen seien.

Uwe Dahms, Inhaber von C4C, einem Büro für Architektur, Projektsteuerung und Verfahrensbetreuung in Berlin, machte die Zurückhaltung bei Auftraggebern an der Frage fest: „Wie finde ich den passenden Planer aus der Flut an Architekten?“ Es gebe 112 000 registrierte Architekten und Landschaftsarchitekten in Deutschland, die in über 35 000 Planungsbüros arbeiten. „Der Bauherr braucht aber bloß drei“, so Dahms. Das sei ein Problem. Oft gebe es Ärger über die Zulassung, die oft an die Grenze des legal Zulässigen und darüber hinaus gehe. „Dafür gibt es das Losverfahren“, sagte Dahms. „Auch wenn dann das Glück eine Rolle spielt, ist das rechtssicher und legal.“

Die wirtschaftlichste Planung oder das wirtschaftlichste Projekt?

Dahms zufolge ziele die Vergabe zu oft darauf ab, „dass wir die wirtschaftlichste Planung bekommen, aber nicht das wirtschaftlichste Projekt“. Deswegen müsse die Frage erweitert werden: „Wie finde ich die besten Planer und gleichzeitig das beste Projekt?“ Dafür sei der Planungswettbewerb, wenn er gut gemacht ist, das beste Verfahren“, sagte er.

Lieber auf vertraute Dinge zurückgreifen

Birgit Priebe, Bürgermeisterin von Remseck gab zu bedenken, dass große Städte wie Stuttgart, auch kleinere wie Remseck, das nötige Fachpersonal für Wettbewerbsverfahren haben. Es gebe aber auch Kommunen ohne Fachpersonal, die offene Verfahren scheuten. Aus Sorge, dass das Verfahren nachher politisch entgleitet, werde man dort kaum ein offenes Verfahren vorschlagen und lieber auf vertraute Dinge zurückgreifen. Dafür müsse man Verständnis haben.

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