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Mangelhafte Markterkundung

Vergabekammer des Bundes kippt Direktvergabe

Eine Krankenkasse will eine Plattform für dermatologische Telekonsultationen im Wege einer Direktvergabe beschaffen. Doch Sie wird von der Vergabekammer zurück auf Los versetzt. Der Grund: Sie hatte nicht die Anforderungen an die erforderliche Markterkundung erfüllt. „Die Rechtsprechung hat derartige Direktvergaben reihenweise gekippt“, erklärt Christopher Theis, Fachanwalt für Vergaberecht bei Advant Beiten in Frankfurt.

Christopher Theis, Fachanwalt für Vergaberecht bei Advant Beiten in Frankfurt.

Privat)

Bonn . Die Vergabekammer Bund hat die Direktvergabe einer Krankenkasse an ein Unternehmen beanstandet, weil sie als öffentlicher Auftraggeber die Anforderungen an die erforderliche Markterkundung nicht erfüllt hatte. In dem Beschluss vom 28. Januar 2025 (VK 2-109/24) ging es um die Direktvergabe eines Auftrags für eine Plattform für dermatologische Telekonsultationen.

Fokus auf nur einen Bieter

Dafür nutzte die Krankenkasse ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach Paragraf 14 Absatz 4 Nummer 2 lit. b) Vergabeverordnung.

Dieses Vorgehen setzt voraus, dass der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Dies müssen öffentliche Auftraggeber mittels einer gut dokumentierten Markterkundung nachweisen können. „Wichtig dabei ist, nicht nur die aktuellen Marktverhältnisse in den Blick zu nehmen, sondern in einer Prognose auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass alternative Anbieter durch Adaption oder Innovation ihrer bisherigen Produkte ihre Leistungsfähigkeit bis zum Zeitpunkt der eigentlichen Leistungserbringung noch herstellen könnten. Die alternativen Anbieter müssen dafür sogar aktiv konsultiert werden“, sagt Christopher Theis, Fachanwalt für Vergaberecht bei Advant Beiten in Frankfurt.

Nach Ansicht der Vergabekammer Bund ist eine aktive Marktkonsultation nötig, um die Marktsituation im Hinblick auf den Beschaffungsbedarf sachgerecht und zuverlässig einschätzen zu können.

Laut Theis gebe es mittlerweile kaum noch eine denkbare Fallkonstellation, in der eine Direktvergabe wegen technischer Ausschließlichkeit im Oberschwellenbereich als zulässig erachtet werden könne. „Die Rechtsprechung hat derartige Direktvergaben jedenfalls reihenweise gekippt“, sagt er.

Vergaberechtler Theis rät öffentlichen Auftraggebern daher, sich künftig auch mit den Anbietern auf angrenzenden beziehungsweise vor- oder nachgelagerten Märkten zu beschäftigen und diese gegebenenfalls in einem Marktdialog nach ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zu konsultieren, um das gewünschte Produkt oder die Leistung innerhalb des Zeitraums bis zum Vertrags- beziehungsweise Leistungsbeginn entwickeln oder herbeiführen zu können.

Markterkundung mit EU-weiter Bekanntmachung veröffentlichen

„Die rechtssicherste, künftig vielleicht einzige Lösung dürfte dabei sein, die erforderliche Markterkundung selbst mit einer EU-weiten Bekanntmachung zu veröffentlichen“, sagt der Vergaberechtler. Theis gibt bei diesem Vorgehen aber zu bedenken: Wer eine europaweite Ausschreibung durch eine Direktvergabe vermeiden wolle, erzeuge also die Notwendigkeit einer europaweiten Marktkonsultation. „Die Zeit, die man bei einer Direktvergabe vielleicht einzusparen gedenkt, würde spätestens hierfür wieder benötigt werden“, erklärt Theis.

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