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Vergaberecht als Werkzeug, nicht als Hürde betrachten

Kommunen sollten beim Aus- oder Neubau von Kindertagesstätten ihre Gestaltungsspielräume bei der Konzeption des Vergabeverfahrens bewusst nutzen.
dpa/Westend61)Stuttgart . Kommunen unterliegen als öffentliche Auftraggeber beim Aus- oder Neubau von Kindertagesstätten beziehungsweise Kindergärten dem Vergaberecht. Entscheidet sich eine Kommune dafür, sollten zunächst die Anforderungen sowie der Bedarf konkret ermittelt werden – dies gilt sowohl für die pädagogischen als auch die baulichen Vorgaben.
Dabei stellt sich die Frage nach der Konzeption des Vergabeverfahrens. Werden die EU-Schwellenwerte überschritten, ist ein EU-weites Vergabeverfahren erforderlich. Die Kommune hat zudem zu entscheiden, ob die erforderlichen Planungs- und Bauleistungen jeweils getrennt oder kombiniert an einen Generalübernehmer vergeben werden sollen.
Gewerkeweise Ausschreibung oder gesamthafte Vergabe
Eine getrennte Vergabe anhand der einzelnen Planungsdisziplinen mit anschließender gewerkeweiser Ausschreibung erlaubt dem Auftraggeber eine bessere Steuerung, ist jedoch in der Umsetzung regelmäßig aufwendig. Hier erscheint die „Lösung aus einer Hand“ verlockend, denn sie bietet dem Auftraggeber im Rahmen des Vergabeprozesses oftmals eine Zeit- und Kostensicherheit. Auch bei der späteren Auftragsausführung sowie bei Gewährleistungsfragen steht dem Auftraggeber nur ein Ansprechpartner gegenüber. Allerdings reicht dies für sich genommen noch nicht aus, um eine solche gesamthafte Vergabe an einen Generalübernehmer zu begründen. Es müssen vielmehr wirtschaftliche und technische Gründe im konkreten Projekt vorliegen, die eine ausnahmsweise Abweichung von dem Grundsatz der losweisen Vergabe ermöglichen.
Denkbar sind hier beispielsweise besonders komplexe bautechnische Aspekte, insbesondere eine „lösungsoffene“ Ausschreibung, die eine Umsetzung sowohl in Massiv- als auch in Holzbauweise ermöglicht. Ebenso lässt eine Realisierung in Modulbauweise regelmäßig eine gesamthafte Vergabe der Planungs- und Bauleistungen zu, weil nur dadurch die Vorteile der modularen Errichtung voll ausgeschöpft werden können. Die Abwägung ist immer anhand des Einzelfalls des konkreten Projekts zu bewerten.
In der Regel beschränkt sich der Auftraggeber bei der gesamthaften Vergabe darauf, die wesentlichen Funktionen und Mindestanforderungen an das Bauwerk vorzugeben. Im Übrigen überlässt er es den Bietern, mit einem integrierten Planungswettbewerb die planerisch und wirtschaftlich in allen Aspekten beste Lösung – meist zum Festpreis – anzubieten.
Generell gilt: Kommunen sollten bei der Konzeption des Vergabeverfahrens ihre Gestaltungsspielräume bewusst nutzen. Dabei richtet sich die Wahl des passenden Verfahrens nach den konkreten Besonderheiten und Bedürfnissen des Projekts. Die Besonderheiten sollten dann in qualitativen Zuschlagskriterien wie Nachhaltigkeit, soziale Aspekte oder pädagogisch-funktionale Anforderungen an die Bauweise Berücksichtigung finden.
Auch wenn die Kommune den Platzbedarf nicht durch eigene Baumaßnahmen deckt, können vergaberechtliche Vorgaben zu beachten sein. Mietet eine Stadt oder Gemeinde ein bestehendes Gebäude an, um darin eine Kita zu betreiben, unterfällt die Anmietung regelmäßig nicht dem Vergaberecht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um einen „Bestellbau“ handelt, also die Anmietung einer noch zu errichtenden Immobilie, die nach den Vorgaben der Kommune und mit Bauverpflichtung errichtet wird. Hierbei handelt es sich um einen Bauauftrag, der den vergaberechtlichen Ausschreibungspflichten unterliegt.
Auch bei der Veräußerung eines kommunalen Grundstücks, das mit der Pflicht zur Errichtung von Kita-Räumlichkeiten einhergeht, kann ein vergaberechtlicher Bauauftrag vorliegen. Dies gilt grob dann, wenn die Kommune sich den späteren Zugriff auf die Räumlichkeiten sichert, indem sie diese beispielsweise anmietet, um dann die Kindertageseinrichtung selbst zu betreiben. Dies hat zur Folge, dass für das gesamte Projekt ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen ist. Lässt die Kommune dem Investor hingegen frei, selbst einen Kita-Betreiber als Mieter zu finden, ergibt sich in der Regel noch kein Bauauftrag.
Projekte rechtssicher, effizient und partnerschaftlich umsetzen
Ob bei der baulichen Umsetzung oder bei Grundstücksgeschäften: Das Vergaberecht kann dazu dienen, faire, transparente und wirtschaftliche Entscheidungen im öffentlichen Interesse zu ermöglichen. Wer die rechtlichen Grundlagen kennt, kann Projekte nicht nur rechtssicher, sondern auch effizient und partnerschaftlich umsetzen – und den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen erfolgreich vorantreiben.
Schwellenwerte beachten
Überschreitet das Bauprojekt die Aufragsschwelle von derzeit 5,385 Millionen Euro netto (reine Baukosten), müssen die Leistungen EU-weit ausgeschrieben werden. Bei den zu erbringenden Planungsleistungen liegt der Schwellenwert für eine EU-Ausschreibung mit 221 000 Euro deutlich darunter. Zumindest derzeit noch sind die Planungsdisziplinen dabei in Summe zu betrachten.