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Stuttgart 21

Gäubahn könnte bis Ende 2026 zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren

In den Streit um die Kappung der Gäubahn kommt Bewegung. Möglicherweise ist zumindest die monatelange Unterbrechung vor Inbetriebnahme von Stuttgart 21 noch abzuwenden. Der Protest der Gäubahn-Anlieger gegen die drohenden Reisezeitverlängerungen könnte sich auszahlen.

Seit 1879 verbindet die Gäubahn Zürich und Stuttgart. Bald soll sie in Stuttgart-Vaihingen enden - vorläufig, wie die Deutsche Bahn betont.

dpa/Felix Kästle)

Stuttgart. Seit Jahr und Tag verkündet die Deutsche Bahn, dass Stuttgart 21 (S21) nur fertiggestellt werden könne, wenn einige Monate zuvor die Gäubahn gekappt wird. Ebenso lang behaupten die Projektgegner das Gegenteil. Bald kommt es zum Schwur, denn der Fertigstellungstermin des Bahnprojekts im Dezember 2026 rückt immer näher. Und nun zeigt sich, dass es möglicherweise doch noch Spielraum gibt: In der 35. Sitzung des S21-Lenkungskreis versprach Bahnvorstand Bertold Huber am Montag im Stuttgarter Rathaus, die Frage „ergebnisoffen“ zu prüfen.

Konkret geht es um die neue Station Mittnachtstraße und deren Anbindung ans S-Bahnnetz. Diese sei, so die Deutsche Bahn in der Vergangenheit, nur möglich, wenn zuvor ein Damm abgetragen werde, über den die Gäubahn zum Hauptbahnhof rollt. Angesichts der massiven Proteste aus den Anliegerkommunen der Gäubahn, die Zürich und Stuttgart verbindet, scheint nun ein Umdenken stattzufinden. Zu Details äußerte sich Huber am Montag nicht, aber es wäre zum Beispiel denkbar, dass der S-Bahnverkehr ruht, bis der Anschluss des neuen S-Bahn-Halts fertiggestellt ist. Denn der Damm steht nur einer Interimsstrecke im Weg, die genutzt werden soll, bis der neue Halt ans S-Bahnnetz angeschlossen ist.

Anliegerkommunen fürchten, dass Fahrgäste „im sprichwörtlichen Nichts stranden“

Damit wäre auch das Szenario abgewendet, dass Fahrgäste „im sprichwörtlichen Nichts stranden“, wovor Guido Wolf (CDU), ehemaliger Justizminister und Vorsitzender des Interessenverbands Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn, vor einer Woche warnte. Denn just in der Zeit zwischen der bislang geplanten Kappung der Gäubahn im Frühjahr und der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Dezember plant die Bahn im Sommer 2026 eine wochenlange Unterbrechung der S-Bahn-Stammstrecke. Fahrgästen bliebe keine andere Möglichkeit, als zwischen Stuttgart-Vaihingen , dem dann neuen Endbahnhof der Gäubahn, und dem Stuttgarter Hauptbahnhof die Stadtbahn zu nehmen. Oder den Schienenersatzverkehr. Fahrzeitverlängerungen von einer halben Stunde oder mehr wären kaum zu vermeiden.

Bahnvorstand Huber machte gleichzeitig klar, dass nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 auf jeden Fall in Stuttgart-Vaihingen Schluss ist, jedenfalls so lange, wie der Pfaffensteigtunnel nicht existiert. Dieser rund elf Kilometer lange Tunnel soll ab 2032 die Gäubahn mit dem Flughafen verbinden. Von dort können dann die Züge in sechs Minuten den neuen Hauptbahnhof erreichen. Huber rechnet damit, dass der Planfeststellungsbeschluss für den knapp eine Milliarde Euro teuren Pfaffensteigtunnel bis Ende 2025 steht.

Nicht nur beim Thema Gäubahn gab es aus Sicht der Projektpartner Land, Stadt und Region Positives zu berichten. Huber bekannte sich auch zur dritten Stufe der Digitalisierung: Bis 2032 solle das Stuttgarter S-Bahnnetz vollständig auf das Europäische Zugbeeinflussungssystem ETCS umgerüstet werden. Dann entstehe der weltweit erste digitale Knoten für eine gesamte Region. Huber äußerte sich optimistisch, dass der Bund die Mittel bereitstellt und der Finanzierungsvorbehalt des DB-Aufsichtsrats fällt.

2026 sind doppelt so viele Streckensperrungen wie 2025 geplant

Gleichzeitig kommen weitere Zumutungen auf die Pendler zu, wie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) berichtete. 2026 werde es doppelt so viele Streckensperrungen geben wie 2025. Die Alternative wäre eine erneute Verschiebung des Fertigstellungstermins von Stuttgart 21 gewesen. Dies wolle jedoch keiner der Partner.

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sprach von einem Wechselbad der Gefühle. Dem „mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ feststehenden Einweihungstermin stünden Streckensperrungen in zeitlich und räumlich völlig neuen Dimensionen gegenüber. „Das steilste Stück“ auf dem Weg zu Stuttgart 21, pflichtete ihm Regionalpräsident Rainer Wieland (CDU) bei, komme erst noch. Entscheidend sei, dass die Streckensperrungen rechtzeitig angekündigt und nicht wenige Tage zuvor, damit sich die Pendler einstellen könnten. Darum soll sich nun eine Taskforce kümmern.

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