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Heimsheims Bürgermeister klagt gegen eigenen Rat

Doro Moritz, SPD-Rätin und Teil der Heimsheimer Mehrheitsfraktionen (links) und Bürgermeister Jürgen Troll.
dpa/Marijan Murat // privat)Heimsheim. Bis zum Frühjahr war die Sache für Jürgen Troll klar. Der parteilose Bürgermeister von Heimsheim konnte Bewerber bis zur Entgeltgruppe acht einstellen, ohne sich beim Gemeinderat rückversichern zu müssen. Troll machte das, obwohl ihm die Hauptsatzung nur ein Einstellungsrecht bis zur Entgeltgruppe sechs erlaubte. In der Enzkreis-Stadt (5500 Einwohner) hatte der Gemeinderat bei Trolls Vorgehen lange ein Auge zugedrückt. Der Tarifvertrag, der der Hauptsatzung zugrunde liegt, wurde nämlich geändert. Tätigkeitsbeschreibungen der Entgeltgruppe sechs galten seit 2017 auch für die Gruppe acht. Die Änderung ließ Troll in der Satzung nicht nachvollziehen. Es habe keinen Handlungsdruck gegeben, die Räte gaben sich kulant – bis zur Kommunalwahl 2024.
Das Landratsamt in Pforzheim hatte auf die Diskrepanz zwischen Trolls Kompetenz und seiner Einstellungspraxis hingewiesen. Der Bürgermeister wollte die Sache bereinigen und legte im Mai 2025 dem Gremium den Vorschlag für die Hauptsatzung vor, ihm die Entscheidungskompetenz bis zur Entgeltgruppe E 8 zu gewähren. Doch der neue Rat änderte den Vorschlag ab: Im Sozial- und Erziehungsbereich darf der Bürgermeister bis zur gewünschten Gehaltsklasse einstellen – der Mehrheit der Stellen. Für die rund 60 Stellen im Technik- und Verwaltungsbereich soll Troll nur bis E 4 entscheiden, also über Gehälter zwischen 2450 und knapp 3500 Euro.
Widerspruch beim Rat und dem Landratsamt
Troll legte beim Rat und beim Landratsamt Widerspruch ein und schickte eine Kommunalverfassungsklage ans Verwaltungsgericht Karlsruhe. „Die Gemeindeordnung gibt dem Bürgermeister das Recht, über die laufende Verwaltung zu entscheiden, und dazu gehört die Einstellung von Mitarbeitern ohne Führungs- oder herausgehobene Aufgaben“, sagt Troll. Der Rat hat nun entschieden, den Streit auszufechten.
Dass ein neues Gremium nach der Wahl anders auf die Dinge schaut als das alte, räumt Troll ein. Allerdings grenze die Gemeindeordnung das Einstellungsrecht des Gemeinderates ein. Zwar habe das Gremium die Oberhand bei Personalfragen, aber ausdrücklich nur bis zu den Belangen der laufenden Verwaltung, und diese beginnen nach Trolls Auffassung bei E 8. Eine Begründung für die Haltung des Rates fehlt dem Bürgermeister obendrein bis heute.
„Wir wollen wissen, wer im Rathaus arbeitet“, erklärt auf Staatsanzeigeranfrage Doro Moritz, als SPD-Rätin Teil der Heimsheimer Mehrheitsfraktionen. Die ehemalige Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft verlangt ein Mitspracherecht des Rats über die Beschäftigten im Kernbereich der Verwaltung – im Rathaus. Bisher habe der Bürgermeister keine schlechte Auswahl getroffen, aber die Ratsmehrheit von CDU, SPD, Freie Wähler und einer weiteren Wählervereinigung wäre gerne beteiligt.
Verfügungsrecht soll eingeschränkt werden
Das Konfliktpotenzial reicht noch weiter. Ein weiterer Antrag soll das Verfügungsrecht über Rechtsgeschäfte beschränken und die Wertgrenzen bei Grundstücksgeschäften auf 5000 und bei Haushaltsmitteln auf 10.000 Euro halbieren. Transparenz nennt Moritz als Begründung.
„Das schafft nur zusätzlich Bürokratie“, erwidert Troll, der mit viel mehr Ratsvorlagen für diesen Fall rechnet. Dass der Antrag, den er bis zum Urteil erst mal nicht abstimmen lassen will, durch einen Regelverstoß begründet sei, schließt er aus. Es habe einen Fehler bei einem Leasingvertrag gegeben, bei dem eine übersehene Restzahlsumme die Grenze geknackt habe. „Das war aber ein Versehen und passierte ohnehin vor der Kommunalwahl 2024“, sagt Troll.
Mittlerweile hat der Bürgermeister wenig Vertrauen in „bestimmte“ Räte. „Der Gesetzgeber gibt dem Bürgermeister die Rolle als Alpha-Tier. Wenn wir daneben weitere Alpha-Tiere haben, bekommen wir ein Problem“, sagt Troll. Dagegen betont Moritz, dass die Anträge nicht aus Unmut über den Bürgermeister gestellt worden seien. Doch ist sie mit Trolls Amtsführung nicht einverstanden. Einen beratenden Kindergartenausschuss lehne Troll teils mit Befangenheitsargumenten ab. „Von Beteiligung hält der Rathauschef offenbar wenig“, sagt die Rätin.
Skepsis, ob Einstellungen zur laufenden Verwaltung gehören
Tatsächlich könne eine Hauptsatzung die Hoheit eines Bürgermeisters über laufende Verwaltungsgeschäfte nicht einschränken, das verhindere die höherrangige Gemeindeordnung, meint Volker Haug, Professor für öffentliches Recht an der Hochschule in Ludwigsburg. Dass unbefristete Einstellungen in einer kleinen Kommune zu diesen Rechten zählen können, hält er mindestens bei mittleren oder höheren Stellen für kaum denkbar. Zu den sonst zulässigen untergeordneten Rechtsgeschäften würde die Einstellung eine Unwucht bilden, so die Einschätzung des Juristen.