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Umfrage 

„Weckruf“: Gemeindetag fordert Bund zum Handeln auf

Der Gemeindetag hat seinen Mitgliedskommunen mit einer Umfrage den Puls gefühlt. Viele Bürgermeister fordern weniger Bürokratie und realistischere Vorgaben. Priorität hat für sie aber die prekäre Finanzsituation. 

Brücken, Schulen, Katastrophenschutz: Hier muss der Staat besonders viel Geld investieren, so das „Kommunalbarometer BW“ des Gemeindetags.

Fotos (von rechts nach links): ©valentynsemenov via Canva.com, imago/Sven Simon, ©S_Bachstroem via Canva.com // Collage: Rieke Stapelfeldt)

Stuttgart. Vier von fünf Kommunen sehen die Stärkung der Kommunalfinanzen als die wichtigste Aufgabe an. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Gemeindetags hervor. Für das „Kommunalbarometer BW“ befragte der Gemeindetag die Oberbürgermeister und Bürgermeister seiner 1065 Mitgliedsstädte und Mitgliedsgemeinden. Geantwortet haben zwischen dem 6. Mai und dem 9. Mai 685 Kommunen.

Auf eine kurzfristige Lösung der schwierigen Situation hatten sich das Land und die Kommunalverbände am vergangenen Freitag geeinigt . Für Gemeindetagspräsident Steffen Jäger ist das aber nur ein erster Schritt. Mit Blick auf die Umfrage-Ergebnisse spricht Jäger von einem „Weckruf und Auftrag an alle, die politisch Verantwortung tragen“.

Die Umfrage unter den Rathauschefs zeigt eindrücklich, wie sich die Finanzprobleme in den Haushalten der Kommunen auswirken: Besonders unter Druck stehen die Ausgaben aus dem laufenden Betrieb und die Abschreibungen. Das hat Folgen: Rund 91 Prozent der Bürgermeister geben an, dass sie deshalb Investitionen aufschieben. Knapp 82 Prozent wollen Steuern, Gebühren und Entgelte erhöhen, 63 Prozent ziehen die Schließung von Einrichtungen beziehungsweise die Kürzung von Leistungen in Betracht.

Knapp 60 Prozent halten Recht auf Ganztag für noch nicht umsetzbar

Aufhorchen lassen die Antworten zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Ob dieser zum 1. August 2026 umsetzbar sei, wollte der Gemeindetag wissen. Knapp 60 Prozent der Befragten verneinen dies: 16 Prozent davon sehen strukturelle Hürden, die das Betreuungsangebot für Grundschüler unmöglich machen. Rund 43 Prozent sehen den Anspruch erfüllbar, allerdings nur mit längeren Übergangsfristen und ausreichender Finanzierung. Nur rund drei Prozent halten den Rechtsanspruch bereits jetzt für „vollständig umsetzbar“.

Wo müssten Kommunen am dringendsten investieren? Den größten Bedarf sehen die Befragten bei Brücken und Straßen, gefolgt von Schulen, Feuerwehr sowie Zivil- und Katastrophenschutz (siehe Grafik).

Der Gemeindetag wollte von seinen Mitgliedskommunen auch wissen, was diese über die Umsetzbarkeit politischer Entscheidungen vor Ort sagen. Die befragten Städte und Gemeinden fordern, dass die Bundesregierung Entscheidungen stärker an den Ressourcen und Realitäten vor Ort ausrichtet. Dafür brauche es mittelfristig eine ehrliche gesamtstaatliche Reform. Diese müsse die erfüllbaren staatlichen Aufgaben definieren – auf der Grundlage der verfügbaren Ressourcen.

Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung sind drängendste Themen

84 Prozent fordern deshalb, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben und die Daseinsvorsorge konzentriert. 67 Prozent wünschen sich eine verlässliche und klare Kommunikation mit den Bürgern. Eine Konsolidierung konsumtiver Ausgaben (60 Prozent) sowie zugleich eine hohe Priorität auf Verteidigungsfähigkeit (36 Prozent), halten die Städte und Gemeinden für dringend geboten, so der Gemeindetag.

Eine klare Botschaft richten die Bürgermeister an das neue Bundesministerium für Verwaltungsmodernisierung: 93 Prozent der Befragten sehen in Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung die drängendsten Themen, noch vor Migrationspolitik (69 Prozent) und Digitalisierung (40 Prozent).

Sondervermögen Infrastruktur unbürokratisch verteilen

Für eine nachhaltige Stabilisierung der Finanzen richten sich die Hoffnungen der Kommunen auf den Bund: Baden-Württemberg stehen 13 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu. Die Städte und Gemeinden erwarten hier eine unbürokratische Abwicklung über pauschale Zuweisungen mit schlankem Verwendungsnachweis (63 Prozent). Eine Auszahlung über die kommunale Investitionspauschale (KIP) bevorzugen 34 Prozent der Befragten. Bei den Investitionen soll keine inhaltliche Beschränkung (87 Prozent) erfolgen und allenfalls eine geringe Kofinanzierung erforderlich sein.

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