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Weil der Stadt beschließt Klage gegen den SWR

Weil der Stadt hat 120 alte Obstbäume fällen lassen. Der SWR habe darüber falsch berichtet, kritisiert der Bürgermeister.
Achim Zweygarth)Weil der Stadt. Mit großer Mehrheit (17 Ja-Stimmen, 5 Nein, 2 Enthaltungen) beschloss der Gemeinderat von Weil der Stadt eine Klage gegen den Südwestrundfunk. Grund ist die Berichterstattung über die umstrittene Rodung von 120 Streuobstbäumen.
Ende November 2024 hatte die Stadt nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart die Bäume für das Baugebiet Häugern-Nord innerhalb von zwei Stunden fällen lassen. Das Vorgehen hatte für viel Kritik von Verbänden und Politikern gesorgt. Der BUND und der Naturschutzbund Baden-Württemberg warfen der Stadt im Kreis Böblingen vor, trotz angekündigter Klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof vollendete Tatsachen geschaffen zu haben. Im Februar bestätigte der Verwaltungsgerichtshof jedoch die Rechtmäßigkeit der Rodung.
Walter: Berichte waren ungenau oder falsch
Bürgermeister Christian Walter (parteilos) wirft dem SWR mangelhafte Recherche vor. Berichte über einen angeblichen Polizeischutz, den Einsatz von Holzvollerntern und die geplante Bebauung mit vor allem Einfamilienhäusern seien teils ungenau oder falsch gewesen. Auch sei in der Berichterstattung offen gelassen worden, ob ein gerichtliches Verbot für die Fällungen vorlag oder nicht. Der SWR änderte daraufhin Beiträge und ergänzte Korrekturhinweise. Eine formelle Programmbeschwerde der Stadt blieb jedoch erfolglos. Der Rundfunkrat erkannte zwar Fehler, ließ die Beschwerde aber nicht zu.
Die Stadt will nun gerichtlich klären lassen, ob der SWR gegen seine eigenen Programmgrundsätze verstoßen hat, nämlich gewissenhaft, wahrheitsgetreu und sachlich zu berichten. Der SWR betont auf Anfrage, dass sowohl der Sender selbst als auch der Landesprogrammausschuss im Beschwerdeverfahren keine Verletzung der Grundsätze erkannt haben. „Warum nun in exakt der gleichen Sache auch noch ein Gerichtsverfahren angestrengt werden soll, kann nur Herr Walter beziehungsweise die Stadt Weil der Stadt beantworten“, so eine Sprecherin.
In der Debatte im Gemeinderat gab es auch kritische Stimmen, etwa mit Blick auf die Belastung der Verwaltungsgerichte. Walter argumentierte vor dem Gremium: „Es ist extrem wichtig, dass wir einen unabhängigen, qualitativ hochwertigen und im Zweifel öffentlich finanzierten Rundfunk haben“. Die deutschlandweit abrufbare Berichterstattung habe ein negatives und falsches Bild vom Handeln der Stadtverwaltung vermittelt.
Die Klage ist juristisches Neuland
Wegen des niedrigen Streitwerts hätte es für die Klage eigentlich keinen Gemeinderatsbeschluss gebraucht. Walter wollte hierfür jedoch ein politisches Mandat des Gemeinderats einholen, teilt die Stadt mit. Die Klage auf Feststellung eines Verstoßes gegen die Programmgrundsätze sei juristisches Neuland, ein solcher Fall ist der Stadtverwaltung nicht bekannt, dem SWR auch nicht.
Ein entsprechendes Urteil hätte laut der Kommune für den aktuellen Fall „eine rein deklaratorische Wirkung“. Für die zukünftige Berichterstattung des SWR sieht die Stadt „allerdings eine Bindungs- und Signalwirkung“. Die Prozesskosten würden von der Rechtsschutzversicherung weitestgehend übernommen.