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Einzelhandel

Wie Innenstadtberater für die attraktive City arbeiten

Viele Innenstädte und insbesondere der Einzelhandel haben es seit Jahren schwer, die Geschäfte am Laufen zu halten. Zu viele negative Einflüsse kommen zusammen, die Zeiten blühender Innenstädte scheinen gezählt. Die Industrie- und Handelskammern unterstützen die Kommunen bei der Analyse der Situation.

Nicht überall ist die Aufenthaltsqualität so hoch in Bruchsal wie am Schlosstor.

dpa/imageBROKER/Jürgen Wackenhut)

Karlsruhe/Bruchsal. Um zu wissen, dass es um die Innenstädte nicht gut bestellt ist, reicht ein Gang durch eine Stadt mit 10 000 bis 50 000 Einwohnern: Leerstand, häufig wenig Frequenz und auch sonst kaum etwas, was den Menschen einen Bummel entlang der Schaufenster attraktiv erscheinen ließe. Die Corona-Pandemie, so eine viel beschworene These, habe wie ein Brandbeschleuniger gewirkt und alte Probleme offengelegt. Michael Rausch ist Innenstadtberater der Industrie- und Handelskammer (IHK) und hilft genau diesen Kommunen, den Zustand zu analysieren. Es ist die Grundlage dafür, die Antwort auf die Frage der Zukunft der Innenstädte zu suchen.

Städte rund um Karlsruhe in der Untersuchung

Malsch, Gaggenau, Ettlingen oder Rastatt – diese Städte hat Michael Rausch schon untersucht. Bühl, Stutensee, Bretten und Bruchsal seien im laufenden Verfahren. Bei der Analyse helfen vier Instrumente, die am Ende ein möglichst umfangreiches Bild vom Zustand einer Innenstadt liefern sollen. Und das aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.

„Wir schauen uns an, wie der Branchenmix im Einzelhandel aussieht“, benennt er den ersten Baustein. Dabei wird auch in den Blick genommen, wo die aktuellen Leerstände sind, wie es um die Erreichbarkeit einer Innenstadt aussieht und wie die Aufenthaltsqualität einzuschätzen ist. Mit beteiligt sind hier die Vertreter des örtlichen Handels oder der jeweiligen City-Initiativen.

Leerstände, Erreichbarkeit und Aufenthaltsqualität sind bedeutsam

Zweiter Baustein ist eine Besucherbefragung. In Bruchsal fand diese Befragung an zwei Tagen im vergangenen Juli statt. Rund 200 Personen haben sich daran beteiligt. Auch eine Online-Umfrage wurde geschaltet, bei der weitere 500 Personen mitgemacht haben. „Erfahrungsgemäß ist es so, dass die Innenstadtakteure in der Bewertung kritischer sind als die Besucher.“ Allerdings: Online fielen die Bewertungen eine Dreiviertelnote schlechter aus als bei einer analogen Befragung.

Ein Schaufenstercheck ist der dritte Baustein. Dafür hat die IHK Karlsruhe eine Schaufenstergestalterin aus Köln engagiert, die Auslagen von acht Einzelhandelsgeschäften unter die Lupe nahm. Eine zweite Runde mit weiteren acht Läden fiel mangels Interesse aus. Schließlich wurden die Passanten an mehreren Standorten in der Innenstadt gezählt. Die Messungen ermöglichen Rückschlüsse auf die Gesamtbesucherzahlen und Antworten auf die Frage, welche Einflüsse Tageszeit und Wochentag auf die Frequenz haben.

Jahreszeiten wirken sich wenig auf Passantenfrequenz aus

Für Bruchsal wurde etwa ermittelt, dass es keine signifikanten jahreszeitlichen Unterschiede bezüglich der Passantenfrequenz gibt, dass aber Veranstaltungen Ausschläge erkennbar werden ließen. Insgesamt schneidet Bruchsal noch vergleichsweise gut ab: Die Stadt erreicht beim Branchenmix oder der Aufenthaltsqualität vier von fünf Punkten. Kritisiert wird die Distanz zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt. Der Stadtbus, der Besucher an den Rand der Fußgängerzone bringt, werde schlecht angenommen.

Liegen alle Ergebnisse vor, dann wird ein Maßnahmenpaket zusammengestellt, das ein mögliches tragfähiges Zukunftskonzept für die jeweilige Innenstadt aufzeigt. Für Bruchsal könnte ein Lenkungskreis wiederbelebt werden, um weitere Entwicklungen anzustoßen. Außerdem sollen die ruhigen und grünen Aufenthaltsorte in der Innenstadt vermehrt werden.

Kostenlose Beratung dank Fördergeld vom Ministerium

„Langfristig“, glaubt Rausch, „müssen Innenstädte als multifunktionale Räume konzipiert werden, die neben Konsum auch Wohnen, Kultur, Bildung und Freizeit integrieren.“ Dies könne Innenstädte langfristig stärken. Hindernis ist aber aus seiner Sicht der fehlende Zugriff auf Gebäude durch die Kommunen. Dies begrenze deren Einfluss auf die Entwicklung. Daher brauche es eine enge Zusammenarbeit zwischen Kommunen und den Eigentümern. Insgesamt spielt auch der große Bereich der Digitalisierung eine Rolle, der sich die Einzelhändler stellen müssen.

Gefördert vom Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, unterstützen Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg seit 2021 Kommunen bei der Belebung ihrer Innenstädte. Beteiligt sind die Kammern in Stuttgart, Konstanz, Rhein-Neckar, Reutlingen, Freiburg, Villingen-Schwenningen, Heilbronn, Pforzheim und Ulm. Die Ergebnisse der kostenlosen Beratung werden mit Innenstadtakteuren und Entscheidungsträgern bewertet. Über Maßnahmen entscheiden die Gemeinderäte.

Marcus Dischinger

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