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Ausstellung „Schöner Wohnen“: Die Hoffnung auf eine bessere Welt

Auch eine Wohnvision von Verner Panton ist in der Tübinger Schau vertreten.
Metz)Tübingen. Faszinierend und inspirierend als Idee, aber doch wenig verlockend zum Wohnen – die Vision des Architekten Kishō Kurokawa wurde 1972 als Nakagin Capsule Tower in Tokyo realisiert. Derzeit steht ein Baustein beziehungsweise eine Kapsel des Turms im Skulpturenhof der Kunsthalle Tübingen, wo bis zum 19. Oktober die Ausstellung „Schöner Wohnen“ zu sehen ist. Sie zeigt über 100 Architektur- und Wohnkonzepte von Künstlerinnen und Künstlern, Architektinnen und Architekten aus den vergangenen 100 Jahren.
Die Schau ist in Kooperation mit dem Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main als Hauptleihgeber entstanden und mit studentischen Beiträgen der Hochschule Darmstadt und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart angereichert.
Auch die Entwicklung der Architekturzeichnung ist Thema
Thema ist auch die Entwicklung der Architekturzeichnung hin zum KI-generierten Entwurf. „Architekturzeichnungen und -pläne haben für mich ihren ganz eigenen Reiz, weil in ihnen nicht nur die Haltung der Architekt*innen, sondern der Zeitgeist zum Ausdruck kommt“, sagt Nicole Fritz, Direktorin der Kunsthalle Tübingen. „Nicht selten sind sie, mit Ernst Bloch gesprochen, auch Ausdruck einer ‚Hoffnung nach einer besseren Welt‘.“
Die Kapsel von Kurokawa, die wie eine überdimensionale Waschmaschine mit Bullauge aussieht, ist nurmehr ein Relikt des Turms in Tokyo; er wurde 2022 abgerissen. Dank des Enkels des Kunsthallen-Stifters konnte eine Kapsel für die Kunsthalle gesichert werden. Das Tiny House im Extremformat ist rund neun Quadratmeter klein, was vier Tatami-Matten entspricht. Es enthält ein Bett, eine Badekabine, Schränke. Kurokawa stapelte 140 dieser Wohnmodule auf zwei Etagen Büroeinheiten zu insgesamt 13 Stockwerken aufeinander und schuf so Wohnraum in der von Wohnungsnot geprägten Megacity.
Nahezu alle in der Kunsthalle präsentierten Zeichnungen, Modelle und Installationen sind Ausdruck des Zeitgeistes, manche sind pragmatisch, andere eröffnen Fantasiewelten.
Eine Blase zum Frischlufttanken in einer abgasverseuchten Stadt
Der „Wohnraum im Raum“ des Architektenkollektivs Haus-Rucker-Co von 1967, als begehbare durchsichtige Blase konzipiert, ist zum Frischlufttanken in einer abgasverseuchten Stadt gedacht, der „Architekturheilvorschlag“ von Friedensreich Hundertwasser flicht in seine Bauten Bäume mit dem Ziel der Harmonie von Architektur und Natur und die „Alpine Architektur“ (1917–1919) des Stadtplaners Bruno Taut entfaltet sich als unbewohnbare Kristalllandschaft.
Die Schau solle nicht nur zu einem vertieften Blick auf die Architektur anregen, wie Fritz dann auch betont, „sondern soll auch inspirieren, darüber nachzudenken, wie wir wohnen und was wir für ein ‚gutes‘ Leben in Zukunft brauchen.“