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Managen und Wahrsagen

Florian Zejewski residiert in Hamburg und nennt sich selbst „Verwaltungspunk“ und will unkonventionelle Ideen in den öffentlichen Dienst einbringen. Er hat in Mannheim, Tübingen und Bielefeld studiert und berät Kommunen, Behörden oder Hochschulen für bessere Prozesse.
Privat)„Florian, bewirb dich doch mal im Digitalministerium – da braucht man einen wie dich.“ – Das höre ich in letzter Zeit immer wieder und hab mich daher einmal umgehört, wie die Chancen für mich stehen, als ich beim „Online Marketing Rockstars“ Kongress aus erster Hand erfuhr, dass das größte Vermögen in Deutschland das Beharrungsvermögen ist.
Dann bin ich gedankenversunken über die Ausstellung spaziert und habe am Stand einer Zeitung eine Wahrsagerin getroffen, die ich über die Zukunft Deutschland befragt habe – da mir bisher keiner so richtig sagen konnte, ob man jetzt Hoffnung haben kann oder alles so weitergeht wie bisher. Sie hat mir von der Bewerbung abgeraten, da die Sterne gerade nicht gut stehen.
Auch in der Vergangenheit standen die Sterne manchmal nicht gut, als Kennzahlen und Zielrichtungen ausgetauscht wurden, weil wieder irgendeine Krise war oder man das Innovationsprojekt nicht weiter verfolgen darf, weil es kein Geld für „so einen Schwachsinn gibt“ – sodass wir uns Kollegenkreis eine Glaskugel besorgt haben, um so zu erfahren, wie es in unserer Abteilung und mit unseren Prozessen weitergeht, da wir von unseren Führungskräften kaum Inhaltliches erfuhren.
Zukunftsplanung in der Verwaltung ist wie im echten Leben oft Kaffeesatzleserei im Workshopformat: Was könnten die Führungskräfte gemeint haben? Ist es ernst gemeint oder nur so daher gesagt? „Lasst uns in die Glaskugel schauen!“ Man weiß sich schließlich zu helfen.
Kürzlich hörte ich von einer Führungskraft, dass er nun Future Visioning macht und Zukunftsszenarien erstellt, um sich visionär aufzustellen. Ich hoffe, er behält seinen Job und wird nicht ausgelacht: Denn künstliche Intelligenz ist eine Riesenchance, sobald wir den guten alten Brief endlich verabschiedet haben. Neben ritualisierter Hoffnungsverbreitung und Sonntagspredigten haben wir doch insgeheim schon einen Fahrplan für die Zukunft: Wir nennen es Glaskugel – denn irgendwie ist doch jeder von uns ein Wahrsager, oder?