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„Wir brauchen einen Mietendeckel“

Sahra Mirow ist überzeugt, dass die Linke auch künftig im Bundestag eine wichtige Rolle spielen muss.
Joe Phol)Staatsanzeiger: Wie ist Ihr Verhältnis zum BSW?
Sahra Mirow: Das BSW hat sich entschieden, eine eigene Partei zu gründen. Das nehme ich zur Kenntnis, aber es tangiert mich wenig. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die Linke, denn ich denke, die Linke wird auch im nächsten Bundestag gebraucht und füllt eine wichtige Lücke in der Parteienlandschaft aus. Insofern spielt das BSW für mich keine große Rolle.
Nach Umfragen liegen das BSW und Die Linke derzeit bei etwa vier Prozent. Hat die Spaltung den Linken gutgetan?
Unser inhaltliches Profil ist durch die Trennung gestärkt worden. Es ist jetzt sehr klar, wofür die Linke steht, ohne dass unsere Kernpositionen immer wieder angegriffen werden. Wir sind die Partei der Menschenrechte. Wir beteiligen uns nicht an dem Spiel, das auch das BSW und andere Parteien im Bundestag spielen, nämlich soziale Probleme auf dem Rücken von Menschen auf der Flucht auszutragen. Unser Ziel ist es, mit deutlich über fünf Prozent in den Bundestag einzuziehen. Natürlich haben wir auch eine Art Lebensversicherung: Wir haben eine Reihe von Direktwahlkreisen, in denen wir stark sind und die wir gewinnen wollen.
Sie verzeichnen viele Neueintritte.
Das ist wirklich toll. Nicht nur nach der Trennung, sondern auch seit dem Bruch der Ampel haben wir auf Bundesebene und auch hier in Baden-Württemberg tausende Neumitglieder gewonnen. Wir sind so groß wie noch nie, und darüber freuen wir uns enorm. Diese Menschen kommen aus allen Altersgruppen, aus den Städten und vom Land. Viele von ihnen sind sehr schnell aktiv geworden. Sie helfen bereits im Wahlkampf, hängen mit uns Plakate auf, stehen an den Infoständen.
Warum treten die Menschen gerade jetzt in die Linke ein?
Die Rückmeldungen, die wir erhalten, sind ganz klar: Die Menschen wollen eine Partei, die wirklich dafür steht, Reiche stärker zu besteuern, in den Sozialstaat zu investieren und die Menschenrechte zu bewahren. Diese Positionen müssen auch im nächsten Bundestag vertreten sein. Das sagen uns viele unserer Neumitglieder, und es macht unglaublich Spaß, mit ihnen zusammen diesen Wahlkampf zu führen.
Vor knapp zwei Wochen war der Bundesparteitag der Linken. Gregor Gysi hat gesagt, es gebe einen Hauptgegner, und der heiße AfD.
Natürlich ist die AfD unser Hauptgegner. Die AfD steht für eine Gesellschaft, die sich rückwärts wendet, die Frauenrechte und die Rechte sozialer Gruppen abbauen möchte und die auf Angst setzt. Die jüngste Aktion der AfD in Karlsruhe, bei der sie „Abschiebetickets“ an Menschen mit Migrationsgeschichte verteilt hat, ist ein klarer Akt der Einschüchterung. Das zeigt sehr deutlich, wohin die AfD möchte: Sie will diese Demokratie untergraben. Die AfD macht Politik für die Reichen, und das ist für uns als Linke völlig inakzeptabel. Wir stellen uns dem klar entgegen. Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen, dass auch die anderen Parteien ihren Anteil an der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich haben.
Dennoch wählen viele Menschen, denen es wirtschaftlich nicht mehr so gut geht oder die Angst um ihre Zukunft haben, die AfD. Frustriert sie das?
Das frustriert mich schon ein wenig. Die AfD setzt auf einfache Antworten und bietet einfache Lösungen für eine sehr komplexe Gesellschaft und Wirklichkeit, die so natürlich nicht zutreffen. Deshalb kämpfen wir um jede Stimme. Wir gehen mit unseren Haustürgesprächen genau dorthin, wo die Menschen wenig Einkommen haben, in Hochhaussiedlungen und ähnliche Gebiete. Seit dem Sommer haben wir 180 000 Haustüren in Deutschland besucht und Gespräche geführt. Es ist wichtig, direkt mit den Menschen zu sprechen, um zu verstehen, was sie wirklich bewegt.
Ein Thema, was vielen Menschen Sorgen macht, sind die hohen Mietpreise. Wird Wohnen zum Luxusgut?
Wohnen wird immer mehr zur großen sozialen Frage unserer Zeit. 15 der 30 teuersten Städte in Deutschland liegen in Baden-Württemberg. Das ist auch der Grund, warum wir schon im April letzten Jahres den Volksantrag „Runter mit den Mieten“ gestartet haben. Wir sammeln gerade Unterschriften, damit sich der Landtag mit diesem Problem beschäftigen muss.
Und auf Bundesebene?
Wir brauchen einen bundesweiten Mietendeckel, um diese horrenden Mieten zu begrenzen, denn der freie Markt regelt dieses Problem überhaupt nicht. Ein weiteres Problem ist, dass mit öffentlichen Geldern ganz überwiegend private Investorinnen und Investoren unterstützt werden, die natürlich ihre Profitmargen einbringen müssen. Wenn Wohnen zur Ware wird, bedeutet das zwangsläufig, dass immer mehr Menschen davon ausgeschlossen werden.
Sahra Mirow ist Spitzenkandidatin der Linken im Land
Sahra Mirow kandidiert an erster Stelle auf der Landesliste der Linken in Baden-Württemberg und ist Direktkandidatin im Wahlkreis Heidelberg. Die Sinologin und Archäologin sitzt für die Linke seit 2014 im Heidelberger Gemeinderat. Geboren wurde Mirow 1984 in Lübeck.
Bereits bei der Landtagswahl 2021 führte Mirow die Partei in den Wahlkampf, die Linke scheiterte jedoch an der Fünf-Prozent-Hürde. Jetzt setzt sie gemeinsam mit Luigi Pantisano und Gökay Akbulut alles daran, dass die Linke den Einzug in den Bundestag schafft.