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Katastrophenschutz

Das DRK ist unzufrieden mit dem Gesetzentwurf

Im Einsatz treffen Helfer aufeinander und arbeiten Hand in Hand. Und doch gelten für sie unterschiedliche Regeln. Für die Feuerwehr gilt - wie der Name sagt – das Feuerwehrgesetz. Im Rettungsdienst kommt es auf den Einsatz an, welches Gesetz gilt. Das muss sich aus Sicht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) nun bei der Reform des Katastrophenschutzgesetzes ändern.
Mehrere Einsatzkräfte in Schutzkleidung auf einer Straße, Rauch im Hintergrund.

Wenn Ehrenamtliche im Rettungsdienst alarmiert werden, wissen sie meist nicht, unter welchen Bedingungen sie in den Einsatz fahren.

IMAGO/Andreas Friedrichs)

Stuttgart. Wenn ein Ehrenamtlicher im Rettungsdienst alarmiert wird, lässt er in der Regel seine Arbeit liegen. Er meldet sich beim Arbeitgeber ab – nicht wissend, ob er im Nachhinein für seinen Einsatz einen Lohnersatz bekommen wird und wie der Einsatz abgerechnet wird. Ein Zustand, der aus Sicht von Jürgen Wiesbeck und Peter Rombach vom Deutschen Roten Kreuz für ihre Helfer nicht länger tragbar ist. Die beiden Katastrophenschutzbeauftragten fordern eine Helfergleichstellung.

Das bedeutet: Wie bei der Feuerwehr, sollen ihre ehrenamtlichen Helfer – sowie die der anderen Hilfsorganisationen – einheitliche Rahmenbedingungen für den Einsatz haben. Bei der Feuerwehr ist die Lohnfortzahlung im Feuerwehrgesetz geregelt. Danach rücken die Helfer aus, egal welche Art von Einsatz. Das ist im Rettungsdienst anders. Werden die Helfer zu einem Unfall gerufen, geschieht dies in der Regel auf Grundlage des Rettungsdienstgesetzes. Wird eine außergewöhnliche Einsatzlage ausgerufen, fällt der Einsatz unter das Katastrophenschutzgesetz. Wie der Einsatz abgerechnet wird, also wer für den Lohnausfall aufkommt, stellt sich erst hinterher heraus.

Das Deutsche Rote Kreuz setzt sich für die Helfergleichstellung ein

Ob es sich tatsächlich um eine außergewöhnliche Einsatzlage handelt, ist zur Alarmierung der Kräfte meist noch nicht klar. Diese Entscheidung trifft der Landkreis. „Die Helfer können nicht warten, bis der Landrat entscheidet, ob es eine ist oder nicht“, sagt Rombach. Wenn der Melder geht, rücken sie aus.

Er moniert, dass es derzeit keine einheitliche Definition einer außergewöhnlichen Einsatzlage gibt. Das führt dazu, dass zum Beispiel ein Busunfall mit vielen Verletzten in dem einen Landkreis anders eingestuft wird als in einem anderen. „Da bleibt der aktuelle Gesetzentwurf leider hinter den Vorstellungen zurück“, sagt Rombach. Die Landkreise seien unterschiedlich aufgestellt.

Wiesbeck bemängelt, dass man die Erfahrungen schon lange mache. „Die Politik macht Bekenntnisse, sich der Sache anzunehmen, aber nur von Bekenntnissen leben wir nicht.“ Die große Frage ist für ihn: „Wie lange können das unsere Helfer, die Einsatzkräfte, auf Dauer aushalten?“ Denn sie müssen das mit ihren Arbeitgebern regeln und im Zweifel auch den Widerspruch aushalten. Denn der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer für sein Ehrenamt freizustellen. Und selbst wenn der Helfer freigestellt wird, habe er, beziehungsweise die Hilfsorganisation andere Nachweispflichten als dies bei der Feuerwehr der Fall sei.

„Bei uns wird alarmiert und wir wissen noch gar nicht, unter welchen Bedingungen und ob es eine Freistellung und Entgeltfortzahlung gibt. Da muss die Gesetzgebung Klarheit in der Sache schaffen“, fordert Wiesbeck. „Uns geht es auch um den Schutz unserer Einsatzkräfte. Ihre Hilfe wird immer gerne angenommen, aber was hinterher passiert, ist unklar und macht den Leuten Probleme.“

Auch die Arbeitgeber brauchen Klarheit und Verlässlichkeit

Rombach verweist darauf, dass man eine verlässliche ehrenamtliche Basis habe. „Aber man muss klar sagen, gerade mit Blick auf Helfer und ihre Arbeitgeber wird es tatsächlich schwieriger.“ Er berichtet von Rückmeldungen von Arbeitgebern, die irritiert sind. „Weil man einmal so in den Einsatz geht und einmal so.“

Je nachdem braucht es hinterher einen anderen Antrag. Eine außergewöhnliche Einsatzlage abzurechnen brauche sieben DIN A 4 Seiten pro Einsatz. Das gehe nicht nur ans DRK, sondern auch an die untere Katastrophenschutzbehörde, ans Regierungspräsidium und ans Innenministerium. Die Auszahlung gehe dann den umgekehrten Weg. Es dauert Monate, bis ein Einsatz abgerechnet ist.

Die Helfergleichstellung ist für das DRK essenziell, gerade wenn es darum geht, auch künftig genug Ehrenamtliche zu gewinnen. Schon allein deshalb müsse die gesetzliche Grundlage klar geregelt sein. Die Arbeitgeber, die ihr Personal in den Einsatz gehen lassen, die das Ehrenamt stützen, bräuchten Verlässlichkeit.

Kabinett berät kommende Woche über Katastrophenschutzgesetz

Das DRK setzt auf eine große Zahl von Helfern, damit es bei keinem zu viel wird. „Gerade mit Blick auf die Aufgaben, die vielleicht in Zukunft auf uns zukommen“, sagt Wiesbeck. „Wir müssen alle Chancen für ein verlässliches System nutzen, um genug Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen. Das ist Weitblick.“ Diesen Weitblick erwartet er auch von Landtagsabgeordneten. Die Krisenvergesslichkeit gebe es auch bei Politikern. „Das Ahrtal ist fast vergessen. Das Remstal genauso. Wir müssen die Politik sensibilisieren, für das, was da auf uns zukommen kann“, sagt er. „Auf die Grundlagen, die wir heute setzen, kommt es in Zukunft an. Wir können uns jetzt davor schützen, wenn die Katastrophe da ist, ist es zu spät.“

Die Anhörung zum Gesetzentwurf ist inzwischen abgeschlossen. Das Innenministerium teilt auf Anfrage mit, dass das Kabinett in der kommenden Woche über das neue Landeskatastrophenschutzgesetz beraten wird. Auch die außergewöhnliche Einsatzlage ist dabei Thema.

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