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Essay

Der Bau-Turbo wird die Bau-Bremsen nicht lösen

Wohnungsbauministerin Verena Hubertz will das Bauen beschleunigen. Doch Investoren am Wohnungsmarkt dürften damit weiter vergeblich auf Impulse von der neuen Bundesregierung warten. Die wirklichen Ursachen für die Wohnungsmisere werden nicht angepackt, kritisiert Wirtschaftsredakteur Wolfgang Leja.

Die Bundesministerin für Wohnen, Verena Hubertz (SPD) will mit einem "Bau-Turbo" den Wohnungsbau ankurbeln.

Florian Gaertner)

„Bauen, bauen, bauen“ – mit dieser Parole kündigte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Mitte Mai eine neue Offensive für mehr bezahlbaren Wohnraum an. Wohnungsbauministerin Verena Hubertz (SPD) zündet dafür nun den „Bau-Turbo“. Wie sie erklärte, sollen Bauämter mehr Handlungsspielraum bekommen: Gemeinden können künftig von den Vorschriften des Planungsrechts abweichen, etwa von der Aufstellung eines Bebauungsplans, so die Ministerin. Statt jahrelanger Planung soll ein solcher Plan nun innerhalb von zwei Monaten ersetzt werden können, sagt sie und hofft so: „Schneller bauen, heißt günstiger bauen.“

Wohnungsmarkt stagniert, Mieten steigen weiter

Die Rhetorik ist wohlbekannt. Bereits im November 2023 hatte Hubertz’ Vorgängerin Clara Geywitz (SPD) einen „Bau-Turbo-Pakt für Deutschland“ angekündigt – mit dem gleichen Ziel: schnellere Genehmigungen, mehr Wohnraum. Doch der Turbo zündete nie. Der Wohnungsmarkt stagniert, die Mieten steigen weiter. Zweifellos ist es sinnvoll, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Doch die politische Fixierung auf das „Dürfen“ verkennt das eigentliche Problem: das „Können“.

Der Eindruck verfestigt sich, dass die Politik landauf, landab verkennt, was wirklich Wohnraum schafft. Dafür reicht ein Blick auf die Akteure am Wohnungsmarkt: Zwei Drittel aller neuen Wohnungen entstehen in Mehrfamilienhäusern – errichtet von privaten Investoren, Wohnungsbaugesellschaften und Bauträgern. Hinzu kommen private Hausbauer, die den Markt bei Ein- und Zweifamilienhäusern dominieren. Die öffentliche Hand (Kommunen, kommunale Wohnungsunternehmen, Landesentwicklungsgesellschaften) spielt mit einem Anteil von vier Prozent im Wohnungsbau eine geringe Rolle.

Investoren bauen nur, wenn sie einen Gewinn erwarten dürfen

Dennoch kommen private Investoren als treibende Kraft in den Plänen der Politik nicht vor. Ja, sie ignoriert, dass das Wohnungsbaugeschäft für sie immer weniger profitabel ist. Die Gründe sind vielfältig: gestiegene Baukosten, hohe Grundstückspreise, teure Finanzierung und ein Dickicht aus Regulierung, die sich immer wieder ändert. An diesen Hürden ist der Staat nicht unschuldig. Und es dürfte klar sein: Daran wird auch der Bauturbo von Hubertz nichts ändern. Denn es ist nun einmal so, dass Investoren nur bauen, wenn sie einen angemessenen Gewinn erwarten dürfen. Das ist selbst im geförderten Wohnungsbau schwierig. Dort sind die Renditen meist durch Mietobergrenzen gedeckelt. Und wenn Förderzuschüsse oder zinsgünstige KfW-Kredite an strenge Nachhaltigkeits- und Sozialkriterien gebunden sind, wird die Kalkulation schnell unwirtschaftlich.

All das hält die Politik nicht davon ab, weiterhin Mietpreise und Mietsteigerungen zu begrenzen. Auch diesmal folgt dem Bau-Turbo, eine „Bau-Bremse“. Denn die Bundesregierung will die Preisregulierung für Mieten bis Ende 2029 verlängern.

Es sind genau solche Instrumente aus der Mottenkiste des Sozialismus, die Investoren und Kapitalanleger vom Wohnungsbau abschrecken. Längst ist das vielerorts sichtbar. Da, wo Regulierung eine angemessene Mietentwicklung verhindert, wird schlichtweg nicht gebaut werden. Die Folge: In den vergangenen zehn Jahren sind die Mieten für im Internet angebotene Wohnungen mit einer Fläche zwischen 40 und 100 Quadratmetern im Schnitt um 50 Prozent gestiegen. Das muss selbst das Bundesbauministerium einräumen.

Investitionsfreundliche Bedingungen schaffen

Was ist also zu tun, um die Trendwende einzuleiten? Die Politik muss sich darauf fokussieren, investitionsfreundliche Bedingungen zu schaffen. Dazu gehören Steueranreize für Investoren sowie attraktive steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, um zusätzliche Liquiditätsspielräume zu mobilisieren. Das muss mit Rechtssicherheit für Investitionen flankiert werden – und zwar über politische Legislaturperioden hinweg, um das Risiko von Investitionsruinen durch nachträgliche Regeländerungen auszuschließen.

Statt Fördermittel zu verteilen, sollte der Staat private Hausbauer unterstützen, indem er Einkommensteuer und Lohnnebenkosten so senkt, dass auch Durchschnittsverdiener wieder ein Eigenheim aus eigener Kraft finanzieren können.

Die Politik muss den Mut aufbringen, Investoren als Partner zu begreifen. Nur mit ihnen lässt sich die Wohnungsfrage lösen – nicht gegen sie. Erst wenn sich Investitionen wieder rechnen, wird in nennenswertem Umfang gebaut. Und das allein führt langfristig zu bezahlbaren Mieten.

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