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Kolumne: Justiert

Die Justiz darf gerne lautere Töne anschlagen

In Zeiten der Polarisierung ist der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg eine wichtige und verlässliche Institution, ein Fels in der Brandung. Es wird Zeit, dass die Justiz etwas lauter wird.

Der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg hat diese Woche sein 70-jähriges Bestehen gefeiert.

dpa/Marijan Murat)

In Zeiten der Polarisierung ist der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg eine wichtige und verlässliche Institution, ein Fels in der Brandung. Als Ort der Besonnenheit, als Ort der gelebten Verfassungstreue beschrieb Ministerpräsident Winfried Kretschmann diesen anlässlich seines 70. Jubiläums. Gesetze seien die Bedingungen der Freiheit. Das gelte besonders für das Gesetz der Gesetze. Und – da bezieht er sich auf Alexis de Tocqueville, der den Geschmack der Freiheit eingeführt hat-, diesen dürfe man nicht und nie verlieren, darum gehe es im Kern. Wenn wir den Geschmack an der Freiheit nicht verlören, müsse uns nicht bange sein in Zeiten der Krise.

Wie groß ist der Geschmack an der Freiheit in der Gesellschaft?

Doch da stellt sich die Frage, wie groß der Geschmack an der Freiheit in der Gesellschaft noch ist. Gibt es gar einen Überdruss an Freiheit beziehungsweise haben wir uns so sehr daran gewöhnt, dass sie fad geworden ist? Zu viele Gesetze und Regelungen, wie es immer wieder heißt? Wie frei kann man sich fühlen in Zeiten der Überregulierung? Und doch liegt der Ministerpräsident völlig richtig mit seinen Worten.

Es bleibt die Frage, wie man den Geschmack an der Freiheit wieder schmackhaft macht. Denn die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt, schrieb schon Immanuel Kant. Und genau dafür braucht es Institutionen wie den Verfassungsgerichtshof, der daran erinnert und klarstellt, wo dieser schmale Grat der Freiheit verläuft. Und dass es nicht nur um die eigene grenzenlose Freiheit geht, sondern um die Freiheit aller, der Gesellschaft.

Die Justiz muss zugänglicher und sichtbarer werden

Die Justiz wird oft als leise beschrieben. Und in der Tat, vielleicht muss sie gerade jetzt lauter werden. Auch wenn der, der am lautesten schreit, freilich nicht immer recht hat, wäre eine kräftige Stimme der Vernunft in diesen Tagen schön. Und so sollte die Justiz zugänglicher und sichtbarer werden. Und vielleicht braucht es dazu mehr Mut, auch und gerade in den sozialen Medien.

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