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Arbeitszeit

Die psychische Belastung der Verwaltungsmitarbeiter ist groß

Der öffentliche Dienst hat Nachwuchsprobleme. Die – auch psychisch – große Arbeitsbelastung ist Befragungen und Experten zufolge eine wichtige Ursache dafür, erläutern Laura Heimann, Anna Chechkova und Emilia Radič Studierende der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg.

Beschäftigte der Verwaltung empfinden die Arbeit oft als belastend; Folge können psychische Probleme sein.

Dpa/Westend61/SeventyFour)

Ludwigsburg. Jedes Jahr weniger Bewerber und der Druck wächst: Das Wort „Fachkräftemangel“ lässt sich im Bereich der Verwaltung nicht mehr wegdenken. An den beiden Verwaltungshochschulen in Ludwigsburg und Kehl wird dies vor allem durch die stetig abnehmenden Bewerberzahlen deutlich. Im Studienjahr 2022 gab es, mit 1033 Bewerbern für die beiden Hochschulen, 556 weniger Bewerber für den Studiengang Public Management als im Vorjahr, so steht es im Jahresbericht der Hochschule Kehl.

Experten sprechen immer öfter über psychische Überlastung am Arbeitsplatz. Diese steht laut dem Institut für den öffentlichen Sektor in Zusammenhang mit derzeitigen Krisenlagen wie dem Ukrainekrieg und den damit verbunden Energieengpässen, welche ein erhöhtes Arbeitsaufkommen in den einzelnen Verwaltungsbehörden zur Folge haben.

Auch das Arbeitsumfeld sowie zwischenmenschliche Beziehungen haben Einfluss auf Stresslevel und Wohlbefinden der Beschäftigten, beschreibt die Soziologin Elke Driller , die als Professorin an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl lehrt, in ihrem Buch „ Burnout in helfenden Berufen“.

Arbeit in Ausländerbehörde ist oft besonders belastend für Mitarbeiter

Die Amtsleiter der verschiedenen Landratsämter, die Bürgermeister jeglicher Gemeinden sowie weitere Führungskräfte kämpfen auch mit der Zukunft der Verwaltung, so berichtete kürzlich das Handelsblatt. Nicht nur die „Bürger zweifeln schon lange an der Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung“, sondern „auch knapp die Hälfte der Behördenchefs halten den Staat für überfordert“.

„Die Arbeit in den Ausländerbehörden ist immer wieder durch Belastungsspitzen gekennzeichnet“ berichtet Georg Töws , Leiter des Ressorts Verwaltung der Stadt Crailsheim. Herausforderungen wie hoher Arbeitsaufwand, ununterbrochen klingelnde Telefone und ein Ansturm an geflüchteten Menschen, die jetzt die Hilfe der Mitarbeiter benötigen, sind somit in den Ausländerbehörden, Jobcentern und weiteren Ämtern allgegenwärtig. Es bräuchte angemessene Bewältigungsstrategien und Lösungsansätze, und es ist von entscheidender Bedeutung, die Perspektiven der Beteiligten zu hören, um wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu ergreifen.

Die zentrale Herausforderung für Beschäftigte liegt zweifellos im Fachkräftemangel, wie bereits die Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit aus dem Jahr 2015 ergeben hat. „Bei unzureichendem Personalbestand müssen Aufgaben anderer mit übernommen werden. Das beeinträchtigt und behindert die eigene Arbeitsweise und persönliche Selbstverwirklichung.“

Work-Life-Balance und Homeoffice sind gefragt

So verwundert es nicht, dass die öffentliche Verwaltung nach einer Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbunds (DBB) in diesem Jahr vielfach als „konservativ, wenig flexibel und nicht auf die Zukunft ausgerichtet“ betrachtet wird.

Eine Studie der Potsdamer Universität aus dem Jahr 2020 zeigt auf, dass etliche Mitarbeiter eine verbesserte Work-Life-Balance mit flexibler Gestaltung der Arbeitszeit mit Homeoffice wünschen. „Homeoffice ist ein Instrument, das eine verbesserte Work-Life-Balance für Mitarbeiter der Verwaltung ermöglicht und erhebliche positive Auswirkungen auf die Arbeitsbefunde und Motivation hat.“ Auch wenn dies in diversen Bereichen nur eingeschränkt möglich sei, sollte „zumindest in Betracht gezogen werden, Aufgaben mit wenig Kundenverkehr auch im Homeoffice und zu flexiblen Tageszeiten erledigen zu können“, bestätigt die Studie ein weiteres Ergebnis der DGB-Umfrage.

Eine aktuelle Umfrage in der Stadt Crailsheim zeigt auf, dass die subjektive Bewertung der Belastung nicht nur von der Arbeit selbst abhängt, sondern auch vom sozialen Umfeld. „Ein vertrauensvolles Verhältnis untereinander und zu den Vorgesetzten ist ausschlaggebend, um Belastungen frühzeitig erkennen und dagegensteuern zu können“, so Töws . Ein vorbildlicher Vorgesetzter solle daher nicht nur auf hierarchischer, sondern auch auf menschlicher Ebene kommunizieren und die persönlichen Belange seiner Mitarbeiter berücksichtigen.

Mehr Unterstützung und Beratung für neue Beschäftigte gefordert

Eine weitere Umfrage zu den Wünschen unter Mitarbeitern des Enzkreises ergab, dass Berufseinsteiger trotz schon vorhandener Programme zur Mitarbeiterentwicklung und modernisierter Strukturen noch besser unterstützt werden müssten. Solche Veränderungen könnten im öffentlichen Dienst zur erheblichen Reduzierung der psychischen Belastung führen. Sowohl der Enzkreis als auch die Stadt Crailsheim tun schon einiges, um die Situation zu optimieren, wie Töws bestätigt. „Eine Maßnahme zur Entlastung der Mitarbeiter ist die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen in den verschiedenen Teams, was zu einer Minimierung von Wartezeiten und Bearbeitungsrückständen führt“, betont ein Mitarbeiter im Landratsamt des Enzkreises .

„Weiterhin steht allen Mitarbeitern ein kostenloses externes Beratungsangebot zur Verfügung und es wurden in allen Bereichen Kolleginnen und Kollegen zur kollegialen Fallberatung qualifiziert. Es wird zudem unter Begutachtung der Arbeitszeiten und angefallenen Mehrarbeit darauf geachtet, dass den Phasen der Anspannung auch Phasen der Entspannung folgen sollen“, so Töws .

Autorinnen: Laura Heimann , Anna Chechkova und Emilia Radič

Christoph Müller

Redakteur Bildung & Wissenschaft

0711 66601-182

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