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Die Spielregeln der Politik schon in der Schule lernen

Zur Demokratie gehört das Abstimmen - und das Einüben von Regeln, etwa in Diskussionen. Hier melden sich rundschüler im Unterricht zu Wort.
dpa/Matthias Balk)Stuttgart. Die vom damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) 2005 gegründete Stiftung Kinderland hat kürzlich am Sitz der Landesregierung, der Stuttgarter Villa Reitzenstein, ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert. Beim Familienfest war der Andrang so groß, dass der Zugang immer wieder gestoppt werden musste. Attraktiv waren nicht nur Basteln, Schminken und Zaubern, sondern auch Oettinger selbst, der in seiner Festansprache nicht nur den Gemeinsinn hervorhob, für den viele der Projekte standen und stehen, sondern auch die Demokratieförderung.
Gerade wurde das neue Ferienprogramm 2026 ausgeschrieben, in dem es darum geht, Kindern ab vier Jahren „schon frühzeitig den Wert von Mitbestimmung, Fairness, Respekt und Verantwortung zu vermitteln – frei von schulischen Pflichten, voller Raum für Begegnungen, Abenteuer und neue Erfahrungen“.
Im Unterricht Verständnis für die Spielregeln der Demokratie wecken
Die Landeszentrale für politische Bildung macht sich dafür stark, den Unterricht schon in der Grundschule ebenfalls verstärkt zu nutzen, um Kindern die „wesentlichen politischen Strukturen“ im direkten Umfeld zu vermitteln. Unter dem Motto „Mein Ort“ wird Lehrkräften Unterstützung angeboten. Aufgezeigt werden solle, „wie die Entscheidungen der örtlichen Politik entstehen und wie sie das Leben aller Einwohner:innen, auch ihr eigenes Leben, beeinflussen“.
In einem ersten Schritt geht es darum, Grundprinzipien zu erklären. „Weitergehende Details des Themas sind in der Grundschule lediglich für vereinzelte, sehr lernwillige Schüler:innen sinnvoll“, schreiben die LpB-Fachleute allerdings auch. So könne diese Gruppe Details zur eigenen Stadt oder Gemeinde recherchieren und in der Klasse vorstellen.
Ziel des Angebots ist laut Landeszentrale, bei Kindern ein Verständnis dafür zu wecken, „dass sich Menschen allgemein geltende Regeln geben, weil eine ständige individuelle Aushandlung für jede Situation aufs Neue zu langwierig und kompliziert wäre“. Um eine faire Durchsetzung dieser Regeln zu gewährleisten und um für neue Situationen neue, sinnvolle Regeln zu finden, sollen geeignete Personen damit beauftragt werden. So könnten in einem Rollenspiel solche Mechanismen und Funktionsweisen ausprobiert werden.
Für höhere Klassen hatte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) im Jahr 2019 einen verbindlichen Leitfaden zur Demokratiebildung vorgelegt, um „unsere Verfassungsprinzipien im Grundgesetz und deren Bedeutung für ein freies und gerechtes Zusammenleben“ zu vermitteln. Erstmals erhielten Lehrkräfte ein „kohärentes Konzept zur Stärkung demokratiebezogener Kompetenzen in Schule und Unterricht, an dem sie sich unabhängig von ihrer Schulart, Klassenstufe und den Unterrichtsfächern verlässlich orientieren können“, so die Ministerin damals.
Auch der Missbrauch von Rhetorik ist ein Thema im Unterricht
Die Landeszentrale hält etliche Materialien vor, vom Umgang mit politischen Informationen im Netz bis zum Vermitteln regelbasierten Verhaltens im Sport, vom demokratiegefährdenden Missbrauch der Rhetorik schon im Altertum bis zu Grundkenntnissen der politischen Verhältnisse in Ländern, die im Sprachunterricht vorkommen.
Auch die Stiftung Baden-Württemberg befasst sich schon seit 2018 damit, wie Jugendliche zu erreichen sind. Im Rahmen des Programms „Läuft bei Dir! Werte. Wissen. Weiterkommen“ können kompakte Ein-Tages-Einheiten gebucht werden, darunter „Hacker Attack“. Dabei wird angenommen, ein Hacker plane einen Angriff und in 45 Minuten solle sein groß angelegter Shitstorm starten.
In „gut versteckten Informationen“, wie es heißt, ist das Ziel zu identifizieren: „Die Sportlerin? Der YouTuber? Die Musikerin? Der Journalist? Oder die Politikerin?“ Veranstaltet werden außerdem auch Weiterbildungen für Lehr- und andere einschlägige Fachkräfte zu Themen wie Künstliche Intelligenz, Diskriminierungen oder Selbstwertgefühl von Heranwachsenden. Damit solle die gesellschaftliche Teilhabe gefördert werden – im Alltag, in der Schule und im Beruf.
Stiftung hat 50 Projekte und Programme verwirklicht
Die Landeszentrale für politische Bildung (LpB), die im Jahr 2000 gegründete Stiftung Baden-Württemberg sowie die Stiftung Kinderland arbeiten seit Jahren bei verschiedenen Vorhaben eng zusammen. Die Stiftung Kinderland hat zu ihrem 20. Geburtsag eine Zwischenbilanz aller bisherigen 50 Projekte und Programme gezogen, auch solcher jenseits der Demokratiebildung. Gefördert wurden diese mit insgesamt mehr als 45 Millionen Euro.