Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Kommentar zur Debatte über "Remigration"

Die Vielfalt durch Zuwanderer ist unsere Stärke

Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht nur wichtig für unsere Wirtschaft. Sie bereichern unsere Kultur und Identität, und sind damit ein wichtiger Bestandsteil unseres Wertegerüstes. Ein Kommentar von Chefredakteur Rafael Binkowski. 

Danyal Bayaz und Cem Özdemir sind zwei Beispiele die Menschen mit Migrationshintergrund, die prominente Erfolgsgeschichten verkörpern.

dpa/SULUPRESS.DE/Marc Vorwerk)

Stuttgart. Finanzminister Danyal Bayaz und Landtagspräsidentin Mutherem Aras oder Agrarminister Cem Özdemir sind nur zwei Beispiele dafür, wie wichtig der Beitrag von Menschen mit Migrationshintergrund für unsere Gesellschaft ist. Und zwar weit über die Frage hinaus, ob wir angesichts des Arbeits- und Fachkräftemangels dringend auf Einwanderung angewiesen sind. Das ist unbestritten der Fall, greift aber als Begründung alleine zu kurz.

Das Konzept der „Remigration“, das in einer Hardcore-Version mit Deportationsplänen durch den Rechtsextremisten Martin Sellner und einer Light-Version in der AfD und deren Rechtsauslager Björn Höcke kursiert, bedeutetet übersetzt „Rückwanderung“ vom Migranten. Dabei geht es nicht um ein paar Flüchtlinge mit abgelaufenem Aufnahmestatus. Migranten werden als Problem herbei fantasiert, um als Sündenbock für Missstände herzuhalten.

Remigration ist eine rückwärtsgewandte Ideologie

Es ist diese rückwärtsgewandte Ideologie, gegen die am dritten Wochenende in Folge auch im Südwesten Zehntausende auf die Straße gehen. Denn neben der legitimen Debatte, wie viel Zuwanderung eine Gesellschaft verträgt und wie Flüchtlinge ohne Asylrecht und andere Aufenthaltstitel auch wieder abgeschoben werden können, gedeiht ein völkisches Konzept, das an die dunklen Zeiten unserer Geschichte erinnert.

Unser Land war historisch gesehen immer ein Kompendium von Einwanderern, im Mittelalter kreuzten sich in Deutschland viele Zivilisationen. Schon im 18. Jahrhundert kamen polnische „Gastarbeiter“ ins Kohlerevier. Das Wirtschaftswunder nicht zuletzt unserer Vorzeigefirmen Mercedes, Porsche und Bosch wären ohne Zuwanderer nicht möglich gewesen. Gerade der Südwesten hängt am internationalen Export und den ausländischen Hilfskräften für die Produktion. Sie haben nicht nur den Aufschwung mit eigenen Händen im wahrsten Sinne des Wortes mit erarbeitet. Sondern uns auch kulturelle Vielfalt, eine Bereicherung unserer eigenen Identität und mehr Weltoffenheit gebracht.

Weltoffenheit und Vielfalt sind unser Wertegerüst

Dies gehört zum Kernbestand unserer Demokratie, und ist auch der Schlüssel für unseren Wohlstand und unser Wertegerüst. Das entbindet uns nicht, über Integrationsdefizite, Fehler, Ausländerkriminalität und ein modernes Einwanderungsrecht zu diskutieren. Es wäre aber fatal, der Erzählung der großen Vereinfacher zu folgen, wonach „Remigration“ auch nur ein Problem löst.

Unsere Gesellschaft würde dadurch viel mehr verlieren als helfende Hände in Fabriken, in der Landwirtschaft und der Gastronomie. Wir würden auch unsere Menschlichkeit und einen Grundbestand unsere Werte aufgeben. Wir sind nur stark mit Miteinander, nicht im Gegeneinander. Das soll die Botschaft sein.

Rafael Binkowski

Chefredakteur des Staatsanzeigers

0711 66601 - 293

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

Lesen Sie auch