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Proteste gegen Rechtspopulimus

Ein Ruck geht durchs Land, was kommt danach?

Zehntausende Menschen protestieren im Südwesten gegen Rechtsextremismus. Unternehmen, OBs und Kirchen solidarisieren sich. Manche fordern ein AfD-Verbot nach dem Potsdamer Geheimtreffen. Doch wie nachhaltig ist das Bündnis, und wie reagiert die AfD?

Im ganzen Südwesten protestieren Zehntausende gegen Rechtspopulismus.

Foto: Achim Zweygarth)

Stuttgart. Überall im Land wird demonstriert. In Stuttgart, Ulm, Freiburg, Heilbronn, aber auch kleinen Städten. Es ist ein ziviler Widerstand gegen Rechtsextremismus. Doch es sind nicht nur linke Gruppen, die Aufbegehren. Zahlreiche Unternehmen aus dem Südwesten solidarisieren sich. Auch der evangelische Landesbischof Wilhelm Gohl sagt zu den Plänen millionenfacher „Remigration“ von Ausländern, diesem „Ungeist“ müssten sich Christen mutig entgegenstellen: „Die AfD ist für Christinnen und Christen nicht wählbar.“

Auch von kommunaler Seite gibt es klare Appelle, etwa vom Netzwerk Junger Bürgermeister unter dem Heidenheimer OB Michael Salomo: „Die Bedrohung betrifft uns alle – egal, woher wir stammen. Wir müssen Farbe bekennen.“ Und der Oberbügermeister Peter Boch (CDU) aus der AfD-Hochburg Pforzheim findet es „großartig , dass solche Demonstrationen stattfinden, weil sie zeigten, „dass die Demokratie den Menschen aktuell wieder etwas wert ist.“

Michael Wehner: Eine Bewegung der demokratischen

Ein ungewöhnlich breites Bündnis also. Der Freiburger Politikwissenschaftler Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung erkennt eine „Bewegung der demokratischen Mitte“. Das Geheimtreffen von Potsdam habe den Ruch von des Verbotenem. Es sei aber wichtig, dass die Proteste nicht verpuffen, sondern nachhaltig seien. Auch der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) freut sich.

„Ich beurteile das außerordentlich positiv“, sagte er am Dienstag bei der Landespressekonferenz. Es sei besonders erfreulich, dass die Aktion aus der Mitte der Zivilgesellschaft kommt. Kretschmann: „Rechtspopulisten tun ja immer so, als sprächen sie für das Volk, für die schweigende Mehrheit.“ Und er griff die AfD an, sie sei eine „rückwärtsgewandte Partei“, die nur in die Vergangenheit blicke.

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Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) will AfD-Verbot prüfen

So viel Gegenwind war selten für die Rechtspopulisten. Sogar der sonst eher moderat auftretende grüne Finanzminister Danyal Bayaz zeigt sich offen für ein AfD-Verbotsverfahren: „Es geht um unsere Demokratie.“ Der SWR berichtet über eine Veranstaltung mit den AfD-Bundesvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla in Erlebenbach (Kreis Heilbronn), auch dort soll es um massenhafte Ausweisung von Migranten gegangen sein.

Der AfD-Fraktionschef Anton Baron wiegelt ab, man habe nur zusammen gesessen und gegrillt, der Landeschef Emil Sänze verweist darauf, dass die „Zurückführung von illegalen Einwanderern“ im Programm vorgesehen sei und „auf den gesetzlichen Normen und unserem Grundgesetz basieren“.

Sänze selbst wie auch sein Co-Landeschef Markus Frohnmaier werden dem völkischen Flügel um Björn Höcke zugerechnet. Der wird laut Verfassungsschutz immer stärker.

Im AfD-Landesverband gibt es Zoff

In der Rechtspartei gärt es, nicht nur wegen des Drucks von außen. Die Kreisverbände sind unzufrieden mit dem Landesvorstand und haben erwirkt, dass der Parteitag vorgezogen wird. Auch der blasse Fraktionschef Anton Baron steht in der Kritik wie zu hören ist. Der neuste BW-Trend zeigt einen Rückgang auf 18 Prozent.

Dazu kommt Konkurrenz von neuen Parteien: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit einem Südwest-Ableger um den Karlsruher Unternehmer Ralph Suikat, und der „Werteunion“ von Hans-Georg Maaßen. „Die AfD steht jetzt unter öffentlicher Dauerbeobachtung“, sagt der Politikwissenschaftler Michael Wehner, „allerdings könnte das auch zu einer Gegenreaktion führen.“ Kretschmann will nun mit CDU, FDP und SPD über eine Strategie gegen die Rechtspopulisten unterhalten.

Rafael Binkowski

Chefredakteur des Staatsanzeigers

0711 66601 - 293

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