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Bürokratieabbau: 300 Regeln sollen fallen

Staatsminister Jörg Krauss (rechts) will 300 Regelungen streichen, FDP-Mann Erik Schweickert reicht dies nicht.
dpa/Bernd Weißbrod/Uli Deck, Montage: Herrgoß)Stuttgart. 14 Gesetze und Verordnungen werden entrümpelt, über 300 Änderungen sind vorgesehen: Der Landtag hat am Mittwoch in erster Lesung über das Regelungsbereinigungsgesetz beraten. Am Donnerstag wurden die kommunalen Landesverbände angehört. Am kommenden Mittwoch soll es in zweiter Lesung verabschiedet werden.
Der größte Brocken sind die Kosten für die vorläufige Flüchtlingsunterbringung durch die Stadt- und Landkreise. Sie sollen in Zukunft wieder pauschal erstattet werden. Die Rede ist von 10 900 Euro pro Kopf und Jahr. Städtetagspräsident Frank Mentrup (SPD) regte in der Anhörung im Landtag an, Abweichungen von den realen Kosten im Nachhinein auszugleichen – zumindest übergangsweise. Die Stadt- und Landkreise gäben 3600 bis 13 500 Euro pro Flüchtling und Jahr aus.
Astbruch wird dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet
Außerdem soll das Gesetz ein Problem lösen, das vielen Gemeinden Kopfzerbrechen bereitet hat: Wer haftet, wenn einem Wanderer im Wald ein Ast auf den Kopf fällt ? Und zwar dann, wenn er auf einer Bank sitzt, die der Gemeinde gehört? Bislang war die Gemeinde als Waldbesitzerin in der Pflicht, nun soll dies zum allgemeinen Lebensrisiko gehören.
Damit habe man „ein aktuelles Problem der Kommunen aufgegriffen“, sagte Staatsminister Jörg Krauss (Grüne). Erik Schweickert (FDP) widersprach umgehend: Schon seit 2019 beschäftige sich die Landespolitik mit dem Thema, und immer wieder habe die Landesregierung erklärt, dass es nicht möglich sei, diese Frage landesrechtlich zu regeln, da sich die Verkehrssicherungspflicht aus dem Bundesrecht ableite.
Das „immerwährende Drängen“ seiner Fraktion zum Bürokratieabbau zeige erste kleine Erfolge, lobte Schweickert, beklagte jedoch, dass es immer gleich laufe: „Die FDP macht einen richtigen Vorschlag, die Landesregierung sagt: Das geht nicht. Und ein paar Monate später kommt ihr dann selbst damit.“ Das bedeute jedoch nicht, dass die er mit dem Stand des Bürokratieabbaus insgesamt zufrieden sei. Die Regierung operiere mit der Nagelschere, sagte Schweickert und fuhr fort: „Ich kann Ihnen nur sagen: Nehmen Sie endlich ein größeres Gerät in die Hand und gehen Sie mit der Kettensäge ran an die Bürokratie.“
Wirtschaft hält eingeschlagenen Weg für falsch
Ansonsten komme die Abrissbirne der Rechtspopulisten. „Und dann geht es nicht an die Bürokratie, sondern an unsere Demokratie.“ Woraufhin der AfD-Fraktionschef Anton Baron dazwischenrief: „Wir kommen mit der Abrissbirne! Ganz sicher! Wir kommen mit der Abrissbirne!“
Auch Boris Weirauch (SPD) zeigte sich unzufrieden: Grün-Schwarz habe fünf Jahre Zeit gehabt, beim Bürokratieabbau etwas auf den Weg zu bringen. Das Ergebnis lasse ihn an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen von Grün-Schwarz zweifeln.
Besonders scharfe Kritik kam vom baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK). Der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete und BWIHK-Vize Claus Paal kommentierte: „Ich bin mir mittlerweile sicher, dass der eingeschlagene Weg falsch ist, die Verwaltung selbst zu beauftragen, sich zu reformieren.“ Er erinnerte daran, dass am Anfang dieses Prozesses die Entlastungsallianz stand. Die Wirtschaft habe Tausende Normen durchleuchtet und Abbauvorschläge gemacht. „Doch trotz dieser Vorarbeit ist bislang kaum etwas passiert“, so Paal.
Bund will mit Bürokratieabbau 100 Millionen Euro sparen
Nicht nur Baden-Württemberg arbeitet am Bürokratieabbau. Am Mittwoch traf sich das sogenannte „Entlastungskabinett“ in Berlin. Dabei beschloss die Bundesregierung acht Gesetzesvorhaben und 50 Eckpunkte für weitere Entlastungsgesetze. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) rechnet mit Einsparungen von mindestens 100 Millionen Euro. Große Hoffnungen setzt er dabei auf den Einsatz von KI bei Genehmigungs- und Verwaltungsprozessen.