Nach der Europa- und Kommunalwahl

Grün-Schwarz bemüht sich um Normalität

Die Wahlen haben auch im Südwesten ein Erdbeben verursacht. Die CDU triumphiert eher leise, bei den Grünen wächst die Nervosität. Die AfD-Forderung nach Neuwahlen bleibt aber eine Randnotiz.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und CDU-Chef Manuel Hagel wollen bsi 2026 weiter regieren und lehnen Neuwahlen ab.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Dass die Grünen auch in ihrem Stammland Baden-Württemberg fast zehn Prozent verloren haben, mehr als die Bundespartei, und nicht mehr vor dieser liegen, hat durchaus Schockwellen ausgelöst. „Das schmerzt. Wir brauchen jetzt eine harte Analyse“, mahnt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seine eigene Partei. Und meint vor allem die in Berlin.

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Im ländlich-konservativen Milieu hat die CDU die Grünen wieder überholt, nur in Tübingen, Heidelberg, Karlsruhe und Freiburg sind die Grünen noch vorne. Im Europaparlament verlieren sie zwei Sitze.

Die Grünen haben viel an kleine Parteien wie Volt, die Tierschutzpartei und lokal die Klimaliste verloren. Auf die Frage, wann die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann für die Landtagswahl 2026 entschieden werde und Cem Özdemir sich erkläre, sagt der Landesvorsitzende Pascal Haggenmüller: „Wir entscheiden Spitzenkandidatur und Fahrplan zur Landtagswahl zu gegebener Zeit.“ Wie man hört, will noch bis zum Herbst warten.

Einen Kommentar zur Lage nach der Wahl lesen Sie hier. 

Özdemir will Boris Palmer wieder zu den Grünen zurück holen

Özdemir wiederum regt an, den Tübinger OB Boris Palmer zurück in die Partei zu holen. In der ARD-Sendung „Maischberger“ nennt Palmer aber als Bedingung, dass die Grünen ihre Migrationspolitik änderten. Kretschmann verweist darauf, dass Palmer im Kreistag sitze – und zwar für die konkurrierenden Freien Wähler.

Bei der CDU versucht man, nicht in allzu lautes Triumphgeheul zu verfallen. „Ritterlich“ wolle man den Erfolg tragen, heißt es in der Partei: „Es ist nicht das Ziel, die Grünen zu demütigen.“ Auch wenn man daran erinnert, dass diese nach früheren Erfolgen oft „allzu selbstbewusst“ aufgetreten seien. Der CDU-Landesparteichef Manuel Hagel verspricht, konstruktiv in der grün-schwarzen Landesregierung mitzuarbeiten.

Den Liveticker zur Wahl zum Nachlesen finden Sie hier.

Er betont bei aller Unterschiedlichkeit der beiden Parteien: „Wir machen daraus im Unterschied zur Ampel keinen unendlichen Streit, es kann etwas Gemeinsames an Lösungen entstehen.“ Also keine Profilierung auf Kosten des Partners, vielleicht braucht man sich 2026 ja.

Grüne und CDU wollen weiter zusammenarbeiten

Beim Sommerfest in der Staatskanzlei schworen sich Hagel und Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz die Treue, der CDU-Chef überreichte Kretschmann eine Heckenschere. Inhaltlich konnte sich Schwarz-Grün auf Eckpunkte des Haushalts einigen, am Ende ging die Vorlage von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) ungestreift durch.

In der SPD ist die Stimmung naturgemäß niedergeschlagen. „Es ist uns nicht gelungen, Begeisterung für europapolitische Themen zu vermitteln“, meint Landeschef Andreas Stoch. Den AfD-Wahlerfolg bei Jungwählern nennt er „erschreckend“.

Stoch mahnt in Richtung Berlin: „In Zeiten, in denen Krieg herrscht, sollte man nicht den kurzfristigen parteipolitischen Vorteil zu suchen.“ Die Ampel müsse endlich Probleme liefern anstatt sich zu streiten.

Grafiken und Karten zur Europawahl finden Sie hier.

Die AfD fordert Neuwahlen, doch die Koalition bleibt stabil

Das sieht auch der Freiburger Politikwissenschaftler Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung so: „Es war eine Denkzettelwahl.“ Ihn beschäftigt auch das Abschneiden der AfD, die ein Wählerpotenzial von 15 bis 20 Prozent habe, dass sie trotz der Querelen und Affären ausgeschöpft habe. Aber: „Sie ist eben auch nicht bei mehr 22 Prozent wie noch im Januar.“

Die Rechtspopulisten sprechen von einem „schönen Tag“, Landeschef Markus Frohnmaier sieht bei jungen Wählern einen „großen Bedarf nach einer Alternative „zu Klimakleben und einmal im Jahr Geschlechter wechseln“. Er fordert wie auch sein Co-Chef Emil Sänze Neuwahlen in Baden-Württemberg. Das lehnen jedoch beide Koalitionspartner ab. „Ich stand doch gar nicht zur Wahl“, sagt dazu Kretschmann.

Und die FDP? Michael Theurer, der um seinen Wechsel in den Bundesbankvorstand zittern muss, freut sich: „In Zeiten von Krieg und Krise in Europa haben wir eine stabile Leistung erzielt.“ Und: Andreas Glück konnte seinen Sitz in Europaparlament verteidigen – bei nur noch fünf liberalen Parlamentariern aus Deutschland ist das schließlich keine Selbstverständlichkeit mehr.

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