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Kommentar zur Landtagswahl

Hagel braucht mehr Profil, Özdemir die Partei

Die CDU liegt weit vor den Grünen, aber Cem Özdemir in der Direktwahlfrage weit vor Manuel Hagel. Was folgt daraus für den beginnenden Wahlkampf? Und wer wird am Ende mit wem regieren? Eine Analyse.
Zwei Männer in Anzügen, einer spricht zum anderen.

Der gute Bundestrend der CDU mit Kanzler Friedrich Merz hilft dem Südwest-CDU-Chef Manuel Hagel bislang deutlich.

Jens Kalaene)

Stuttgart. Die aktuellen Wahlumfragen zeigen eine ungewohnte Spreizung zwischen Kandidaten und Parteien. Bei den Grünen ist der Spitzenkandidat Cem Özdemir das Zugpferd, das im Direktvergleich 41 Prozent bei der Frage holt, wer Ministerpräsident werden soll. Allerdings wirkt sich das bislang nicht auf die Werte der Partei aus, die nur halb so hoch sind, und sich nicht bewegen.

Özdemir kennt fast jeder in Baden-Württemberg. Auch wenn er viele Kritiker hat, mit seiner Biografie, Integrität und Lebenserfahrung hat er ein klar umrissenes Profil. Allerdings sind die Grünen derzeit bundesweit in einem Tief, ihre Themen haben keine Konjunktur. Die Fehler der Ampelregierung und der grünen Vorleute Habeck und Baerbock wirken nach. In der Wirtschaftskrise stehen andere Probleme vorn: Sozialreformen, Entlastung der Wirtschaft, Sicherheit. Bei keinem Thema sind die Grünen bei den Wählern gesetzt.

Cem Özdemir wird im Mittelpunkt der Grünen-Kampagne stehen

Davon profitiert die CDU, der in den Umfragen mehr Kompetenzen in diesen Fragen beigemessen werden. Zudem macht Friedrich Merz als Kanzler außenpolitische eine gute Figur und verspricht innenpolitische Reformen. Hier stehen Ankündigungen und Taten allerdings noch in einem scharfen Kontrast.

Die Grünen müssten also, um noch eine Chance auf die Villa Reitzenstein zu haben, die Person Özdemir konsequent in den Mittelpunkt stellen. Dazu den nahezu konservativen Kretschmann-Pragmatismus propagieren, alle linken Störgeräusche ausblenden. Ob sich dann die Popularität des Kandidaten in (Zweit-)Stimmen für die Grünen überträgt, ist dennoch offen.

Die CDU hat bessere Kompetenzwerte als der Kandidat

Bei der CDU ist die Lage umgekehrt. Die Partei liegt im Bundestrend, und es gibt eine gewisse Sehnsucht in bürgerlichen Kreisen nach zupackenden Reformen. Manuel Hagel überzeugt im persönlichen Gespräch und hat die Partei hinter sich vereint, doch ihm fehlt bislang ein erkennbares Profil, und er ist schlicht den meisten unbekannt. Bei der Union zieht die Parteikompetenz.

Lesen Sie hier: Das erste Duell von Hagel und Özdemir

Strategisch hat die CDU verstanden, dass Hagel mit fundierten Wortmeldungen öffentlich wahrnehmbar sein muss. Dies versucht man zusehends offensiver. Noch wichtiger ist aber eine konkrete Reformagenda, die über Schlagworte wie die zehnte Landesuniversität hinausgeht. Es ist paradox – auch Özdemir bleibt inhaltlich oft vage, hat aber im Auge der Wähler bereits inhaltlich ein Portfolio. Manuel Hagel ist für sie ein unbeschriebenes Blatt.

Die Wahrheit wird erst ab Januar zutage treten, wenn beide Kandidaten im Rampenlicht stehen. Übrigens auch in der Frage, ob es wirklich am Ende auf Schwarz-Grün hinausläuft. CDU, SPD und FDP haben ein Interesse daran, die „Deutschlandkoalition“ als Option am Leben zu erhalten. Ob und wenn ja, wie das gelingt, wissen wir erst dann.

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