Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Klaus-Peter Murawski: ehemaliger Chef der Staatskanzlei im Porträt

Klaus-Peter Murawski.
Bernd Weissbrod)Gerade erst hat er einen besonderen Erfolg zu verbuchen: Klaus-Peter Murawski und seine BUND-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt konnten verhindern, dass 48 Hektar Bannwald gerodet wurden für ein Ausbesserungswerk der Deutschen Bahn. Als die Natur- und Umweltschützer vorschlugen, alternativ den Nürnberger Hafen für die Ansiedlung zuzuschütten, entdeckte die Bahn etwas ganz anderes: Dank der Digitalisierung ist das ganze Werk überflüssig.
Der ehemalige Chef in Winfried Kretschmanns Staatskanzlei feiert an diesem Samstag seinen 75. Geburtstag – am selben Tag, an dem der Ministerpräsident 77 wird. Die Arbeit beim BUND, gerade wurde er mit 96 von 100 Stimmen als Vorsitzender für vier Jahren wiedergewählt, nennt er sein Altersprojekt. Mit dem Abgang aus dem baden-württembergischen Staatsministerium aus gesundheitlichen Gründen wollte er nach diesen 14-bis-16-Stunden-Arbeitstagen kürzer treten und sich eigentlich dem „Pegnesischen Blumenorden“ widmen, einer Nürnberger Sprachgesellschaft mit Wurzeln in Pegnitz, die seit 1644 besteht. Es kam anders: Auf die Frage eines befreundeten CSU-Stadtrats nach seiner Bereitschaft zur Übernahme der BUND-Kreisgruppe sagte Murawski zu.
Zehn Jahre alt war der gebürtige Erfurter, als seine Familie aus der DDR nach Franken floh. Nach dem Abitur studierte er Politologie, Soziologie, Germanistik, Geschichte und Rechtswissenschaften, fand vorübergehend seine politische Heimat in der FDP und wurde 1974 sogar bayerischer Landesvorsitzender der Jungdemokraten. 1978 wurde er in den Stadtrat gewählt, drei Jahre später wechselte er zu den Grünen. Aus dem Amt des Bürgermeisters für Gesundheits- und Veterinärwesen wechselte er 1996 nach Stuttgart und wurde erster grüner Bürgermeister in der Landeshauptstadt überhaupt, zuständig außerdem für Krankenhäuser und die allgemeine Verwaltung. Bald machte er sich einen Namen dank Humor und Meinungsfreude. Augenzwinkernd beschrieben Menschen aus seiner Umgebung eine herausragende Neigung mit diesem Satz: „Keiner fragt, Murawski antwortet.“ 2011 holte ihn sich Winfried Kretschmann als Chef der Staatskanzlei. Bald war er der engste und mit Abstand einflussreichste Berater des grünen Ministerpräsidenten.
Acht Jahre lang trug er Mitverantwortung für viele Weichenstellungen in Gesellschafts-, Klima- und Finanzpolitik. In den Stuttgarter Klinikskandal und Unregelmäßigkeiten in der internationalen Abteilung war er persönlich nicht verstrickt. Dennoch zog sich „der richtige Problemlöser“, wie Winfried Kretschmann seinen Freund nannte, 2018 in den Ruhestand zurück.
Drei Fragen …
Wie schauen Sie zurück auf Ihre Jahre im Staatsministerium?
Klaus-Peter Murawski: Es war die intensivste, die produktivste und die spannendste Zeit in meinem Leben. Zuerst haben die Grünen mit der SPD regiert, dann mit der CDU. Beides war herausfordernd und befriedigend zugleich, weil wir viel bewegt haben.
Sie haben alle Kabinettssitzungen vorbereitet. Die Berliner Ampel ist am ewigen Streit zerbrochen. Wieso lief die Arbeit in Baden-Württemberg vergleichsweise geräuschlos ab?
Der größte Wunsch des Ministerpräsidenten war, in Kabinettssitzungen zu entscheiden, nicht mehr zu diskutieren. Der Vorlauf war entsprechend intensiv, aber es ist uns praktisch immer gelungen. Auf diese Weise wurden natürlich auch offene Konflikte vermieden.
Wie kann – oder besser – wie muss der BUND zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen?
Es gibt kaum noch Chancen, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Aber wir können die Resilienz stärken. Dass schon jetzt sehr junge und sehr alte Menschen vermehrt an Hitzefolgen sterben, ist noch viel zu wenig im Bewusstsein. Wir brauchen Bäume, Bäume, Bäume, gerade in den Städten.