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Klimaschutz: Ein Adjektiv sorgt für Streit in der Koalition

Die Vorsitzende des Klima-Sachverständigenrats, Maike Schmidt, hat sich erneut zu Wort gemeldet und fordert vom Land ein Nachsteuern beim Klimaschutz.
dpa/Bernd Weißbrod)Stuttgart. Es ist nur ein Adjektiv. Doch es hat große Wirkung. Im Klimaschutzgesetz steht: Stellt der Klimaschutz- und Projektionsbericht eine „drohende erhebliche Zielabweichung“ fest, beschließt die Landesregierung die erforderlichen Landesmaßnahmen. Doch was ist erheblich? Das ist im Klimaschutzgesetz des Landes nicht definiert. Immerhin geht es um eine Zielabweichung von 17 Prozent mit Blick auf das Jahr 2030. Das hat der Klimasachverständigenrat Baden-Württemberg bereits im Oktober in seiner Stellungnahme zum Projektionsbericht vom Juli festgestellt. Und die Experten haben von der Landesregierung ein sofortiges Nachsteuern gefordert.
Zwei Ministerien haben neue Maßnahmen vorgelegt
Passiert ist bis heute kaum etwas. Im Klimamaßnahmenregister des Landes haben seit der Vorstellung des Projektionsberichts im Juli lediglich das Umwelt- und das Verkehrsministerium weitere Maßnahmen eingestellt. Diese beiden Ministerien haben auch frühzeitig im Haushalt entsprechende Mittel eingeplant.
Nun haben die Fachleute des unabhängigen Gremiums noch einmal nachgelegt. „Aus Sicht des Klima-Sachverständigenrats sei die Abweichung um 17 Prozent „eindeutig erheblich und eine offensichtliche Aufforderung zum Handeln“, heißt es in einer aktuellen Mitteilung des Gremiums.
„Die CDU darf sich jetzt nicht wegducken“, fordert der Landesvorsitzende der Grünen, Pascal Haggenmüller . Die CDU-Fraktion sieht zunächst die Regierung in der Verantwortung. Es sei deren Aufgabe, Vorschläge zu unterbreiten. Beim Innenministerium hält man sich mit Aussagen zurück. Man wolle einer Einigung nicht vorgreifen.
„Wer Klimaschutz für Luxus hält, den man sich leisten können muss, hat die systemischen Zusammenhänge des Lebens auf unserem Planeten nicht verstanden, unterschätzt die Risiken des Klimawandels massiv und ignoriert Jahrzehnte eindeutiger Forschung“, mahnt Maike Schmidt, die Vorsitzende des Klimasachverständigenrats.
Landesregierung hat noch ein Jahr Zeit um gegenzusteuern
Dass der Rat sich nun erneut zu Wort meldet, kommt nicht von ungefähr. Gerade erst hat das EU-Programm Copernicus mitgeteilt, dass gerade Europa besonders vom Klimawandel betroffen ist. Und auch die Landesanstalt für Umwelt machte die Auswirkungen des Klimawandels im Land deutlich. So war das vergangene Jahr geprägt von Hochwasser, Starkregen, einer hohen Jahresmitteltemperatur und hohen finanziellen Schäden. „Jetzt ist Zeit zu handeln“, sagt auch Dirk Schindler, der stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrats. „Die Landesregierung hat noch ein Jahr Zeit, mit konkreten Maßnahmen gegenzusteuern.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat für sein Ministerium bereits ein Nachsteuern angekündigt. „Wir werden ein Sofortprogramm machen, auch wenn manche das für unnötig halten“, so Hermann. Für ihn ist völlig unverständlich, dass die Zielabweichung von 17 Prozent nicht von allen als erhebliche Zielabweichung bezeichnet wird. Gerade im Verkehrssektor sei man mit 51 Prozent noch weiter vom Ziel entfernt, so Hermann.
Ein Problem: Die Förderprogramme des Landes, etwa für die Elektrifizierung des Güterverkehrs, reichen allein nicht aus, um die Ziele zu erreichen. Notwendig seien auch Bundesmaßnahmen, wie etwa ein Tempolimit auf Autobahnen. Im Bereich des Umweltministeriums gibt es eine Zielabweichung von 25 Prozent, weshalb weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden. „Klimaschutz ist Förderung von Innovation. Genau darin liegt die Chance einer Nachsteuerung“, sagt Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). Das Land kann zwar an verschiedenen Stellen nachsteuern. Der Sachverständigenrat hat Möglichkeiten aufgezeigt. Zugleich gilt es aber auch Einfluss auf Bundes- und EU-Ebene zu nehmen. Denn zahlreiche Grundlagen werden dort gelegt.
Klimaneutral bis 2040
Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz ist eines der großen Vorhaben von Grün-Schwarz in dieser Legislaturperiode. Das Ziel: Das Land möchte bis 2040 klimaneutral sein. Fünf Jahre früher als der Bund und zehn Jahre früher als die EU. Die Maßnahmen, mit denen das erreicht werden soll, sind im Klimamaßnahmenregister hinterlegt.
Die FDP fordert nun eine Änderung des Gesetzes. Sie fordert, dass künftig das Prinzip der höchsten Einsparungen pro eingesetztem Euro gelten soll.