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Klimaschutz: Grüne und CDU pflegen öffentlichen Dissens

Die Grünen-Minister Thekla Walker und Winfried Hermann (links) wollen mehr Tempo beim Klimaschutz, CDU-Chef Hagel (rechts) fühlt sich übergangen.
Herrgoß)Stuttgart. Es ist weitgehend eine Aufzählung von schon beschlossenen Vorhaben, die die grünen Minister am Donnerstagvormittag präsentieren. Walker plädiert lediglich für einen „kleinen Zusatz“ in der Gemeindeordnung, um Kommunen leichter Kredite für einschlägige Investitionen zu ermöglichen.
Die Botschaft: Mit mehr als 80 Millionen Euro im Doppeletat für den kommunalen Klimaschutz seien die Mittel vervielfacht worden. Mehr Geld für regionale Energieagenturen sowie die Förderung von Energieeffizienz, 160 Stellen werden in Kommunen und Kreisen gefördert, um Klimamobilitätspläne zu erstellen. Die beiden Grünen wollen ein Zeichen setzen. „Wir hören auf die Wissenschaft“, sagt Walker mit Blick auf die seit fast einem Jahr vorliegende Analyse des Klimasachverständigenrats.
Lesen Sie auch: Grüne Minister legen Vorschläge vor.
Hermann nimmt auch die Gesellschaft in die Pflicht
Hermann sieht nicht nur die Koalition in der Verantwortung, sondern auch Wirtschaft und Gesellschaft. „Nicht wir Grüne sind allein zuständig“, sagt er und warnt davor, ambitionierte Klimaziele zur Disposition zu stellen, denn: „Wir sind die erste Generation, die alles weiß, und wir müssen handeln.“
Thekla Walker bedauert es, die Kabinettskollegen davon nicht überzeugt zu haben, sie brauche aber auch keinen Kabinettsbeschluss. Jedes Haus sei für die eigenen Sektoren und die Abweichungen vom vorgezeichneten Pfad verantwortlich, sagt sie.
Das weitere Vorgehen ist gesetzlich geregelt: Bis kommenden Montag müssen Maßnahmen ins Register eingestellt sein, die der Klimasachverständigenrat abermals zu beurteilen hat. Nach dessen Prognose 2024 schafft das Land eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 53 Prozent, die Zielmarke verlangt aber 65. Neben dem Verkehrsbereich und der Energiewirtschaft, für die das Umweltministerium zuständig ist, verfehlen auch die Sektoren Landwirtschaft und Industrie die Vorgaben. Das Klimaschutzgesetz sieht ein Sofortprogramm vor, sollten die Sachverständigen eine „drohende erhebliche Zielabweichung“ feststellen.
CDU: Wir folgen Kretschmanns Linie, kein Sofortprogramm
Dieser Einschätzung mochte die CDU aber bisher nicht folgen. Im Gegenteil berufen sich die Fachpolitiker in der Fraktion sogar auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der hatte vor Pfingsten mit dem Argument der ohnehin laufend stattfindenden Nachsteuerung, einem Sofortprogramm eine Absage erteilt. „Wir schließen uns der Einschätzung des Ministerpräsidenten an, dass sich das Land von einer Klage nicht treiben lassen und sich stattdessen wie bislang auf die Umsetzung der 240 im Register vereinbarten Maßnahmen konzentrieren sollte“, heißt es in einer Stellungnahme der CDU auf Staatsanzeiger-Anfrage.
Die von Ministerin Walker und Minister Hermann vorgestellten Maßnahmen seien längst bekannt, gemeinsam im Doppelhaushalt 2025/2026 beschlossen und finanziell hinterlegt.
Einen Essay zu den Klimaschutzzielen lesen Sie hier.
Union wittert ein „frühes Wahlkampfmanöver“
Viele davon hätten erst auf Initiative der CDU Eingang in den Doppelhaushalt gefunden. Und weiter: „Daher sieht der Vorstoß von Walker und Hermann doch sehr nach einem frühen Wahlkampfmanöver aus, was der Bedeutung des Themas Klimaschutz nicht gerecht wird.“
In Abrede gestellt wird zudem die von Walker und Hermann betonte Zuständigkeit einzelner Ressorts. Vielmehr will die Fraktion „zu gegebener Zeit gerne diskutieren, wenn dann die Landesregierung als Ganzes Vorschläge unterbreiten muss“. Bei der CDU ist man verstimmt, dass der Vorstoß der beiden Minister nicht mit Parteichef Manuel Hagel abgestimmt war, bis zur Pressekonferenz wusste niemand, was geplant ist.
Grüne Jugend, Fridays for Future und die Deutsche Umwelthilfe treiben an
Es herrscht also erheblicher Dissens. Der grüne Landesvorsitzende Pascal Haggenmüller legt noch nach, sagt, die Union spiele auf Zeit: „Wir lassen uns von der CDU beim Klimaschutz nicht ausbremsen.“ Ähnlich äußern sich der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss, die Grüne Jugend und Fridays for Future. Es droht zudem Dynamik durch die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) von der Verwaltungsgerichtshof, die mehr Aktivitäten einfordert.
Winfried Kretschmann betont hingegen am Dienstag in der Landespressekonferenz, man sei beim Klimaschutz auf einem guten Weg: „Die „Koalition ist voll handlungsfähig.“
