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Kommentar

Kommunen sollten lieber verhandeln

In vielen Rathäusern wird über eine Klage nachgedacht, um mehr Geld von Bund und Land zu bekommen. Die Not ist groß, das Ansinnen verständlich, aber kann es auch Erfolg bringen? Da sind Zweifel angebracht. Eine Analyse von Rafael Binkowski.
Euro-Geldscheine umgeben Würfel mit dem Text "STADTKASSE".

Die Stadtkassen werden immer leerer, müssen Bund und Land das ausgleichen?

dpa/ZB/Sascha Steinach)

Stuttgart. Ja, es ist für viele notleidende Kommunen verlockend, mit einer Klage gegen Bund oder Land zu versuchen, den gordischen Knoten zu durchschlagen. Ihr Anliegen ist berechtigt, immer mehr Aufgaben werden auf sie übertragen, ohne dass eine ausreichende Finanzierung sichergestellt ist. Das stellt Rathäuser vor immer größere Herausforderungen.

Doch das Gutachten des Würzburger Professors Kyrill-Alexander Schwarz stellt klar, dass die Aussichten dafür äußerst gering sind. Dazu ist die Notlage – verfassungsrechtlich gesprochen – schlicht noch nicht groß genug. Solange noch Bibliotheken betrieben und Sportvereine gefördert werden, gibt es kaum einen juristischen Pfad. Zwar mag die Aussicht etwas besser werden, wenn man konkret Aufgaben benennt und die Überforderung durch eine Auflistung vieler Aufgaben ohne Gegenfinanzierung dokumentiert. Doch der gerichtsfeste Nachweis ist auch deswegen schwierig, weil die Finanzströme zwischen Bund, Land und Kommunen vielfältig verflochten sind.

Alle staatlichen Ebenen sind überschuldet

Und ein weiterer Aspekt spielt eine Rolle: Auch in Stuttgart oder Berlin verfügt niemand über geheime Geldquellen, die man den Kommunen vorenthält. Alle staatlichen Ebenen sind überschuldet. Auch das hat bei Klagen von Kommunen etwa in Ostdeutschland schon eine Rolle gespielt und diese scheitern lassen, nach dem Motto: Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen.

Lesen Sie hier: Können sich die Kommunen Geld einklagen?

Das einzige, was derzeit dafür spricht, ist ein politisches Signal zu setzen. Das ist so ähnlich wie die Klage von Bayern gegen den Länderfinanzausgleich. Auch wenn die Erfolgsaussichten gering sind, erzeugt eine Klage öffentlichen Druck, macht die Ernsthaftigkeit des Ansinnens deutlich. Dann müsste der Prozessweg gar nicht bis zu Ende beschritten werden, weil sich etwas bewegt. Das kann kurz vor der Landtagswahl ein probates Mittel sein.

Nur Verhandlungen bringen eine Lösung

Eine Lösung wird aber ohnehin nur in Verhandlungen möglich sein. Das Land hat den Kommunen immer wieder Nothilfen und Ausgleich gewährt, dennoch gibt es berechtigte Anliegen der Städte und Gemeinden. Und vor allem eine unbestrittene Notlage, immer mehr Landkreise und Städte können keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen.

Die Vorzeichen im Herbst könnten günstig stehen, denn mitten im Wahlkampf will sicher weder Grün noch Schwarz als derjenige dastehen, der die Kommunen brüsk im Regen stehen lässt. Zumal die Lockerung der Schuldenbremse zu Recht Spielräume eröffnet, die Zeit der Schwarzen Null ist vorbei.

Es gilt daher, starke Verhandlungspositionen aufzubauen, vielleicht untermalt von einigen kommunalen Klagen, und dann gut vorbereitet in die Gespräche zu gehen. Ein fairer Ausgleich würde die größte Not lindern. Dann müssen alle hoffen, dass die Konjunktur sich erholt.

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