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Pandemie

Fünf Jahre Corona: Kretschmann sieht keinen Grund, sich zu entschuldigen

Wie viele Regierungen ist auch die baden-württembergische im Rückblick auf den Corona-Ausbruch vor fünf Jahren unter Druck. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nimmt weiterhin für sich in Anspruch, nach dem jeweiligen Stand der Erkenntnisse richtig gehandelt zu haben.

Bundesweit ließen sich 78 Prozent der Menschen mindesten zwei Mal gegen Corona impfen, so das Robert Koch-Institut im Februar 2024. In Baden-Württemberg lag die Impfquote mit knapp 74,6 Prozent etwas niedriger.

dpa/Sebastian Gollnow/Adobe Stock (2x), Fotomontage: Marc Herrgoß)

Stuttgart. „Es wird mir zu wenig unterschieden zwischen dem Wissen heute und dem Wissen von damals“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vor einigen Tagen in seinem Rückblick rund um den ersten Ausbruch in Deutschland 2020 und wiederholt, dass er sich nicht entschuldige, „denn da muss ich mich fragen wofür.“

Jeden Montag habe er sich mit Fachleuten getroffen, immer neu sei auf Basis der vorliegenden Fakten entschieden worden. Gerade die ersten Wochen seien dramatisch gewesen, erinnert der Regierungschef an die Bilder der gestapelten Särge im norditalienischen Bergamo.

Corona in Enquête-Kommission bundesweit einmalig aufgearbeitet

Nur in einem Punkt rückt der Grüne, der sich während der Pandemie als Teil des vielbeschriebenen „Team Vorsicht“ verstanden hatte, ab vom Grundsatz, nichts zurücknehmen zu müssen und nichts zurücknehmen zu wollen: In Karlsruhe habe er sich einmal Studierenden gegenüber nicht richtig verhalten, sprich, zu wenig einfühlsam, zu wenig auf deren Bedürfnisse eingehend.

Insgesamt seien diese gerade in der ersten Pandemie-Phase zu wenig im Blick gewesen und er womöglich zu sehr, von seinen eigenen, weit zurückliegenden Erfahrungen an der Hochschule ausgegangen. Für sein „Wahrnehmungsdefizit“ hat er sich bereits offiziell entschuldigt und diese Entschuldigung auch im Fünf-Jahres-Rückblick vor Journalisten in Stuttgart bekräftigt.

Der Landtag von Baden-Württemberg wiederum kann für sich in Anspruch nehmen, dass er – bundesweit bisher einmalig – Corona und die Folgen in einer Enquête-Kommission aufgearbeitet hat. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) appellierte vor allem an die interessierte Öffentlichkeit, sich mit dem Abschlussbericht zur „Krisenfesten Gesellschaft“ zu beschäftigen. Darin zusammengefasst sind die Ergebnisse von 25 Sitzungen, 136 Anhörungen und 75 Stellungnahmen zu verschiedenen Handlungsfeldern vom Gesundheitswesen über die Krisenvorsorge bis hin zu Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft.

„Es ist wichtig, dass wir die richtigen Lehren für die Zukunft ziehen“, betont Kretschmann. Wenig sinnvoll sei es dagegen, im Nachhinein nach Schuldigen zu suchen. Wenn er jetzt Rückblicke und Artikel zu fünf Jahren Corona und die ersten Monate lese, „dann habe ich den Eindruck einer wildgewordenen Exekutive, die die Leute drangsaliert hat mit Eingriffen in ihre persönliche Lebensführung einfach mal so“. Davon könne aber keine Rede sein.

Es sei notwendig, nicht nur Kollateralschäden in den Blick zu nehmen, sondern auch jene Schäden, die verhindert wurden. Der Ministerpräsident argumentiert mit dem Grundgesetz, das im Artikel zwei das Grundrecht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit festschreibt. Grundrechte seien also im jeweils nach dem fragmentierten Stand der Wissenschaft notwendigen Maße eingeschränkt worden, um genau diesem Grundgesetzartikel zu entsprechen.

Auch bei den getroffenen Maßnahmen wollen Ministerpräsident Kretschmann und sein Gesundheitsminister Lucha Kritik nicht gelten lassen. Für beide steht fest, dass bei Schulschließungen „ex post betrachtet überzogen“ wurde. Rigoros nennt sie der Ministerpräsident und fügt hinzu: „Das würden wir aus heutiger Sicht nicht mehr machen, aber eben aus heutiger Sicht.“ Lucha verweist auf Konsequenzen bei der Bevorratung mit Medikamenten, auf Veränderungen im öffentlichen Gesundheitsdienst, neue Informationsketten und Kommunikationsstrukturen mit benachbarten Bundes- und europäischen Nachbarländern.

„Man ist nicht auf alles vorbereitet, weil jedes Virus anders ist“

Viele Erkenntnisse dienten zur Vorbereitung auf künftige Krisen und Pandemien, erklärt auch Kretschmann und warnt: „Man kann sich aber nicht auf alles vorbereiten, weil jedes Virus anders ist.“ Deshalb brauche es auch unterschiedliche Vorkehrungen. Als Beispiel nennt er Masern: Hier könne ein einziges erkranktes Kind binnen fünf Minuten alle anderen Kinder in seiner Klasse anstecken. Vor diesem Hintergrund verteidigt Lucha die Impfpflicht für Kinder, die Kita, Hort oder Schule besuchen.

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