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Verfassungsschutzbericht

Nie war die Bedrohung durch Extremisten größer

An diesem Donnerstag haben Innenminister Thomas Strobl und die Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), Beate Bube, den Verfassungsschutzbericht 2023 vorgestellt. Bube zufolge war ihre Behörde nie stärker gefordert.

Beate Bube (l), Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, und Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg gehen im Landtag gemeinsam zu einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2023.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Erst kürzlich feierte die Verfassung ihren 75. Geburtstag. Beate Bube zufolge steht die Demokratie im Jubiläumsjahr „so stark unter Druck wie kaum zuvor“. „Die Bedrohungen, mit denen wir konfrontiert sind, sind vielfältig und komplex“, sagt auch Strobl. Sie bildeten sich in unterschiedlichen Bereichen aus: von Reichsbürgern, rechts- und linksextremistischen Strömungen, Verschwörungsideologien bis hin zu religiösem Fanatismus und Spionageaktivitäten ausländischer Staaten.

Propaganda- und Desinformationskampagnen würden eingesetzt, um falsche oder irreführende Informationen zu verbreiten und um die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren. Extremisten nutzten dafür vor allem auch soziale Medien. „Diese digitale Radikalisierung führt zu einer Verbreitung von Hass und Gewalt, die nicht nur einzelne Bürgerinnen und Bürger bedrohen, sondern auch den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft“, warnt Strobl.

Derzeit gibt es gut 4100 islamistische Extremisten im Land

„Islamistischer Terror ist und bleibt sehr gefährlich“, sagte Strobl. Er stellte eine Gefahr für die gesamte Westliche Welt, für Deutschland und auch für Baden-Württemberg. Die Anschlagsgefahr ist Strobl zufolge so hoch, wie sie lange nicht gewesen ist. Die Sicherheitskräfte seien achtsam, das dies notwendig ist, zeigten Fälle wie Mannheim und die Anschlagspläne von vier Jugendlichen, darunter zwei aus Baden-Württemberg.

Derzeit gibt es 4163 islamistische Extremisten im Land, das sind knapp 100 mehr als 2022. Das LfV stuft die abstrakte Gefahrenlage als unverändert hoch ein. Vor der Fußball-Europameisterschaft werben etwa islamistische Terroristen offen im Internet für Anschläge während des Turniers. Zwar liegen dem LfV keine konkreten Hinweise vor, doch Strobl fehlt es, wie er sagte, nicht an Fantasie, dass auch komplexere Anschlagsszenarien geplant werden könnten. „Das ist einfach die Realität“, so Strobl. Auch betonte er, dass „der Islamismus nicht zu Deutschland gehört“.

Strobl warnt davor, gewaltbereiten Linksextremismus zu unterschätzen

Während die Zahl der Personen, die der rechts- und linksextremistischen Szene zugeordnet werden, mit 2460 und 2650 weitgehend konstant geblieben ist steigt die Zahl der Personen, die den „Reichsbürger“ und Selbstverwaltern zuzurechnen sind. Waren es 2022 noch 3300, waren es im vergangenen Jahr rund 4000. Rund 400 Personen werden dem Phänomenbereich Delegitimierung des Staates zugeordnet. Gemein ist allen Gruppierungen, dass sie viele gewaltbereite Mitglieder haben. So stieg etwa die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten auf 50 an, es gab rund 1800 Straftaten, die rechtsextremistisch motiviert waren. Die Zahl linksextremistischer Straftaten ging leicht zurück, doch warnt Strobl vor Verharmlosung: „Der gewaltbereite Linksextremis in Baden-Württemberg ist aus meiner Sicht nicht zu unterschätzen. Da sind Leute dabei, denen ich alles zutraue.“ Mit Blick auf Gewalt gegen Polizisten spiele Linksextremismus quantitativ eine große Rolle.

Ausländerbehörden stellen 104569 Anfragen für Personenüberprüfung

Auch bestehen nach wie vor Bedrohungen „von außen“, etwa durch die Nachrichtendienste anderer Staaten. Russland ist mit Cyberangriffen und Spionageaktionen nicht erst seit Beginn seines Angriffskriegs auf die Ukraine sehr aktiv. Auch andere Staaten haben Behörden, Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Fokus. Die Spionage- und Cyberabwehr sei so gefordert wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges, so Bube. Die Sicherheitslage ist laut Strobl nur mit genügend Ressourcen und Personal zu bewältigen. Er bat angesichts der Haushaltsberatungen um Unterstützung für eine angemessene Ausstattung des LfV. Bube schloss sich dem an und bat die Fraktionen eindringlich um Unterstützung, mit Blick auf die finanzielle und personelle Ausstattung.

Nie zuvor sei ihre Behörde stärker gefordert gewesen, sagte Bube. Grund sei die steigende Zahl an Extremisten in allen Bereichen, das sei ein Situation, wie sie sie bisher nicht erlebt habe. So sei etwa die Zahl der Personenüberprüfungen sprunghaft angestiegen. Allein die Ausländerbehörden stellten 104 569 Anfragen ans LfV.

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