Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Nils Schmid ist parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium

Nils Schmid ist parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur)Bei einer der berühmten Stallwächterpartys in Baden-Württembergs Berliner Landesvertretung hat Ferdinand Kirchhof, einst Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, einmal ein großes Lob gelassen ausgesprochen: Nils Schmid, damals stellvertretender Ministerpräsident im Südwesten, sei einer seiner, wenn nicht überhaupt der klügste Doktorand, den er jemals erlebt habe. Jedenfalls wurde der Sozialdemokrat 2006 an der Uni Tübingen mit einer Dissertation über Staatliche Liegenschaften, Vermögen und Verschuldung summa cum laude promoviert. Ins Finanzministerium zieht der inzwischen 51-Jährige dennoch nicht ein. Er ist jetzt parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium.
Der gebürtige Trierer, der in Filderstadt aufgewachsen ist, kann auf eine umfassende politische und parlamentarische Erfahrung zurückblicken. 1997 zog er überraschend als Nachrücker in den Landtag ein. 2001 wurde er finanzpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, sieben Jahre später wollte Schmid Fraktionschef werden, unterlag aber knapp gegen Claus Schmiedel. Durch einen Mitgliederentscheid konnte er 2009 mit rund 47 Prozent den Posten des Parteichefs erobern, als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2011 wurde er wochenlang auch jenseits der Landesgrenzen als möglicher künftiger Ministerpräsident gehandelt. Am Ende aber lagen die Grünen 1,1 Prozentpunkte vorne und Schmid wurde Vize von Winfried Kretschmann. Nach dem Absturz von 2016 auf knapp 13 Prozent musste auch er den Landesvorsitz wieder aufgeben. 2017 wechselte er in den Bundestag, war lange Zeit außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
Der Vater zweier Kinder ist ausgesprochen sprachgewandt, spricht perfekt Englisch und Französisch und lernte Türkisch − seine Ehefrau Tülay hat türkische Wurzeln. Lange Zeit heftete ihm ein Primaner-Image an. Er ist zurückhaltend, was Fans positiv bewerten, Skeptiker aber übersetzen mit fehlender Strahlkraft. Bis heute hat Schmid Spuren gerade in der Landeshauptstadt hinterlassen, weil er eine Idee von Erhard Eppler aufgriff und eine Volksabstimmung zum umstrittenen Milliardenprojekt Stuttgart 21 durchsetzte, als Brücke zwischen den Koalitionspartnern Grünen und SPD und damit zwischen Gegnern und Befürwortern. Letztere obsiegten im Spätherbst 2011. Eine Eigenschaft begleitet den Schlaks bisher in jedem Amt: Schmid isst, was so gar nicht zu seiner Physiognomie passen will, den ganzen Tag über. Und alle engen Mitarbeiter wissen, dass dafür Sorgen zu tragen ist.
Drei Fragen . . .
Ist die Bundeswehr für die Zeitenwende gerüstet?
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde zu Recht als Zeitenwende bezeichnet. Das gilt für die Gesellschaft insgesamt, aber natürlich für die Bundeswehr in ganz besonders. Minister Pistorius hat darauf reagiert. Wir müssen weiterhin sehr zügig daran arbeiten, die Bundeswehr auf die Höhe der Zeit zu bringen.
Wie blicken Sie heute auf Ihre Zeit als stellvertretender Ministerpräsident?
Meine Jahre in der Landesregierung und ebenso im Parlament waren sehr lehrreich. Vor allem habe ich gesehen, dass man politisch etwas gestalten kann. Genau mit diesem Anspruch gehe ich jetzt auch mein neues Amt an. Wir haben den Rahmen geschaffen, um die Bundeswehr wieder auf Vordermann zu bringen. Jetzt müssen wir das effektiv umsetzen. An der Motivation der Truppe hat es ohnehin nie gefehlt.
Wie muss der erste Kanzler-Wahlgang in der SPD-Fraktion aufgearbeitet werden?
Da es eine geheime Wahl war und mögliche Motive der Abweichler im Dunkeln liegen, ist eine Aufarbeitung aus meiner Sicht müßig. Das gilt auch für die Union. Entscheidend ist, dass wir jetzt solide regieren. Die SPD hat im Koalitionsvertrag, gemessen am Wahlergebnis, viel herausgeholt.