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Peter Hauk: Staatliche Kantinen sollen bei Bio-Anteil mit gutem Beispiel vorangehen

Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) stellte seine neue Ernährungsstrategie vor. Hauks Pläne wurden umgehend kritisiert – vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und von der FDP mit unterschiedlichen Zielrichtungen.

Peter Hauk (CDU), Landwirtschaftsminister bekommt Kritik für seine Ernährungsstrategie.

dpa | Christian Johner)

STUTTGART. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) geht davon aus, dass der Anteil, den die Menschen für Lebensmittel ausgeben, in den kommenden Jahren weiter steigt. Dies sagte er am Dienstag in Stuttgart bei der Vorstellung seiner neuen Ernährungsstrategie, die das 2017 erarbeitete Konzept fortschreibt.

Die Deutschen seien lange gewohnt gewesen, für Lebensmittel Discountpreise zu bezahlen und nur einen geringen Anteil ihres Einkommens, nämlich neun Prozent, ins Essen und Trinken zu stecken. Dies beginne sich gerade zu ändern. Hauk geht davon, dass die Menschen sich an höhere Preise gewöhnen. Andere Nationen gäben 20 bis 30 Prozent dafür aus.

Damit hätten auch kleine Bio-Händler wieder eine Chance, die derzeit Marktanteile an die Supermärkte verlören. Höhere Preise seien auch deshalb nötig, weil eines der Ziele der Ernährungsstrategie darin bestehe, mehr regional zu produzieren. Und bei den Arbeitskosten könne Deutschland eben nicht mit Ländern wie Spanien konkurrieren, die ihren Absatz in der Krise steigern konnten – etwa bei Spargel und Erdbeeren.

Widerstand gegen neue Gewächshäuser

Und dies sei nur ein Teil des Problems. Um den Anteil der regional produzierten Lebensmittel zu steigern, der bei Gemüse nur bei 25 Prozent liegt, müssten neue Gewächshäuser entstehen. Dagegen gebe es jedoch oft Widerstand vor Ort, viele Bürger sorgten sich um das Landschaftsbild.

Auch die Selbstversorgungsanteile von 40 Prozent bei Schweinen und 60 Prozent bei Rindern stellen den Landwirtschaftsminister nicht zufrieden. Besser sieht es dagegen bei Getreide aus: Dort decken die Betriebe rechnerisch den Bedarf der Bevölkerung.

In der fortgeschriebenen Ernährungsstrategie liegt ein Schwerpunkt darin, dass bis 2030 alle Kantinen des Landes 30 Prozent ihrer Lebensmittel aus heimischer Bioproduktion beziehen soll. Die entsprechende Kantinenrichtlinie soll Ende des Jahres in Kraft treten. Bis Ende der Legislaturperiode im Jahr 2016 sollen zudem 1000 Kitas entsprechend der Landesinitiative „Bewusste Kinderernährung“ zertifiziert werden. Bislang stehe man bei 500 Kitas.

Ein anderer Schwerpunkt ist die Beratung durch das Landeszentrum für Ernährung. Dort sollen unter anderem Kantinenbetreiber Tipps bekommen. Viele würden ihre Lebensmittel von einem Systemdienstleister beziehen. Wenn sie, um den Bio-Anteil zu steigern, bei mehreren bestellen, werde dies komplizierter. Da könnten die Berater helfen.

Kretschmann: Mensch ist Allesfresser

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte sich – und zwar zur Frage, ob Schulkantinen nach dem Vorbild Freiburgs in Zukunft nur noch vegetarisches Essen anbieten sollen, wie dies Freiburg plant. Aus praktischen Gründen, wie vom Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn vorgetragen, könne er dies verstehen. Aus ideologischen Gründen hätte er größere Bedenken, weil Menschen anders als etwa Kühe und Pferde Allesfresser seien. „Wir können mit Gras nichts anfangen.“ Die Kuh dagegen sei ein „großartiges Tier“, weil sie Fleisch, Milch und Leder liefere.

Außerdem hätten weidende Kühe – „hier spricht der Biologe“ – eine ökologische Funktion, weil sie Weideland freihalten, das Kohlendioxid speichere. Deshalb könne man ihr Fleisch genauso bedenkenlos verzehren wie etwa Obst und Gemüse. Es gebe allerdings Halter, die „aus der Kuh ein Schwein machen“ wollten, indem sie beispielsweise Kraftfutter verfüttern. Dies sei aus ökologischen Gründen höchst fragwürdig.

Hauks Pläne wurden umgehend kritisiert – vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und von der FDP mit unterschiedlichen Zielrichtungen. Während der Nabu sich dafür aussprach, in öffentlichen Kantinen „in der Regel“ vegetarisch zu kochen und Unverständnis über Kritik an den Freiburger Plänen äußerte, sagte der ernährungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Georg Heitlinger: „Das Land darf den Menschen nicht vorschreiben, was sie zu essen haben.“ Eben dieses Ziel verfolge jedoch die Ernährungsstrategie. Auch eine Zwangsbeglückung mit Bio-Lebensmitteln in Kantinen werde die Nachfrage nach Bio nicht weiter steigern, wenn die Kantinengäste sich diese nicht leisten könnten.

Michael Schwarz

Redakteur Politik und Verwaltung

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