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Sommergespräche (CDU)

Sarah Schweizer will Politik wieder effektiver machen

Sarah Schweizer ist seit 2016 CDU-Mitglied, im selben Jahr machte sie den Jagdschein. Ein Porträt über eine praktisch veranlagte Rechtsanwältin, der das direkte Gespräch mit Menschen und deren Anliegen am Herzen liegt. Sie will aber nicht nur reden, sondern ermöglichen. Ein Besuch in ihrem Wahlkreis Göppingen.
Eine Frau steht lächelnd vor einem modernen Gebäude mit Glasfassade.

Sarah Schweizer will als Politikerin Dinge ermöglichen.

Jennifer Reich)

Göppingen. In ihrem Lieblingsrestaurant, dem Wiener Kaffeehaus direkt am Göppinger Bahnhof, wollte sie sich treffen. Warum, wird klar, wenn man dort ankommt. Urgemütlich ist es, man kennt sich. Sarah Schweizer steht vertieft in ein Gespräch mit den Wirtsleuten am Tresen. Darüber wolle sie noch einmal mit ihnen reden, sagt sie, als sie ihre Verabredung sieht. Sie stellt die Journalistin aber zuerst noch allen vor. Es ist eine zugewandte Atmosphäre.

Spaziert man mit der 41-Jährigen durch die Stadt, kommt man nicht weit, bevor sie wieder jemanden trifft, den sie kennt. Was nicht verwundert, denn sie ist nicht nur Landtagsabgeordnete der CDU, sondern auch Vorsitzende des Stadtverbands, Kreisvorsitzende und seit 2023 dazu noch Kreisjägermeisterin. Die erste Frau, die in der Kreisjägervereinigung Göppingen dieses Amt innehat, sagt sie stolz. Im Landtag könnten es nach ihr ruhig mehr Frauen sein. Aber immerhin sei man mit Blick auf die Frauenquote nicht mehr Schlusslicht.

Die Situation am Bahnhof beschäftigt den Innenausschuss

Sarah Schweizer hat für jeden ein offenes Ohr und ein freundliches Wort. Sie schwärmt von ihrem Wahlkreis mit den schönen Landschaften. Sie selbst wohnt mitten in Göppingen, unweit vom Hauptbahnhof entfernt, wo sich ihr Wahlkreisbüro, ihre Rechtsanwaltskanzlei und die von ihr mitgegründete Rehkitzrettung „Schwabenkitz“ befinden. Eine Gegend, die nicht den besten Ruf hat, die Trinkerszene sorgt immer wieder für Unruhe, zuletzt kam es aber auch zu Gewalttaten. Im Mai war etwa in der Nähe des Bahnhofs auf einen jungen Mann geschossen worden.

Darüber berichtete Innenminister Thomas Strobl (CDU) im Innenausschuss. Es wird geprüft, die Gegend um den Hauptbahnhof als gefährlichen Ort einzustufen. Dann hätte die Polizei mehr Befugnisse. Dies war bereits nicht weit von hier, im Apostelhof, der Fall, berichtet Sarah Schweizer. All das treibe die Göppinger stark um, das müsse man ernst nehmen. Auch sie ist mit der Polizei in ständigem Austausch. An diesem Donnerstagmittag ist es auf dem Platz vor dem Bahnhof aber friedlich.

Schweizer kommt von hier. Geboren wurde sie in Göppingen, zur Grundschule ging sie im Heimatort Deggingen. Nach dem Abitur folgte das Jurastudium in Konstanz und Berlin sowie Stationen im Bundeskanzleramt, in der Landesvertretung in Brüssel und eine mehrjährige Tätigkeit bei dem damaligen Göppinger CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Riegert.

Ökologie und Ökonomie gemeinsam denken

Nach einigen Jahren als angestellte Rechtsanwältin in einer großen Kanzlei in München und Berlin machte sie sich 2015 mit einer eigenen Kanzlei in Göppingen selbstständig. Ihr Fachgebiet ist das Wirtschaftsrecht. „Erfolgreiches Wirtschaften im 21. Jahrhundert heißt für mich, Ökologie und Ökonomie gemeinsam zu denken“, sagt sie.

Letztendlich war es die Politik, die Sarah Schweizer zurück in die Heimat gebracht hat. Obwohl sie aus einer politisch engagierten Familie stammt – ihr Vater war bei der CDU engagiert, später war auch ihre Mutter im Gemeinderat – fand sie selber relativ spät in die Politik, erst 2016 ist sie in die CDU eingetreten. Dazu bewogen habe sie Thomas Strobl. Der hatte offenbar einen guten Riecher: Sarah Schweizer wurde bei der Kommunalwahl 2019 auf Anhieb in den Göppinger Gemeinderat gewählt.

Seit 2021 ist sie im Landtag und auch Mitgliederbeauftragte der CDU Baden-Württemberg und Mitglied im CDU-Landesvorstand. Dabei war die Ausgangsposition für Schweizer alles andere als rosig. Zum einen war sie recht unbekannt, erzählt sie, zum anderen hatte die CDU 2016 den Wahlkreis Göppingen an die Grünen und Ayla Cataltepe, die mittlerweile auch in der CDU ist, verloren. „Der Wahlkreis war eigentlich nicht zu gewinnen, die Umfragewerte waren alles andere als vielversprechend“, erinnert sich Schweizer.

„Der Wahlkampf hat mir großen Spaß gemacht“

Sie sei damals absolute Newcomerin gewesen und empfinde es noch heute als ungewöhnlich, dass sie gleich die Chance bekommen hat, für den Landtag zu kandidieren. Sie habe sich voll reingehängt: „Der Wahlkampf hat mir großen Spaß gemacht, ich war auch digital sehr aktiv“, sagt Schweizer. Ihr erster Landtagswahlkampf fand unter Corona-Einschränkungen statt.

Ihr Engagement zahlte sich aus: Sie fuhr das beste Wahlergebnis nach Stimmenzuwachs in allen Wahlkreisen im Land ein. „Wir haben als CDU im Vergleich zu 2016 zwar noch einmal 2,9 Prozent verloren, aber ich habe 3,1 Prozent dazugewonnen.“ Das sei außer ihr nur Nicole Hoffmeister-Kraut gelungen, die aber als Ministerin angetreten war. „Das hat mich sehr gefreut und das hat mir auch Rückenwind gegeben“, sagt sie. „Es ist ein absolutes Privileg, dass ich das Land mitgestalten darf, dass ich wichtige Themen vorantreiben darf.“ Dabei sei ihr der Kontakt mit den Menschen „sehr wichtig“. Sie selbst sieht sich als Möglichmacherin. „Ich schaue, was ich umsetzen kann, wo ich den Menschen weiterhelfen kann, wenn sie nicht mehr weiterkommen.“ Weil: „Die besten Ideen haben ja eigentlich nicht Politiker, die besten Ideen haben die Menschen. Unsere Aufgabe ist es, dabei zu helfen, Ideen umzusetzen.“

Und sie nennt auch gleich ein Beispiel: Das Projekt „Regionale Cocktails aus Baden-Württemberg“ ist erst kürzlich an den Start gegangen. „Die Leute trinken zu wenig Schnaps“, sagt sie und grinst. „Aber genauso trinken sie zu wenig heimischen Apfelsaft, sie kaufen zu wenig heimische Produkte.“ Das wollen sie und ihre Mitstreiter ändern. „Wir wollen erreichen, dass die Menschen regionale Produkte wieder mehr wertschätzen.“ Weil: Wenn kein Schnaps und heimischer Apfelsaft mehr getrunken werde, habe das große Auswirkungen auf die Streuobstwiesen, die wiederum sehr wichtig für die Artenvielfalt sind. Mit an Bord sind die Brennereiverbände.

Sarah Schweizer verzweifelt manchmal selber an der Bürokratie

Sarah Schweizer ist eine Macherin, eine, die anpacken und umsetzen will. Eine, die manchmal selber an der Bürokratie verzweifelt, wie sie sagt. Der CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel ticke ähnlich wie sie, auch er wolle Dinge ermöglichen. So handhabe sie das auch, auch wenn nicht immer alles umgesetzt werden könne, da sei sie realistisch. Aber in manchen Dingen brauche es einfach wieder mehr gesunden Menschenverstand. „Die großen Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam lösen.“ Dafür brauche es eine vorausschauende Politik, neue Herangehensweisen und ein Denken „Out of the box“.

Im Landtag wünscht sie sich, dass es vorrangig um Themen geht, für die das Landesparlament auch tatsächlich zuständig ist. Und sie wünscht sich eine andere Debattenkultur, es müsse wieder mehr um die Sache gehen. Schaufensterabstimmungen lehnt sie ab, man habe „wirklich wichtige Themen zu klären“.

Als Anwältin sei sie eben ergebnisorientiert: „Nicht im Kreis reden, zerreden, sondern Dinge umsetzen.“ Auch wenn Demokratie manchmal mühsam und langwierig sei, sei sie sehr wichtig. Doch müsse Politik zeigen, dass sie Wirkkraft hat. „Der Effekt von Politik muss für die Bürger wieder größer werden“, sagt sie.

Schweizer ist stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses und Sprecherin für Wald, Forst und Jagdpolitik der CDU. Die Jagd beschäftigt sie auch in ihrer Freizeit. 2016 machte sie ihr grünes Abitur. Damals war sie Vegetarierin. Was sie dazu bewogen hat, den Jagdschein zu machen? Sie sei von klein auf sehr naturverbunden gewesen. Mit dem Vater, auch Jäger, waren sie und ihre Geschwister im Winter oft mit im Wald, um die Fütterungen zu bestücken. Mit der Jagd hatte sie also von klein auf Berührungspunkte, sie habe sich schon immer für die Tier- und Pflanzenwelt interessiert, aber auch fürs Jagdrecht.

Das Thema Naturbildung liegt der Kreisjägermeisterin am Herzen

„Die Menschen sind immer mehr und lieber in der Natur, verstehen aber immer weniger davon“, sagt Schweizer. Das erlebt sie oft bei der Rehkitzrettung. Vermeintlich verwaiste Tierkinder werden einfach mitgenommen. Dabei ist es ein völlig normales Verhalten, dass die Muttertiere die Kleinen zeitweise zurücklassen.

Es ist ihr wichtig, da gegenzusteuern, das Thema Naturbildung liegt ihr am Herzen. „Wir machen jetzt auch Naturbildung an Schulen, mit einem Waldmobil geht es vor Ort“, sagt sie. Viele Kinder hätten noch nie ein Reh oder einen Fuchs gesehen. Über die Jagd könne man auch in diesem Bereich viel bewirken, so Schweizer. Die Jagd sei viel mehr, als auf Tiere zu schießen. Derzeit ist sie in einem Revier in ihrer Heimat Göppingen jagdlich aktiv. Die Verwertung des Wildbrets hat für sie einen großen Reiz. Man bekomme einen ganz anderen Bezug zum Lebensmittel, sagt sie. Dieses Bewusstsein will sie gerne bei möglichst vielen wecken.

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Zur Person

Sarah Schweizer wurde 1983 in Göppingen ­geboren und ist das älteste von sechs Geschwistern. Nach dem Abitur in Göppingen folgte das Jurastudium in Konstanz und Berlin sowie Stationen im Bundeskanzleramt, in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Brüssel. In die Politik fand sie 2016. Sie verzeichnete sowohl in der Kommunalpolitik als auch später in der Landespolitik mit ihrem offenen Wesen schnelle Erfolge. Seit 2023 ist Sarah Schweizer Kreisjägermeisterin in Göppingen. Die erste Frau im Kreisverband in diesem Amt.

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