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Gedenken an den 8. Mai 1945

Städte halten die Erinnerung an das Kriegsende wach

Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Die totale Katastrophe damals fordert die Kommunen heute heraus: Wie erinnern sie zeitgemäß an das Kriegsende? 

Nur noch aus Ruinen bestanden weite Teile der Heilbronner Innenstadt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Nicht nur dort wird an den 8. Mai vor 80 Jahren gedacht.

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Stuttgart. Am einfachsten hat es Freiburg. Dort wurde im März das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus eröffnet, das an die Nazi-Verbrechen in der Breisgaustadt erinnert. Die kommunale Institution steht im Mittelpunkt des Gedenkens zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Das Museum sammelt Biografien und Fotos der Opfer und stellt diese über eine App bereit.

Kommunen in Baden-Württemberg erinnern in unterschiedlichen Formaten an den 8. Mai 1945. Das ergab eine Umfrage des Staatsanzeigers unter Städten, die im Krieg besonders zerstört wurden. Heilbronn hat bereits die zentrale Gedenkfeier hinter sich. Am 9. April 1945 wurde die Stadt befreit, ein Vortrag über die Sinnlosigkeit der letzten Kriegstage stand jetzt im Mittelpunkt. Auch Pforzheim setzt auf einen lokalen Anlass und reiht die Zerstörung am 23. Februar ein in die Wegmarken zum Kriegsende wie Befreiung von Auschwitz oder den 8. Mai selbst. Ähnlich in Freiburg, wo zum Gedenken an die Bombardierung bereits im November die Bürgermeisterinnen der Partnerstädte Besan ç on und Guildford zu Gast waren. Nun reist OB Martin Horn im Gegenzug nach Besan ç on für eine Feier am 8. Mai. Der internationale Aspekt kommt auch in Friedrichshafen zum Tragen. Dort begrüßt der parteilose OB Simon Blümcke den französischen Generalkonsul sowie Vertreter der Deutsch-Französischen Brigade zu einer Gedenkfeier.

Unterricht unterm Hakenkreuz und eine doppelte Lücke

Neben formellen Anlässen gibt es auch Ausstellungen oder Aktionen. Friedrichshafen befasst sich in einer Schau mit dem Leben in der Bodenseestadt vor, während und nach dem Krieg sowie im Schulmuseum mit dem Unterricht unterm Hakenkreuz. In Stuttgart geht am 14. Juli im Rathaus die Medienstation „Doppelte Lücke“ in Betrieb. Sie zeigt die Verwicklung der Stuttgarter Verwaltung in der NS-Zeit und gedenkt der Bediensteten, die in der NS-Zeit entlassen, verfolgt oder ermordet wurden.

Bleibendes Gedenken rund um den 8. Mai hat Heilbronn zu bieten. Dort hat die Stadt im Rathaus die „Ehrenhalle“ zum Gedächtnis an die Toten des Zweiten Weltkriegs bereits vergangenes Jahr neu gestaltet. In Friedrichshafen wird eine Winterlinde zum Friedensbaum. Es geht symbolträchtig um die Widmung eines alten Baumes mit tiefen Wurzeln.

In Ulm kooperiert das Stadtarchiv mit dem Gedenkort Oberer Kuhberg, einem ehemaligen Konzentrationslager. Der Erinnerungsort verlegt das Gedenken ins Internet und hat eine Social-Media-Kampagne ins Leben gerufen mit Fakten zu den Kriegs- und Nachkriegsereignissen in der Münsterstadt. Auch Mannheim geht ins Internet, zumindest hat das Stadtarchiv Marchivum eine Webseite mit den Gedenkveranstaltungen geschaltet. Im buchstäblichen Mittelpunkt Mannheims steht die Ausstellung „Gegen das Vergessen“ von Luigi Toscano rund um den Wasserturm mit großformatigen Porträts von Überlebenden des Nazi-Terrors.

Symbolhaftes Musikprogramm mit Chören aus Polen und Frankreich

Die Schau ist nur ein Beispiel für die künstlerischen Formate, die Gedenken mehr und mehr ausmachen. So erlebten die Zuhörer des Vortrags in Heilbronn die Uraufführung des Video-Kunstwerks „77“, komponiert anlässlich des 77. Jahrestags des Kriegsendes von Johannes Schropp. In Stuttgart symbolisieren die Chöre aus Warschau und Straßburg beim Konzert der Philharmoniker am 8. Mai die Völkerverständigung – sicher Thema in der Rede des CDU-Oberbürgermeisters Frank Nopper. Symbolisch ist das Programm: Es gibt Mahlers Auferstehungssymphonie.

Die Auferstehung Europas ist einer der Gründe, warum noch heute an das Kriegsende zu erinnern sei. Mannheims OB Christian Specht (CDU) sagt: „Die europäische Einigung ist eine unschätzbar wertvolle Errungenschaft nach dem unfassbaren Zivilisationsbruch im Zweiten Weltkrieg – an ihr müssen wir gemeinsam mit unseren Partnern ständig weiter arbeiten.“ Dass es mit dem Gedenken weitergehen muss, ist in allen befragten Rathäusern Konsens. Über das Wie macht sich Heilbronns OB Harry Mergel (SPD) Gedanken: „Zeitgemäßes Gedenken muss versuchen, die heute Lebenden in ihrer Erinnerung an das damalige Geschehen emotional zu berühren.“

Emotionen ruft der Missbrauch des Gedenkens hervor, gerade durch Rechte. In Pforzheim hat der Gemeinderat ein Bekenntnis zu Frieden, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz im Internet veröffentlicht. Bürger können die Erklärung unterzeichnen und sich von der Instrumentalisierung des Krieges abgrenzen.

Die letzten Kriegstage

Am 8. Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich, der Zweite Weltkrieg war in Europa vorbei. Schon zwischen dem 27. März und dem 30. April 1945 hatten mit dem Einmarsch französischer und US-amerikanischer Truppen die Menschen in Württemberg, Baden und Hohenzollern die Katastrophe überstanden. Während die Angriffe des alliierten Luftkriegs im Südwesten industrielle Zentren eher trafen als kleinere Orte, wurden in den letzten Kriegstagen Städte wie Freudenstadt oder Breisach noch dem Erdboden gleichgemacht, schreibt die Landeszentrale für politische Bildung.

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